Bei so manchen Erfindungen oder Alltags-Gegenständen könnte man wirklich das Gesicht ion den Händen vergraben. Nachdem wir schon Erfindungen aufgelistet haben, was für Erfindungen alles Meilensteine für die Emanzipation der Frau waren, kommt jetzt die genaue Umkehrung. Nämlich leben Frauen heute noch in einer Welt, die vornehmlich auf die Bedürfnisse des Mannes ausgerichtet sind. Wir zeigen dir 6 Erfindungen, die Befreiung der Frau aus patriarchalen Strukturen ganz und gar nicht förderten, sondern dem Patriarchat erst entsprungen sind und nichts als klischeegeladenes Gener-Marketing betreiben.
6 Erfindungen aus dem Patriarchat, in dem wir noch leben
Das wurde alles nicht für die Frau designt
Wieviel Sexismus und patriarchale Denkstrukturen verstecken sich hinter den Dingen, die wir täglich verbal sowie physisch nutzen? Wo finden wir immer noch den kleinen Anspruch auf Machterhalt des weißen cis-Mannes? Diesen Dingen und deren Hintergründe ging Journalistin und Autorin Rebekka vor einem Jahr in ihrem Buch „Das Patriarchat der Dinge“ auf den Grund…und schockte uns mit den Ergebnissen. Nämlich stellte sich heraus -um den Filmklassiker „Love…actually“ zu zitieren- : patriarchy is all around!
Daher kommt hier die Liste an 6 Erfindungen oder Marketing-Strategien, die Gender-Diskriminierung, Geschlechtertrennung oder Formen alter male-gaziger Ansprüche implizieren. Sei dir eines gesagt: bei manchen Dinge wärst du gar nicht erst drauf gekommen! Übrigens haben wir uns auch mal mit Rebekka Endler persönlich über ihr Buch unterhalten. Den Link zu diesem Interview findest du hier.
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1. It takes balls to do that!
Wir fangen bei verbalen Erfindungen an, die sich wohl bekanntlich leichter verwenden lassen als jegliche Art von Konsumgütern. Indem wir wie hier im Englischen mit „balls“ sowie auch im Deutschen mit „die Eier zu etwas haben“ sagen, deuten wir gleichzeitig darauf hin, dass männliche Eier das Kriterium für Mut und Willensstärke sind.
Auch bei Frauen, die etwas Besonderes geleistet haben, verwendet man den Begriff der männlichen Hoden. Auch verwenden wir häufig Synonyme für Eier, Hauptsache das männliche Organ kommt drin vor. Vielleicht sollten wir deswegen absichtlich so etwas wie „Das braucht ganz schöne Eierstöcke“, einfach aus Prinzip!
2. Das ist ’ne echte Powerfrau!
Wir bleiben bei der Sprache, allerdings geht es hier um Begriffe für das weibliche Geschlecht. Laut Endler verkörpert die „Powerfrau“ eine weibliche Person, die etwas Großartiges geleistet hat, ohne dabei ihre weiblichen Tugenden zu vernachlässigen. Typischerweise bezeichnet es eine Frau, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen kann, ohne sich darüber zu beschweren. Wohlbemerkt handelt es sich hierbei um männliche Kriterien, die eine Frau zu einer Powerfrau machen und sie damit auf einen Podest stellen.
Die „Powerfrau“ impliziert jedoch, dass man Eigenschaften wie Stärke und Macht dem weiblichen Geschlecht nicht ohnehin zuordnen würde. Wenn die Frau also laut diesem Begriff Willen zeige, mehrere Sachen gleichzeitig zu machen, dann könne sie auch Stärke ausstrahlen. Sonst trägt sie den Namen „Karriere“- oder „Quotenfrau“. Mehr zum Begriff erfährst du übrigens hier.
3. Pink it, Shrink it!
Rebekka Endler schneidet im Kapitel mit dem Namen „Pink it, shrink it“ ein Thema an, das nicht allen Menschen so bewusst ist, nämlich das Gender-Marketing. Dabei handelt es sich um das Ausnutzen der weiblichen Kaufkraft, bei der Produkte um Vorteile für das weibliche Geschlecht erweitert werden. Dabei wird manchmal auch nichts Notwendiges an dem Produkt geändert, sondern es wird -wie das Kapitel schon sagt- einfach pink und kleiner gemacht, um besser in die Handtasche zu passen. Natürlich absolut sexistisch!
Das bekannteste Beispiel dafür ist das unter Kindern sehr beliebte Überraschungs-Ei. Über 30 Jahre gab es ein klassisches Ü-Ei, bis Ferrero 2012 entschied, diesem ein rosafarbenes Pendant beizufügen. Damit gab es also das „normale“ Ü-Ei, das ab dem Zeitpunkt automatisch für Jungs gedacht war, und das „weibliche“ Ü-Ei in pink. Es lässt sich wohl alles ein bisschen besser verkaufen, wenn man es zusätzlich mit ein bisschen Glitzer und pinker Farbe schmückt!
