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Wie hat sich unser Dating-Verhalten durch Corona verändert?

Sind wir wieder bereit für „echte“ Dates? Dating- und Sex-Expertin Anna Zimt verrät im Interview, wie die Corona-Pandemie unser Dating-Verhalten beeinflusst hat und warum uns Treffen von Angesicht zu Angesicht jetzt „verunsichern“ können.

Viele bevorzugen jetzt wieder "echte" Dates.. © antoniodiaz/Shutterstock.com
Viele bevorzugen jetzt wieder "echte" Dates.. © antoniodiaz/Shutterstock.com

Virtuelle Gespräche statt Umarmungen und Augenkontakt: So sah für fast eineinhalb Jahre die Dating-Welt vieler Menschen aus. Dank niedriger Inzidenz sind hierzulande nun persönliche und „echte“ Treffen wieder möglich. Aber sind wir noch in der Lage, uns von Angesicht zu Angesicht zu daten? Anna Zimt, Dating- und Sex-Expertin sowie Autorin von „Leck mich!“ (mvg Verlag), zeigt sich im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news optimistisch: „Wir wollen wieder raus in die Welt und etwas fühlen!“ Zudem verrät sie, ob und wie sich unser Dating-Verhalten womöglich verändert haben könnte.

Sind wir nach so langer Zeit überhaupt noch in der Lage, uns von Angesicht zu Angesicht zu daten?

Anna Zimt: Ja! Generell sind echte Treffen mit anderen total wichtig für unser Wohlbefinden und das dürfen wir uns auch wieder gönnen. Egal, ob es ein Date oder eine schöne Verabredung mit einer Freundin ist. Wir haben genug auf Bildschirme geguckt und uns virtuell gesehen. Wir wollen wieder was Echtes! Aber es fühlt sich auch alles noch ganz neu und ungewohnt an. So, als würden wir zum allerersten Mal auf ein Date gehen oder in einer Bar sitzen. Als wären wir wieder Teenager. Das ist super aufregend, aber eben auch verunsichernd.

Wie hat sich unser Dating-Verhalten durch die Corona-Pandemie verändert?

Zimt: Wer während der Lockdowns jemanden kennenlernen wollte, konnte das im Prinzip nur auf Online-Dating-Apps. Denn dort hin hatte sich die ganze Dating-Welt verschoben. Zumindest für diejenigen, denen durch Corona nicht die Lust daran verloren gegangen war. Ich habe auch einige Freunde und Freundinnen, die ihre Suche nach der Liebe oder einem Abenteuer für diese Zeit eingestellt haben. Weil virtuelles Dating so gar nichts für sie war, oder sie die Zeit einfach für sich selbst nutzen wollten.

Ich habe beobachtet, dass sich viele während der Lockdowns mehr Zeit genommen haben, um einander wirklich kennenzulernen und sich auf eine Person zu konzentrieren. Und nicht mehr wahllos hin und her zu wechseln und möglichst viele Matches zu sammeln, wie es auch einige praktizieren. Das erste Date war dann vielleicht ein Telefonat oder ein gemeinsamer Wein vor der Laptopkamera. Das zweite dann eventuell ein Spaziergang an der frischen Luft und mit Abstand. Auch, weil bis dato noch keine Tests oder Impfungen zur Verfügung standen.

Dating wurde hochschwelliger und dadurch weniger willkürlich und verbindlicher. Ob das so bleibt, wird sich zeigen. Es wird einige geben, die Slow-Dating zu schätzen wissen. Und auch ganz neue Online-Dating-Apps wie wayvs oder BlindMate zeigen, dass die Menschen noch was anderes wollen und Tinder-müde sind. Aber natürlich gibt es auch diejenigen, die gerade jetzt, wo persönliche Dates wieder entspannter möglich sind, große Lust auf neue Bekanntschaften haben und neugierig auf viele Abenteuer sind und da ein höheres Tempo mitbringen.

Sind Fragen nach einer Impfung und einem negativen Test bei einem Date in Ordnung oder eher Stimmungskiller?

Zimt: In jedem Fall ist die Frage nach einem negativen Test oder dem Impfstatus vor einer Verabredung schon länger ein Thema. Und meiner Erfahrung nach ist es mittlerweile etwas ganz Normales danach zu fragen und nichts, das die Stimmung vor oder während eines Dates nach unten zieht, sondern vor allem Entspannung für alle Beteiligten mit sich bringt.

Wie kann man unangenehme Situationen, etwa Unsicherheit bei Umarmungen, vermeiden?

Zimt: Ich finde ja nicht, dass z. B. die „Umarmungsfrage“ bei der Begrüßung eines Dates etwas ist, das wir vermeiden müssen. Wenn ich Lust auf eine Umarmung habe und weiß, wir beide sind geimpft und getestet, dann guck ich auf die Körpersprache des anderen oder frage ansonsten einfach nach, ob das ok ist.

Und wenn ich keine Umarmung möchte, dann kann ich das entweder sagen oder meinem Date einfach zuvorkommen und den Faustcheck anbieten und damit die Frage ob Umarmung ja oder nein still beantworten.

Und wie sieht es mit der Corona-Pandemie generell aus – ein Tabu- oder ein gutes Gesprächsthema bei einem Date?

Zimt: Für mich ist Corona vor dem Date ein Thema, wenn es darum geht, dass wir beide frisch getestet sind und um den Impfstatus des anderen wissen. Danach habe ich ehrlich gesagt keine Lust mehr, so viel darüber zu reden. Klar, wenn mir mein Date erzählt, dass er während des Lockdowns ein Hausboot gebaut hat oder jetzt Ukulele spielen kann, finde ich das super interessant. Aber ansonsten haben wir uns doch alle genug darüber unterhalten, oder?

Ist das Thema Online-Dating überhaupt noch attraktiv für Datende oder bevorzugen viele jetzt nicht wieder „echte“ Berührungen, Sex usw.?

Zimt: Online-Dating wird immer ein Thema sein. Das war es vor Corona auch. Aber natürlich haben jetzt viele Leute Lust darauf, aus einem virtuellen Date ein „echtes“ zu machen und den Sommer zu genießen, vielleicht tanzen zu gehen oder den Zauber des ersten Kusses erleben. Wir wollen wieder raus in die Welt und etwas fühlen!

Ist Slow-Dating weiterhin angesagt?

Zimt: Ich glaube für einige, die nicht schon vorher gerne langsam jemanden kennengelernt haben, war Slow-Dating eine Notwendigkeit, die durch Corona entstanden ist. Sie haben diese oft aber auch lieben gelernt und reflektiert, wie sie daten wollen und was sie sich wünschen. Denn manche haben beim Online-Dating die Tendenz, sich selbst zu überholen und durch die Überforderung mit all der „Auswahl“ am Ende auch wahllos zu werden.

(eee/spot)