Wer hätte es gedacht, dass ich mich einmal über Begriffe wie „Powerfrau“ oder „Working Mum“ aufregen würde? Diese Zeit ist jetzt wohl angebrochen. Meine feministische Bildung ist also weit genug fortgeschritten, sich auch über theoretisch feministische Begriffe auszulassen. Ich proste mit imaginär selbst und auch allen anderen Menschen zu, die ähnlich denken.
Alle anderen Menschen werden wahrscheinlich erst einmal denken: „Hää? Was hat die denn jetzt für ein Problem?“ Verständlicher Gedankengang. Es ist extrem wichtig, genauer auf diese Begriffe zu schauen und zu begreifen, was sie eigentlich implizieren.
Es ist eine wirklich löbliche Intention, eine Frau auf ein kleines Podest zu heben, wenn man sie “Powerfrau” oder eben “Working Mum” nennt. Was damit aber impliziert wird, ist etwas ganz anderes.
Warum du „Powerfrau“ nie wieder sagen solltest:
Powerfrauen sind keine normalen Frauen
Sind Powerfrauen ganz normale Frauen? Ne, irgendwie nicht. Denn sonst müsste man ja das Wort “Power” ja nicht unbedingt vor dem Wort „Frauen“ platzieren. Powerfrauen können viel schaffen, sind ehrgeizig, karriereorientiert und wissen, was sie wollen.
All das steckt in der “Power” dieser Frau. Das impliziert auf nicht besonders unterschwellige Weise, dass Frauen im Normalzustand keine solche Power haben, sondern eben einfach nur Frauen sind.
Auch interessant: Es gibt kein männliches Pendant zu einer Powerfrau. Männer sind immer Männer. Manche haben mehr Power, andere haben eben weniger. Eine Notwendigkeit, das näher zu beschreiben, scheint nicht zu bestehen.
Working Mums sind Mütter, die endlich mal was tun
Der Begriff „Working Mum“ ist ziemlich unfair. Er soll ausdrücken, dass eine junge Mutter trotz der Kinder noch einen “echten” Job ausübt. Eine “Working Mum” wird so über eine “ganz normale Mum” gestellt, denn immerhin arbeitet sie ja. Das ist an so vielen Stellen problematisch, dass man es fast nicht aushält.
Übrigens: Mütter, die sich um Kind, Haushalt und die Alltagsgestaltung kümmern, haben eine 100 Stunden-Woche, bis sie mit ihren Aufgaben fertig sind. Das haben unabhängige Studien ergeben.
Zum einen ist eine “Working Mum” zu sein, zumindest in den ersten Jahren nach der Geburt für viele nicht unbedingt ein begehrter Zustand. Junge Mütter müssen schnell wieder in die Erwerbstätigkeit übergehen, um ihre Familie zu versorgen. Das hat wenig mit Selbstverwirklichung zu tun.
Kindererziehung ist keine Arbeit, oder was?
Dabei bleiben aber wahrscheinlich einige Erlebnisse und Erkenntnisse der Kindererziehung auf der Strecke. In der Zeit, die die “Working Mum” auf der Arbeit verbringt, muss sich nämlich jemand anders um die Kinder kümmern. Oft sind das nicht die Väter, sondern Kindergärtner:innen oder Tageseltern.
Zum anderen raubt der Begriff der “Working Mum” den nicht arbeitenden Müttern den Status. Denn Working Mums arbeiten, andere Mums eben nicht. Der Job, den eine ganz gewöhnliche Hausfrau jeden Tag erledigt, zählt dabei wohl einfach nicht. Viele vergessen, dass Kinder ein Mehr-als-24-Stunden-Job sind.
„Powerfrauen“ und „Working Mums“ gelten als exzeptionell
Die Begriffe zeigen, dass unsere Gesellschaft leider nun doch noch nicht so progressiv und emanzipiert ist, wie wir es uns manchmal erhoffen. Mit diesen Begriffen werden Frauen auf ein Podest größtenteils von Männern gestellt. Sie zeigen Verwunderung für eine Frau, die sich in ihrer Karriere durchschlagen, aber und Kinder und Haushalt trotzdem unter einen Hut zu bekommen kann.
Erkennt ihr auch das männliche Privileg darin? Sie mussten sich in der Vergangenheit selten Gedanken darum machen, ob sie mit Familie und Kindern trotzdem noch Karriere machen können, deshalb gelten „Powerfrauen“ und „Working Mums“ für sie als exzeptionelle Persönlichkeiten. Dabei ist natürlich nicht allen klar, was Kindererziehung alleine schon für eine Belastung ist.
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Powermänner & Working Dads?
Das Verrückte bei Powerfrauen und Working Mums ist zudem, dass Frauen sich damit gegenseitig kleiner machen, als sie eigentlich sind. Jemand, der als Powerfrau bezeichnet wird, wird sich immer höhergestellt fühlen als eine normale Frau. Auch Working Mums haben den gesellschaftlichen Respekt. Allein dadurch, dass sie einen gültigen Arbeitsvertrag haben.
Doch sind “Frauen” und “Mums” wirklich weniger wert als “Powerfrauen” und “Working Mums”? Lasst uns doch einmal das männliche Pendant dazu anschauen. Männer machen sich offenbar weniger Sorgen darum, in der Gesellschaft als nicht wertig genug rüberzukommen. Jeder Mann ist ein Powermann und jeder Dad ist erst einmal ein Working Dad.
Bis heute sind gerade einmal 156.000 Männer in Deutschland für Haus und Hof verantwortlich. Und das, obwohl wir 11.560.000 Familien in Deutschland haben.
Es werden also nur gut 1,35 % der familiären Haushalte von Männern geführt. Das ist nicht sonderlich viel. Noch immer ist die Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern in Deutschland sehr unterschiedlich. Das geht auf die Psyche, liebe Frauen. In Deutschland wird Erwerbstätigkeit nämlich noch immer als viel wichtiger und wertvoller angesehen als Soziales.
Fazit: Powerfrau und Working Mum sind Vergangenheit
Natürlich sind sich nur die wenigsten Menschen darüber bewusst, dass die Begriffe „Powerfrau“ und „Working Mum“ teilweise sehr negativ konnotiert sind. Die meisten benutzen sie daher als Kompliment und meinen dabei nichts Böses.
Doch auch wenn es nicht mutwillig böse gemeint hat, so haben beide Begriffe, wenn man etwas darüber nachdenkt, einen sehr unangenehmen Beigeschmack. Besser also, du vermeidest es in Zukunft, Frauen mit diesen Wörtern zu loben. Es gibt schließlich so viel schönere Komplimente.