Sich gegenseitig zu konstruktiv kritisieren, ist eine Fähigkeit, die viele von uns nie gelernt haben. Irgendwie scheint es in unserer Gesellschaft verankert zu sein, dass Kritik mit Beleidigung oder Missgunst gleichgesetzt wird. Dabei haben diese Dinge überhaupt nichts miteinander zu tun. Ganz im Gegenteil: Konstruktive Kritik ist für ein gesundes Miteinander extrem wichtig. Wie du es schaffst Kritik zu äußern, mit der andere etwas anfangen können, erfährst du hier.
Konstruktive Kritik: Das musst du wissen
4 Sätze, die du besser nicht sagen solltest
Es gibt einige Sätze, die uns allen bestimmt schon mal über die Lippen gekommen sind, die allerdings nicht ansatzweise etwas mit konstruktiver Kritik zu tun haben. Oftmals führt das dann zu einer Abwehrhaltung oder gar einem Streit. Sätze, die du also besser vermeiden solltest, sind:
- Angriff: „Du hast das verbockt, so wie du immer alles verbockst.“
- Versteckte Beleidigung: „Es wundert mich überhaupt nicht, dass du dieses Projekt in den Sand gesetzt hast.“
- Besserwisser: „Ist ja nicht so, dass ich dir das vorher gesagt hätte.“
- Überheblich: „Dann sieh mal zu, wie du die Suppe wieder auslöffelst, die du dir eingebrockt hast.“
Außerdem gibt es einige Faustregeln, die du beim Kritisieren beachten solltest. Dazu gehören der Zeitpunkt, der Ton und deine eigene Gemütslage. Hinterfrage dich hinsichtlich der folgenden fünf Punkte, bevor du tatsächlich Kritik übst.
- Übe Kritik an dem Verhalten, nicht an der Person.
- Kritisiere nicht zu direkt, sondern taktvoll – denn Ehrlichkeit und Direktheit können verletzen.
- Kritisiere nicht, wenn du gerade selbst gefrustet bist (über Themen, die nichts mit der Person zu tun haben).
- Lasse dein Gegenüber sich verteidigen, das ist eine menschliche Reaktion auf Kritik.
- Wenn du austeilst, dann musst du auch einstecken können, daher solltest du ebenfalls sachlich auf Kritik reagieren.
Damit du diese Art von Kritik in Zukunft vermeidest, haben wir dir einige Tipps zusammengestellt.
4 Tipps, um erfolgreich zu kritisieren
Eine Sache solltest du dir bei konstruktiver Kritik immer vor Augen führen: Niemand mag Kritik. Ob konstruktiv oder unsachlich, Kritik bedeutet in erster Linie, dass jemand mit deinem Verhalten oder deiner Arbeit nicht zufrieden ist – und dass ist immer ein Stück weit frustrierend. Daher solltest du die Worte mit bedacht wählen. Gelingt dir das, wird die Kritik dein Gegenüber nicht nur weiterbringen, sondern auch ernsthaft zum Nachdenken anregen.
Das Ziel von konstruktiver Kritik ist es, dass sich dein Gegenüber nicht angegriffen fühlt. Genau dieser Punkt unterscheidet konstruktive Kritik von bloßen Beleidigungen.
Tipp 1: Die „Ich-Form“ verwenden
Statt Formulierungen wie: „Du solltest“, „Du hast nicht“ oder „Du bist unmöglich“ zu benutzen, solltest du die Kritikpunkte in der „Ich-Form“ formulieren. Ein „Ich fühle mich unwohl, wenn ich im Restaurant alleine sitze und auf dich warte“ wird immer effektiver sein als ein „Du bist schon wieder zu spät und kannst dich nie an Vereinbarungen halten.“
Letzteres wird in den meisten Fällen dazu führen, dass sich dein Gegenüber versuchen wird zu rechtfertigen und dir häufig im Affekt auch deine Schwächen vorhalten wird.
Tipp 2: Nenne die konkrete Situation
Ein „Du machst nie“ oder „Immer tust du“ wird in seltensten Fällen auf Verständnis treffen. Wenn du jedoch die konkrete Situation benennst, dann lässt sich deine Kritik besser verstehen. Dabei solltest ebenfalls in der „Ich-Form“ formulieren.
Zum Beispiel: „Es stört mich, wenn du mir jedes Mal – so wie jetzt gerade – ins Wort fällst, sobald ich mich mit jemandem unterhalte.“
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Tipp 3: Erst die positiven Aspekte, dann die Kritik
Wie bereits erwähnt, stehen die meisten Menschen Kritik nicht besonders positiv gegenüber – Lob und Anerkennung hingegen schon. Daher bietet es sich an, zuallererst etwas Positives zu sagen, bevor du anfängst zu kritisieren. Du kannst deinem Chef gegenüber berichten, dass der neue Workflow effektiver ist und die bessere Kommunikation tatsächlich zu schnelleren Arbeitsabläufen führt.
… Aber dass du jedoch nicht ganz verstehst, warum XY so entschieden wurde. Dadurch wird er deine Kritik deutlich besser aufnehmen und hat vielleicht sogar eine schlüssige Erklärung oder Lösung für dein Problem.
Tipp 4: Versetze dich in den anderen hinein
Fehler bei der Arbeit passieren häufig aufgrund des hohen Zeitdrucks oder den veränderten Arbeitsbedingungen. Der Abwasch in eurer Küche bleibt liegen, weil deinen Mitbewohnern der Klausurenstress extrem zusetzt oder deine Freunde kommen zu spät, weil die Bahn mal wieder ausgefallen ist.
Es fällt auf: Kritik ist häufig die Folge ungünstiger Situationen, schlechter Kommunikation, Stress oder Unwissenheit. Um im Folgenden konstruktive Kritik äußern zu können, solltest du Formulierungen wählen wie: „Ich verstehe vollkommen, dass du gestresst bist, aber …“ oder „Ich weiß, dass es für dich sehr wichtig ist, aber ich wünsche mir, dass …“
Du wirst merken, deine konstruktive Kritik wird nicht nur aufgenommen, sondern es wird auch kein Streit in Folge deiner kritischen Äußerungen entstehen.
Fazit: „Ich-Form“ als Schlüssel für konstruktive Kritik
Statt aufzuzählen, was dich alles nervt und wobei du anderer Meinung bist, solltest du erst etwas Positives sagen und anschließend die Kritikpunkte ansprechen. Dein Gegenüber wird ganz automatisch positiver gestimmt sein, die genannten Fehler vermeiden und deine Kritik langfristig umsetzen.
Diese Selbstliebeübungen werden dir dabei helfen, mit Kritik besser umgehen zu können.