Als ich vor sieben Jahren zurück in meine Geburtsstadt Berlin zog, hatte ich nicht viel mehr als mein Abi-Zeugnis, eine Tonne Klamotten und völlig überhöhte Erwartungen an meine Zukunft im Gepäck. Jetzt fängt das Leben an, dachte ich. Party, Shopping, heiße Flirts, einen Partner finden – ja ja Mama, natürlich auch Uni und so. Na ja. Es kam natürlich alles anders.
Das mit der Uni hat schon einmal nicht auf Anhieb geklappt. Stattdessen habe ich bei einer bekannten Kosmetikmarke als Verkäuferin gejobbt. Das war gar nicht so schlecht, denn damals hatte ich einen ausgeprägten Hang zur dekorativen Kosmetik und lief prinzipiell viel zu stark geschminkt durch die Gegend. Möglich, dass auch das ein Grund dafür war, warum sich die Partnersuche eher schwierig gestalten sollte …
Die Großstadt & Dating-Apps: Tschüss Selbstwertgefühl, war schön mit dir
Wer neu und single in Berlin ist, der tindert. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, an das sich meines Wissens alle halten. Denn ob man einen Partner finden will, ein paar Gleichgesinnte sucht oder schlicht die Nacht nicht allein verbringen will – Der Kontakt zu neuen Menschen hilft, im neuen Leben anzukommen und sich in der ungewohnten Umgebung sicherer zu fühlen.
Das Problem ist: Wer so wie ich sein Leben größtenteils in einem 2000-Einwohner:innen-Dorf verbracht hat, bekommt schnell Schwierigkeiten im knallharten Online Dating-Leben der Großstadt. Während man auf dem Land an dritter Stelle bereits Personen aus dem eigenen Familienkreis vorgeschlagen bekommt, hat es mich mehrere Wochen gekostet, Berlin „leer zu tindern“ – und ja, ich habe es geschafft.
Natürlich nur mithilfe von Freundinnen; es war ein riesen Spaß, sich gemeinsam über gestellte Prollfotos lustig zu machen (Damals waren Spiegelselfies mit Zahnbürste im Mund ein Ding, Gott weiß, warum) – aber hier einen Partner finden? Geht das überhaupt? Ich war dessen überzeugt, denn obwohl ich Spaß an unverbindlichen Partyflirts hatte, wusste ich schon damals, dass ich ein Beziehungsmensch bin und langfristig etwas Festes suche.
Selbstverständlich habe ich den Teufel getan, das meinen Dates zu erzählen. Denn wie jede Konsumentin von romantischen Komödien weiß: Auch wenn er jetzt keine Beziehung will, sobald er dich erst einmal richtig kennengelernt hat, wird sich das gaaanz schnell ändern. Plot Twist: Das wird es nicht. Ich bin der lebende Beweis. Es hat fast ein halbes Jahr gedauert, bis ich angefangen habe, zu verstehen, dass es Menschen gibt, die tatsächlich keine Beziehung wollen. Oder zumindest nicht mit mir. Als ich endlich die Zusage von der Uni bekam, war mein Selbstbewusstsein schon derart porös, dass ich den Männern und abgeschworen habe.
Unverhofft kommt oft: Wenn sich der Partner von ganz allein findet
Kurz bevor es mit dem Studium losging, war er dann plötzlich da. Kein Tinder-Match, aber auch keine hollywoodeske Begegnung an der Bäckerstheke. Es war in einem Club – wir sind hier schließlich immer noch in Berlin. Ich hatte soeben den umständlichen Flirtversuch eines recht aufdringlichen Typens abgewehrt und als Belohnung dessen Drink geklaut, als er mir auf die Schulter tippte. Er hatte die Szene beobachtet und sprach mich daraufhin an. Er wirkte unverbindlich auf mich, fand einfach nur die Aktion witzig, mehr nicht.
Also tranken wir ungezwungen etwas zusammen und verstanden uns ganz gut. Ich war nicht vom Hocker, ich dachte nicht „Oh mein Gott, das ist er!“ – aber das war er und das weiß ich jetzt, fast sieben Jahre später. Und wenn ich mich an den Abend zurück erinnere, frage ich mich, ob alles genau deshalb so gekommen ist: Weil ich aufgehört hatte, verbissen nach einem Partner zu suchen. Weil ich ihn nicht bei der ersten Begegnung als Heiratsmaterial klassifiziert habe, sondern die Dinge einfach habe passieren lassen. Vielleicht ist es genau das, was es braucht, um in der Großstadt die Liebe zu finden – sie gar nicht erst zu suchen.
Mehr Texte aus der Kolumne gibt’s hier: