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In der Partnerschaft lügen: Das sagt die Psychologie

In der Partnerschaft lügen ist laut der Psychologie gar nicht so schlimm. Wo aber die Grenzen liegen & was nach der Lüge passiert, liest du hier.

Lügen in Partnerschaft Psychologie
Manche Lügen in der Partnerschaft sind laut Psychologen sogar gesund. Foto: Pexels/ Anna Shvets

Verliebtsein ist ein tolles Gefühl. Die rosarote Brille zeigt ein perfektes Bild des oder der Angebeteten – dem man gerecht werden will. Sich am Anfang einer Beziehung hier und da etwas attraktiver zu flunkern als man eigentlich ist, ist also völlig normal. Aber wo liegt die Grenze? Wir haben uns schlaugemacht und haben die Regeln und Tabus zum Thema in der Partnerschaft lügen aus psychologischer Sicht zusammengetragen.

Lügen Partnerschaft Psychologie
Gibt es Lügen in der Partnerschaft, die laut Psychologie okay sind? Foto: Pexels/ Maksim Goncharenok

In der Partnerschaft lügen: Psychologen finden das okay – manchmal

Angenommen, dein neuer Freund hat dir eine Riesenüberraschung zum Geburtstag angekündigt. Nun ist der große Tag gekommen und ihr fahrt in ein schickes Spa mit Saunen und allem drum und dran. Das Problem: Du hasst Spas. Und du hasst Massagen. Nun gehört aber zum großen Wellnesspaket eine einstündige Ganzkörper-Ayurveda-Massage. Er ist ganz aus dem Häuschen, weil er denkt, ins Schwarze getroffen zu haben. Was tust du?

Du wirst ihm irgendwann sagen, dass Spas nicht dein Ding sind. Aber nicht heute. Heute wirst du einen schönen Tag haben und dich darüber freuen, dass sich dein neuer Partner so viel Mühe gibt, um dich glücklich zu machen. Du lügst also gewissermaßen eine Notlüge. Und das ist völlig okay, denn andernfalls wäre euer beider Tag im Eimer.

Beziehungsstiftend & beziehungsstörende Lügen in der Partnerschaft

Ein gewisses Maß an Illusion gehört zur Liebe dazu. Es gibt aber Unterschiede bei Lügen in der Partnerschaft, weiß die Psychologie. Der deutsche Psychoanalytiker und Schriftsteller Wolfgang Schmidbauer verwendet hierfür die Begriffe der beziehungsstiftenden Lügen und der beziehungsstörenden Lügen.

Beziehungsstiftende Lügen („Na klar freue ich mich über deine Überraschung!“) können für den Moment hilfreicher sein als die Wahrheit und schaden dem oder der Partner:in nicht. Beziehungsstörende Lügen hingegen sind betrügerischer Natur und können das Vertrauen in der Beziehung nachhaltig schädigen.

Vertrauen
Vertrauen ist eine wichtige Basis in Beziehungen. Welche Lügen schaden & welche nicht? Foto: Pexels/ Anna Shvets

Beziehungsstiftende Lügen

Folgende Lügen sind der Beziehung dienlich…

  • Kleine „Schönheitskorrekturen“ beim Kennenlernen: Nirgends wird so viel geflunkert wie beim Dating. Sich hier und da ein klein wenig interessanter zu schummeln ist auch völlig okay. Ebenso sind kleine Unwahrheiten in neuen Beziehungen erlaubt, um die Gefühle des anderen nicht zu verletzen. Auf die Frage „Steht mir das Kleid“ darf die nicht ganz ehrliche Antwort also gerne „Ja“ lauten. Im Laufe der Beziehung und mit wachsender Nähe nehmen kleine Anfangslügen von ganz allein ab.
  • Kleinigkeiten im Alltag: Auch wenn der Alltag eingezogen ist und die rosarote Brille ihre Farbe längst verloren hat, können kleine Lügen in der Partnerschaft helfen, die Harmonie aufrechtzuerhalten. Dazu gehört auch, nicht alles auszusprechen, was einen gerade stört. Kritik in Beziehungen ist wichtig, aber wenn du über alles schimpfst, was dich an deinem Partner oder deiner Partnerin stört, führt das unweigerlich zu Frust.
  • Fantasien oder kleine Flirts: Natürlich gehen wir alle gerne davon aus, dass unser:e Liebste:r nur Augen für uns hat. In der Realität ist das aber über Jahre hinweg eher unwahrscheinlich. Und das ist auch völlig okay! Wenn also hier und da mal kleine Fantasien mit dem neuen Kollegen auftauchen oder es eine unverfängliche Flirtsituation an der Supermarktkasse gab, muss darüber nicht gleich Beichte abgelegt werden. Solche kleinen Abenteuer beflügeln das Beziehungsleben eher als dass es ihm schadet.
  • Notlügen: „Klar würde ich gerne die ganze Nacht mit dir den Superbowl gucken, aber ich hab morgen früh leider einen suuuuper wichtigen Termin.“ – Gut, Notlügen sind nicht die feine Art, aber manchmal einfach die entspanntere Lösung. Und als Lügen in der Partnerschaft aus psychologischer Sicht völlig unbedenklich.
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Beziehungsstörende Lügen

Folgende Lügen zerstören die Beziehung eher…

  • Manipulatives Lügen: Gaslighting ist eine in der Psychologie bekannte Form des manipulativen Lügens. Dabei wird die Realitäts-Wahrnehmung des oder der Parter:in infrage gestellt – und zwar so lang, bis er oder sie sich selbst für „verrückt“ hält. Wenn Fremdgeher:innen also dem Bauchgefühl ihrer Partnerin oder ihres Partners entgegnen, sie sähen Gespenster, seien paranoid oder verrückt, ist das Gaslighting par excellence und eine schwer beziehungsstörende Lüge.
  • Narzisstisches Lügen: Es gibt Menschen, die den permanenten Drang haben, sich selbst als perfekt zu stilisieren und sich über alle anderen, vor allem den/die eigene:n Parter:in zu stellen. Dafür wird gern die eigene Lebensgeschichte umgedichtet oder der/die Partner:in vor anderen schlecht gemacht, um selbst besser dazustehen. Derartiger Narzissmus und Partnerschaft lassen sich leider nur schwer kombinieren. Wie du dich von einem Narzissten trennen kannst (und warum du das auch solltest), erfährst du hier.
  • Fremdgehen: Es gibt unterschiedliche Aspekte, warum Fremdgeher:innen lügen. Da sind zum einen wieder die narzisstischen Lügner:innen, die schlicht nicht aufhören wollen, sich zu nehmen, was ihnen ihrer Meinung nach zusteht. Es gibt aber auch die Angstlügner:innen. Diese Menschen sind unfähig, mit der Situation (z.B. dass sie sich fremdverliebt haben) umzugehen und lügen aus Angst verlassen zu werden. Die Frage, ob ein einmaliger Seitensprung erzählt werden muss, ist auch in der Psychologie ungeklärt und muss schlussendlich selbst entschieden werden.
Kleine Notlügen können deine Beziehung sogar stärken. Foto: Unsplash/Ryan Jacobson

Was machen Lügen in der Partnerschaft laut Psychologie mit uns?

Die Paartherapeutin Kirsten Hellwig hat bei jetzt.de Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema Lügen in der Partnerschaft gegeben. Sie erklärt, dass Lügende bei dem/der Partner:in oft automatisch „unten durch“ sind. Dabei sei es hilfreich, statt zu verurteilen, zu fragen, worin die Beweggründe für die Lüge lagen. Oft ist es so möglich, die Lüge zumindest nachvollziehen zu können.

Denn was in unserer idealisierten Vorstellung von Beziehungen oft vergessen wird, ist, dass Autonomie ein wahnsinnig wichtiger Aspekt für glückliche Beziehungen ist. Selbst entscheiden zu können, was du für dich behältst und was du mit deiner/deinem Partner:in teilst, verleiht dir ein Gefühl von Selbstbestimmtheit und ist beziehungsfördernd. Das trifft natürlich nur auf unproblematische Kleinstlügen zu.

Ab wann Lügen in der Partnerschaft offenlegen?

Kirsten Hellwig empfiehlt, eine Lüge spätestens dann zu beichten, wenn sie negative Auswirkungen auf die Beziehung hat. Wenn du gelogen hast und dich darauf hin aus schlechtem Gewissen heraus anders verhältst als sonst, ist es besser, reinen Wein einzuschenken. Gerade bei schwerwiegenden Lügen wie Betrug hat eure Beziehung nur dann eine Chance, wieder zu heilen, wenn du ehrlich bist. Dein:e Partner:in hat das Recht, selbst zu entscheiden, ob sie damit umgehen kann oder will. Ob man Fremdgehen verzeihen kann, liest du hier.

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Gibt es Beziehungen, in denen niemals gelogen wird?

Der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer hat in den Stuttgarter Nachrichten über symbiotische Beziehungen gesprochen. Dabei handelt es sich um ein scheinbares Ideal, in dem die beiden Partner:innen derart verschmelzen, dass lügen praktisch unmöglich wird. Schmidbauer hält diese Art der Partnerschaft für gefährlich, „weil in dem Moment, wo eine Erwartung nicht eingehalten wird, die ganze Beziehung infrage gestellt wird.“ Jede Lüge, sei sie noch so klein, als Verrat zu verurteilen, ist in keinem Fall hilfreich. Demnach ist eine Beziehung, in der nie gelogen wird, weder wahrscheinlich, noch erstrebenswert.

Was tun, wenn eine beziehungsstörende Lüge aufgeflogen ist?

Angenommen, dein Freund beichtet dir eine kurze Affäre. Entgegen dessen, was die meisten Menschen von sich selbst erwarten – nämlich sich sofort zu trennen – halten viele Paare auch nach einem Betrug aneinander fest. Beziehungserhaltend wäre es in diesem Fall, so Schmidbauer, „wenn beide sich fragen, warum sie sich so verhalten haben und daraus ihre Schlüsse ziehen.“ Für die Zukunft braucht es dann neue Umgangsformen und natürlich ein gemeinsames Aufarbeiten, wie es zum Betrug und der Lüge kam. Eine moralische Debatte hingegen, an deren Ende der Betrügende schwört, nie wieder zu lügen, ist zum Scheitern verurteilt.

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