Ich bin ein EAFO. Was? Ok, von vorne: Seit Neustem beschäftige ich mich in meiner Freizeit gern mit Psychologie-Podcasts. Neben Leon Windscheid habe ich die sympathische Stefanie Stahl als meine Psychologin für den Feierabend auserkoren. In einer älteren Folge ihres Podcasts „So bin ich eben!“ spricht sie über die verschiedenen Persönlichkeitstypen und dass bei Paaren zumindest einige Persönlichkeitsmerkmale übereinstimmen sollten. Neugierig wie ich bin, habe ich online direkt den von ihr entworfenen Persönlichkeitstest gemacht.
Und deshalb weiß ich: Ich bin ein EAFO. Ein Beziehungsminister. Jemand, der extrovertiert ist (E), eine abstrakte Wahrnehmung hat (A), nach Gefühl entscheidet (F) und gut organisiert ist (O). Außerdem weiß ich jetzt: Ich habe ein Problem. Denn schon während ich den Test ausgefüllt habe, habe ich gemerkt: Ich klicke immer genau die Option an, die mein Freund nicht wählen würde. Was heißt das jetzt? Nun, laut der Psychologie: Wir passen nicht zusammen!
Ein EAFO und ein EADL – und jetzt?
Als eindeutiger Gefühlsmensch, der zum Grübeln neigt, habe ich meinen Freund direkt mit meiner neuen Erkenntnis überfallen: „Du musst mir kurz ein paar Fragen beantworten, ich fürchte, wir passen nicht zusammen!“ Er, der (das weiß ich auch ohne Test) pragmatische „solange-ich-dabei-mein-Brötchen-essen-kann“-Typ, war einverstanden. Und so bestätigte sich meine Annahme: Er ist ein EADL. E und A sind zwar übereinstimmend mit meinem Ergebnis – es folgen aber D für rationales Denken und L für eine unorganisierte Lebensweise.
Wir liegen aber auch in anderen Bereichen weit auseinander. Während ich ein enormes Bedürfnis nach gemeinsamer Zeit habe, ist er eher praktisch veranlagt und „feiert die Feste wie sie fallen“. Außerdem nehme ich gern unsere Beziehung auseinander und liebe es, über Gefühle zu sprechen (siehe diese Kolumne). Er hingegen hasst solche Gespräche und ist nicht nur einmal währenddessen eingeschlafen. Dass wir uns wirklich ähnlich sind, kann man also nicht behaupten. Aber passen wir wirklich nicht zusammen?
Wir passen nicht zusammen – sondern wir ergänzen uns
Nüchtern betrachtet lautet die Antwort: Nein. Wir passen nicht zusammen. Das Gute ist, dass das eigentlich die falsche Frage ist. Die richtige Frage wäre: Ergänzen wir uns gut? Und hier sieht die Antwort ganz anders aus.
Stefanie Stahl erklärt das so: Jede Dimension hat ihre Vor- und Nachteile. Ich, die Organisierte, sorge dafür, dass mein Freund regelmäßig isst, frische Unterwäsche hat und seine Termine nicht vergisst. Ich bringe Ordnung in sein Leben. Er bringt dafür Spontanität und Unbeschwertheit in meines. Ohne ihn liefe bei mir immer alles nach Plan, ich würde von morgens bis abends verbissen meine To-do-Listen abarbeiten und vor lauter Grübeln den Spaß am Leben vergessen.
Nun haben mein Freund und ich ja eine weder gute noch schlechte Basis mit zwei aus vier gemeinsame Dimensionen. Komplizierter wird es, wenn man noch weitere Modelle hinzuzieht, wie zum Beispiel die „Big Five„, das sich auf teils gleiche, teils ergänzende Eigenschaften bezieht. Im Kern spiegelt aber auch dieses Modell die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in meiner Beziehung. Und auch hier ist das Fazit: Wir passen nicht zusammen, aber wir ergänzen uns gut.
Weshalb es wichtig ist, den eigenen Persönlichkeitstypen zu kennen
Selbst mein Freund, der – wie deutlich geworden sein sollte – wenig mit Dingen wie Persönlichkeitstests anfangen kann, war überrascht, wie präzise sein Ergebnis Aussagen zu seinem Charakter treffen konnte. Und tatsächlich war es selbst nach so vielen Jahren Beziehung interessant, sich so intensiv in den Kopf meines Partners „einzulesen“. Stefanie Stahl, aber auch viele andere Psycholog:innen, empfehlen deshalb, den eigenen Persönlichkeitstypen zu kennen und gegebenenfalls auch den des Partners – oder den der besten Freundin oder der Eltern.
Denn eine nüchterne Bestandsaufnahme darüber, wie unser Gegenüber tickt, hilft uns, Konfliktsituationen besser einzuschätzen. Mir hilft es zu wissen, dass mein Freund nicht unordentlich ist, weil er faul ist. Sondern weil er ein kreativer Kopf ist, der seine Energie für Dinge aufbringt, die mein durchgetaktetes Leben wiederum bereichern. Ihm hilft es zu wissen, dass ich ein Gefühlsmensch bin, dem man öfter mal sagen muss, dass er geliebt wird, damit er es auch glaubt. Es hilft uns, Akzeptanz und Verständnis für den anderen aufzubringen und so glücklich miteinander zu sein – obwohl (oder gerade weil) wir nicht zusammen passen.
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