4. Wer braucht schon Hosentaschen?
Kleider machen Leute. Dieser Satz hat sich hier im Thema Patriarchat einmal mehr bewährt. Auch mit angenähten Taschen -oder auch keinen- bei Frauenhosen hat sich ein Mensch etwas dabei gedacht. Rebekka Endler zitiert hier die amerikanische Podcasterin Avery Trufelman mit dem Satz „Taschen sind ein perfekte Metapher für gesellschaftliche Privilegien“.
Auch wenn man nicht sofort daran denkt: Hosentaschen sind ein Privileg. Privilegien machen sich für die betroffene Person ja selten bemerkbar, weil sie es nicht anders kennt. Aber so oft wir Frauen uns ärgern müssen, dass unsere Hosen keine oder nur angedeutete Taschen haben, könnte sich ein Mann gar nicht vorstellen. Eben genau aus dem Grund: er hat immer welche an seiner Hose.
- Hier erfährst du mehr Gemeinheiten des Patriarchats:
- Our weekly heroine Mogli im Interview: „Wir müssen unsere Privilegien richtig nutzen“
- our weekly heroine Düzen Tekkal: „Mit dem Vorsatz, das Patriarchat zu stürzen komme ich im Irak nicht weit“
- Darum sind Frauen besser in Führungspositionen
- 12 Sätze, die du einer Frau niemals sagen solltest
Endler fügt dem hinzu, dass aus historischen Hintergründen die Hosentaschen die Möglichkeit dazu baten, wichtige Utensilien nah am Körper zu tragen und dadurch zu einem Entdecker- und Abenteurergeist aufzusteigen. Dagegen geht man bei Frauen häufig davon aus, dass sie eh immer irgendeine Art von Tasche oder Rucksack mit sich führen würden
5. Frauen und die Fußballschuhe von Kindern
Dass Frauenfußball bei Weitem nicht so etabliert und wirtschaftlich unterstützt wird wie Männerfußball, ist allseits bekannt. Da fängt es schon bei kleinen Sachen, aber trotzdem wichtigen Sachen wie den Fußballschuhen an. Sogar einige Profifußballerinnen müssen auf Kinder- oder Männerschuhe zurückgreifen, weil der Markt einfach noch nicht so weit ist.
Das hat auch damit zu tun, dass der Fuß einer Frau allgemein anders proportioniert ist der eines Mannes. Die Ferse ist schmaler, der Vorfuß ist dagegen tendentiell kleiner, allgemein ist die Druckbelastung höher auf einem weiblichen Fuß. Allerdings kümmern sich nur wenige Hersteller darum, den Fußballschuh einem Damenfuß anzupassen. Der Markt ist verhältnismäßig einfach noch zu klein im Gegensatz zu dem von Männern. Dabei handelt es sich um das wichtigste Tool einer Fußballspielerin!
6. Mutterliebe geht über den Tod hinaus
Dies ist die einzige Erfindung, die nicht von Endlers Buch stammt. Hierbei handelt es sich um einen der Nominierten für den „Goldenen Zaunpfahl“, dem Preis für das absurdeste Gender-Marketing. Unser wmn-Team war am Montag, den 21.11. auf der diesjährigen Preisverleihung und hat sich einen der sieben Nominierten, von denen natürlich niemand erschienen ist, für diese Aufzählung geschnappt.
Diese Marketing-Strategie könnte nicht absurder sein. ANNA ist eine Agentur für Versicherungsermittlungen. Dabei handelt es sich um eine Absicherung allein für Mütter, die auch über ihren Tod heraus ein sorgenfreies Leben ihrer Kinder absichern sollen. Es soll im Falle des Todes der Mutter jegliche Geldnot für ihre Familie gelindert werden, alles im großen Zeichen der Mutterliebe. Witzig ist dabei vor allem, dass die Geschäftsführer von ANNA alles Männer sind. Da will Jemand der Kinderversorgung wohl für immer fernbleiben!
Wir brauchen tiefgreifende Änderungen
Rebekka Endlers Buch erstreckt sich über 300 Seiten und besteht aus 9 Kapiteln. Es ist quasi überlaufen von Informationen, die allesamt eines gemeinsam haben: unsere Welt der Dinge ist einfach noch sehr auf die Bedürfnisse des Mannes ausgerichtet und dessen Machterhalt. So wie sie es selbst formulierert:
„Der Mann ist das Maß aller Dinge. Wortwörtlich. Was reale Unannehmlichkeiten für mindestens 50% der Bevölkerung bedeutet“
Rebekka Endler in ihrem Buch „Das Patriarchat der Dinge“
Alle Designs, die mehr für den Mann als die Frau designt worden sind, tragen laut Endler eine Art Selbsterhaltungstrieb in sich. Sie sollen die dominante Position des Mannes aufrecht erhalten und klare Geschlechtertrennungen vornehmen. Man muss dazu auch erwähnen, dass die für Männer designte Welt neben dem Patriarchat auch ein Produkt des Kapitalismus ist. Man möchte aus den finanziellen Möglichkeiten, die eine Frau mittlerweile hat, den maximalsten Nutzen ziehen und dazu gehört auch beispielsweise das Gender-Marketing. Das ist nur eine der vielen grundlegenden Probleme, die unsere Wirtschaft, aber auch unsere Gesellschaft grundlegend lösen muss.
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