Solo-Sex ist kein neues Phänomen, sondern so alt wie die Menschheit selbst – wahrscheinlich. Früher hat es die Wissenschaft nämlich lange verpasst, Selbstbefriedigung in der Geschichte zu behandeln und aufzuklären.
Was wir aber heute über das Onanieren wissen: Es macht großen Spaß, ist richtig gesund und baut auch noch inneren Stress ab. Ein Wundermittel sozusagen. Wir zeigen dir, wie die Menschheit ihre Einstellung zum Thema Masturbation immer wieder verändert hat und woran das liegt.
Solo-Sex in der Geschichte:
- Solo-Sex in der Steinzeit: Keine Spur, aber trotzdem da
- Solo-Sex im alten Ägypten
- Solo-Sex in der Antike: Alles ist erlaubt!
- Solo-Sex in der Bibel: Der Weg ins Unglück
- Solo-Sex im 18ten Jahrhundert: Masturbation als Krankheit
- Solo-Sex im 20ten Jahrhundert: Erotisches Wissenschaften
- Heute: Masturbation ist King!
Solo-Sex in der Steinzeit: Keine Spur, aber trotzdem da
Leider gibt es eine ganze Weile in unserer Geschichte keine Aufzeichnungen über Solo-Sex und Masturbation des Menschen. Das liegt daran, dass Solo-Sex sich eben dadurch auszeichnet, allein praktiziert zu werden. Es gibt keine Spuren, die man bis in die heutige Zeit mit hineintragen könnte. Wir haben schon sehr viel Glück, dass wir ein paar Informationen über Sex in der Steinzeit durch Wissenschaftler:innen unserer heutigen Zeit herausfinden konnten.
Solo-Sex im alten Ägypten
Masturbation war im alten Ägypten ein sehr wichtiges, man könnte fast sagen entscheidendes Thema. Jedoch nicht als etwas Menschliches, sondern als etwas Göttliches. Masturbation galt als magischer Akt, jedoch nur, wenn sie von Göttern betrieben wurde. Man glaubte, dass die Gottheit Atum das Universum erschuf. Wie er das gemacht hat? Dafür musste er nichts weiter tun, als bis zur Ejakulation masturbieren. Nichts einfacher als das!
Solo-Sex in der Antike: Alles ist erlaubt!
Auch aus den Aufzeichnungen über Sex in der Antike und Sex bei den alten Römern kann nicht viel über die Art und Weise der Masturbation und des Solo-Sex herausgefunden werden. Wir wissen allerdings, dass gerade in dieser Zeit der Sex ein sehr wichtiger Teil des gesellschaftlichen Zusammenlebens war. So wissen wir beispielsweise heute, dass homosexueller Sex, genauso wie Gruppensex in dieser Zeit ganz normal war und sogar gefeiert wurde. Wahrscheinlich war auch Solo-Sex für die Römer kein Tabu-Thema.
Solo-Sex in der Bibel: Der Weg ins Unglück
Eine explizite Erwähnung findet der Solo-Sex in der Geschichte der Menschheit das erste Mal in der Bibel, nämlich im alten Testament, im 38ten Kapitel der Genesis-Erzählung.
In der Geschichte geht es um Onan. Onan heißt aus dem Hebräischen übersetzt (Zeugungs-)Kraft (Danke, Wikipedia!). Als Onans Bruder starb, sollte dieser die zurückgebliebene Witwe heiraten. Das sah Onan aber gar nicht ein, auch wenn das damals ein Brauch war. Er erfand kurzerhand den Coitus Interruputs – er hatte also Sex mit der Frau seines Bruder, zog seinen Penis aber kurz vorm Kommen heraus, um sie nicht zu schwängern. Über die Zeit wurde diese „noble“ Aktion mit Masturbation gleichgesetzt.
Onan ließ seinen Samen aber auf die Erde fallen.0 Da gefiel dem Herrn übel, was er tat, und er tötete ihn auch.
