Ich bin 28 Jahre alt. Abgesehen von der Tatsache, dass mir die nahende 30 mehr Angst macht, als sie sollte, habe ich mich heute beim Joggen zum Beispiel gefragt, ob es sich in meinem Alter überhaupt noch lohnt, sportlich zu werden. Mit steigendem Alter spielt auch das Thema Altersunterschiede in Beziehungen eine immer größere Rolle in meinem Leben. Denn mein Partner ist diesen Monat 36 geworden. Bei ihm naht also bald schon die 40! Das hat mich nachdenklich gestimmt …
Altersunterschiede in Beziehungen: Die Bier-Barbie-Schere
Acht Jahre liegen mein Partner und ich auseinander. Manchmal, wenn er mit Freunden oder Familie über alte Zeiten spricht, führt mich das zu absurden Gedankenspielen: Bei seinem ersten (offiziellen) Bier hab ich vom Barbie Reiterhof mit Koppel geträumt. Ich war 10, da durfte er Auto fahren. Als er sein erstes WG-Zimmer bezogen hat, ein Durchgangszimmer in einer Passauer „Drecksbude“, habe ich meinem Tagebuch erzählt, wie süß ich den Jonas aus der 7b finde. Und als er auf der dreitägigen Closingparty eines Berliner Kultclubs gefeiert hat, steckte ich in den Abivorbereitungen.
Da können wir froh sein, scherzen wir oft, dass wir uns erst kennengelernt haben, als es schon legal war. Immerhin: Ich war 21 Jahre alt. Dass er schon fast 30 sei, wollte ich ihm damals gar nicht glauben. Er sah und sieht deutlich jünger aus als er ist und benimmt sich die meiste Zeit wie ein 15-Jähriger. Womit wir beim Thema wären, warum ich Altersunterschiede in Beziehungen nicht nur okay, sondern richtig gut finde.
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Der Berlin-Puffer oder Warum ich keinen Gleichaltrigen mehr daten wollen würde
Ich finde es eine durchaus sinnvolle Sache, sich einen Partner oder eine Partnerin im gleichen – Achtung, wichtig! – geistigen Alter zu suchen. Man kennt ja die Regel, die sich entweder Wissenschaftler:innen oder Mario Barth ausgedacht haben, bei Männern müsse man immer drei Jahre vom biologischen Alter abziehen, um das ‚wahre‘ Alter zu erhalten. Das Alter also, das der geistigen und emotionalen Intelligenz des Mannes entspricht.
Ich bin zwar der Überzeugung, dass das, wenn überhaupt, nicht auf alle Männer zutrifft (ich kenne Männer, die jünger als ich sind und emotional deutlich reifer und erwachsener), ABER: meine pre-ernsthafte-Beziehung-Dating-Erfahrung hat mir deutlich gezeigt, dass ich mit Typen in meinem Alter nicht weit komme.
Es ist gut möglich, dass das Thema Bindungsangst mehr ein Berlin- als ein Altersding ist. Aber meine Güte, was war es ein Kampf, in dieser Stadt einen Mann zu finden, der nicht schon beim Wort „Beziehung“ Schnappatmung bekommt und Reißaus nimmt. Ich habe im Laufe meiner Datingzeit viele wirklich spannende, nette Typen kennengelernt, an denen nicht viel auszusetzen gewesen wäre – außer, dass sie genau wie ich Anfang 20 waren und daher für absolut nichts zu gebrauchen waren.
Da wird die eigene Unabhängigkeit mit Händen und Füßen verteidigt, bloß keine festen Zusagen machen, immer schön vage und unverbindlich bleiben. Ob wir uns noch mal sehen? Who knows, go with the flow, lebe im Hier und Jetzt, was morgen ist, wird sich zeigen. Bla, bla, bla.
Altersunterschied in Beziehungen: Keine Frage der Zahl, sondern der Lebensphase
Als mein Freund und ich uns kennenlernten, hatte er die Phase des ungebundenen 20-Jährigen schon eine ganze Weile hinter sich. Und das war toll, denn so konnte man sich immer wieder verabreden, richtig kennenlernen und eines Tages sogar darüber sprechen, dass man sich „irgendwann einmal“ eine Familie wünscht.
Für mich war der Altersunterschied in der Beziehung perfekt, denn ich war aus meiner Sturm- und Drangphase herausgewachsen und habe mit ihm jemanden gefunden, der sich auf der gleichen Ebene befindet. Die acht Jahre, die er mir voraus ist, kommen mir in meiner Lebensplanung gelegen. Denn sie sind der Berlin-Puffer, der dafür sorgt, dass ich nicht selbst erst 40 werden muss, um Aussichten auf Familienplanung zu haben.
Und nicht nur, was solch langfristige Vorstellungen vom Leben betrifft, kann ein Altersunterschied in der Beziehung ein echter Vorteil sein. Denn das, was ein Paar verbindet, ist ja nicht das Alter, sondern das, was es aus seiner gemeinsamen Zeit macht.
So war mein Freund mit 28 Jahren praktisch nur am Feiern, ständig unterwegs und am Quatsch machen. So wie ich mit 21. Dank unseres Altersunterschiedes befinden wir uns heute in derselben Lebensphase. Wir sind beide gesettelter, man könnte auch häuslicher sagen. Unser Geld geben wir am liebsten für gutes Essen und Urlaub aus, statt für Clubeintritte und Festivals. Wir wissen entspannte Netflix-Abende gleichermaßen zu schätzen wie ein weinlastiges Dinner bei Freunden. Wäre er heute 28, würde ich ihn wahrscheinlich nicht daten wollen…
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