Bibel, Genesis, Kapitel 38
Onan wurde dann von Gott mit dem Tode bestraft, weil er Blutslinie seines Bruders nicht weiterführen wollte. Tja.
Lange Zeit wurde der Solo-Sex nicht weiter groß in den Geschichtsbüchern besprochen. Obwohl immer wieder sexueller Verkehr zwischen zwei oder mehr Menschen angesprochen wurde, ist die Masturbation doch eher außenvor. Bis zum Jahr 1721 ist Masturbation eine Randerscheinung in der Gesellschaft.
Solo-Sex im 18ten Jahrhundert: Masturbation als Krankheit
Danach mischt sich aber ein heute unbekannter Arzt in die Sache ein und prägt damit die Gesellschaft des 18ten Jahrhunderts und noch bis heute. Dieser Arzt erfand eine Krankheit, die er Onanismus nannte. Diese Krankheit war nichts anderes als die Angewohnheit, sich regelmäßig selbst zu befriedigen.
Onanismus – eine erfundene Krankheit prägte die Menschheit
Der Arzt versprach, dass der Onanismus zu Krankheiten wie Lepra, Krebs, Pocken, Rückenmarkschwund, Tuberkulose, Epilepsie, Wahnsinn und sogar zum Tod führe. Was zuvor also komplett normal war, wurde durch diese erfundene Krankheit zu etwas Schrecklichem und Angsteinflößendem gemacht.
Der Name der Krankheit, der Onanismus, wurde natürlich nach dem biblisch erstgenannten Masturbierer Onan gewählt. Tatsächlich führte diese erfundene Krankheit in Zusammenarbeit mit der Kirche dazu, dass Mitte des 18ten Jahrhunderts Masturbation überall in Europa verboten wurde.
Kant & Freud: Hass & Angst vor Solo-Sex
Hasser:innen des Solo-Sex rotteten sich zusammen und schwelgten in Tiraden über das Masturbieren und steigerten sich gegenseitig hoch. Der Philosoph Immanuel Kant (17024 – 1804) war einer dieser Menschen, die den Solo-Sex verteufelten. Kant war sich sicher, dass Masturbation eigentlich genauso schlimm ist wie Selbstmord und Verstümmelung. Er sprach in Texten davon, dass es ein Akt wieder die Natur sei.
Auch der in die Traum- und Psychoforschung eingegangene Sigmund Freud hatte ein ziemliches Problem mit dem Solo-Sex. Er zählte zu den Folgen des Onanismus Angststörungen, Süchte, infantile Sexualität, hysterisches Erbrechen, Narzissmus, und das systematische Unterdrücken von Erinnerungen. Wow.
Solo-Sex im 19ten Jahrhundert: der dampbetriebene Manipulator
Nach der Ära Kants und Freuds wurde der Solo Sex in der zwieten Hälte des 19. Jahrhunderts weniger verteufelt. Stattdessen unter anderem als Abhilfe gesehen. Damals war die sogenannte Hysterie eine Modediagnose für verschiedene Leiden von Frauen. Viele Mediziner verschrieben dagegen Genitalmassagen. Weil das dem amerikanischen Arzt George Taylor auf die Dauer zu anstrengend wurde, erfand er 1869 den dampfbetriebenen „Manipulator“. Der erste Prototyp heutiger Vibratoren. Danke George!
Lustkiller: Cornflakes gegen Sex
Ein anderer Arzt, mittlerweile sehr viel bekannter als der gute George Taylor, kann man eher den Masturbationskritiker:innen zuordnen und lebte sogar komplett enthaltsam. Sex und Masturbation hielt er für die Ursache vieler Krankheiten. Sein Lösungsansatz? Ein gesundes Frühstück gegen Solo-Sex: Cornflakes.
Nach dieser Untersuchung seiner Veröffentlichungen, ging John Harvey Kellogg von der Annahme aus, dass fast alle Krankheiten durch eine falsche Ernährungsweise ausgelöst wurden. Mehr noch: Es waren Gelüste jeglicher Art, in der er eine Bedrohung für die Gesundheit sah. Nicht nur die Lust auf Schokolade, Wein und Fleisch seien verderblich. Auch die menschliche Wollust sei gefährlich. Ob nun zu zweit oder allein, Kellogg glaubte, dass Sex krank mache. Er selbst schwor auf morgendliche Einläufe und Enthaltsamkeit. Ähm, nein danke!
Solo-Sex im 20ten Jahrhundert: Erotisches Wissenschaften
Im 20ten Jahrhunder begannen Wissenschaftler:innen endlich damit, das Sexualverhalten der Menschen endlich mal wissenschaftlich zu untersuchen. Im Jahr 1948 wurde der bis heute weltberühmte Kinsey-Report veröffentlicht. In diesem setzte sich der Uniprofessor und Zoologe Alfred Kinsey damit auseinander, welche sexuellen Praktiken die Menschen der 50er Jahre ohnehin bereits praktizierten.
Der Kinsey Report
In seinem Report „Sexualverhalten des menschlichen Männchens“ veröffentlichte er also durch anonyme Befragungen, worauf die Menschen stehen. Dabei kam heraus, was die Bürger hinter verschlossenen Türen alles taten, was eigentlich tabu war: Dazu gehörten Dinge wie das Masturbieren, Analspielchen oder auch Lovetoys.
Masters of Sex
Weitere Aufklärung leisteten das Wissenschaftlerpaar William Masters (1915–2001) und Virginia Johnson (1925–2013), die bis heute die Sexwissenschaft prägen. Das Duo lud Proband:innen in ihre Labore ein und ließen sie dort miteinander Sex haben.
Solo Sex wurde dabei auch untersucht: Beim Masturbieren führten sich die Frauen einen Dildo aus Plexiglas in die Vagina ein, der mit einer Kamera ausgestattet war. Diesen Dildo hatten sie selbst gebaut. So konnten die Forschenden herausfinden, was im inneren der Vagina passiert, während man masturbiert. Um der Probandin das Experiment mit dem kühlen Arbeitsgerät zu erleichtern.
Übrigens: Zu Masters und Johnson gibt es eine erfolgreiche Amazon-Prime-Serie.
Internationaler Solo-Sex-Tag
1995 erklärte ein Sextoyhersteller den 05. Mai zum internationaen masturbationstag zu Ehern von Joycelyn Elders. Wie die LA Times damals berichtete entlies der damalige US-Präsident Bill Clinton die Leiterin des amerikanichen Gesundheitswesen Elders. Der Grund: Sie setzte sich dafür ein, dass Masturbation Teil des Aufklärungsunterrichts wird.
Viele der Informationen aus diesem Artikel stammen aus dem Buch Solitary Sex: A Cultural History of Masturbation von Thomas W. Laqueur. In diesem Buch werden 2.000 Jahre des Denkens und Schreibens über Sexualität analysiert.
Heute: Masturbation ist King!
Langsam, ganz langsam, mausert sich die Menschheit aus einer sehr prüden Gesellschaft, die durch die Kirche und Möchtegernärzte geprägt wurde, zu immer mehr Offenheit.
Heute gibt es Podcasts, Pornoseiten für Frauen und für Männer, ausgeklügelte Lovetoys und natürlich einige Ratgeber, um sich selbst besser zu befriedigen.
Hast du beispielsweise schon einmal Mindful Masturbation ausprobiert? Oder kennst du dich mit Masturbation vor dem Partner aus?
Auch anonym agierende Onlineshops wie Amorelie, Eis oder LELO tragen dazu bei, dass wir weniger Scham rund um das Thema Solo-Sex haben. So schaffen wir es, dass eine der schönsten Nebensachen der Welt endlich aus der Schmuddelecke herauskommt.