Doch wann weiß man, wann man etwas aufgeben sollte?
Versteht mich nicht falsch. Mein eingangs erwähnter Ehrgeiz verbietet es mir, dafür zu plädieren, einfach jedes Projekt aufzugeben. Manche Dinge, denke ich, sollte man durchziehen. Zum Beispiel ein Studium, welches kurz vor dem Abschluss steht. (Wann man ein Studium abbrechen sollte, liest du hier.) Gleichzeitig sagt mir die Vernunft, dass kein Projekt der Welt es Wert ist, dafür die eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Aber von vorn…
Prinzipiell ist es wichtig, dass wir uns im Leben Ziele setzen. Denn die helfen bei unserer persönlichen Entwicklung und bringen Struktur in den Tag und letztlich ins Leben. Außerdem motivieren sie und sind ein wichtiger Teil unserer Selbstregulierung. Rundum sind Ziele wichtig für unser Wohlbefinden.
Nicht nur die Gesellschaft bringt uns bei, dass es sich lohnt durchzuhalten und für unsere Ziele zu kämpfen. Denn sobald wir Ziele erreichen, werden wir auch durch aufflammende Glücksgefühle belohnt. Zudem sorgen stete Ziele dafür, dass wir angemessen angestrengt sind und unser Gehirn trainieren.
Übrigens: Wie du Ziele erreichen kannst, liest du hier.
Wenn aus erreichbaren Zielen unerreichbare werden…
Problematisch wird das Ganze jedoch, sobald wir uns Ziele setzen, die wir schlicht nicht erreichen können. So muss ich mir beispielsweise eingestehen, dass aus mir wohl keine Atomphysikerin oder Opernsängerin mehr wird. Doch auch vermeintlich kleinere Ziele können individuell einfach zu hochgesteckt sein. Vor allem, wenn uns das Leben einen Strich durch die Rechnung macht mit Lebenskrisen, Krankheiten oder Unfällen. Oder schlicht, weil uns die nötige Energie fehlt. Das Credo niemals aufgeben kann bei zu hoch gesteckten Zielen einfach nicht mehr funktionieren.
Wer dann dennoch nicht aufgibt, verwendet extrem viel Energie auf etwas, dass im Zweifel am Ende zum Scheitern verurteilt ist – und sich im worst case mit absoluter Erschöpfung rächt. Denn unerreichbare Ziele führen zu psychologischem Stress. Und der macht sich auch körperlich bemerkbar etwa durch hohe Kortisol- und Entzündungswerte, ein hormonelles Ungleichgewicht, ein geschwächtes Immunsystem, Energiemangel oder aber Bewegungsunlust. Wenn ihr mich fragt, ist kein Ziel dieser Welt diese körperlichen Symptome wert. Da kann der Frosch dem Storch die Kehle noch so sehr abdrücken. Am Ende gewinnt der Storch doch.
Niemals aufgeben oder Dranbleiben? Was ist die bessere Wahl?
Doch wie entscheidet man jetzt, ob das eigene gesteckte Ziel zu hoch ist? Letztlich ist die Wahl ganz einfach, wenn man sich zwei Fragen stellt: Bringt mir mein Ziel noch Freude und Wachstum? Tue ich meiner (mentalen) Gesundheit einen Gefallen, wenn ich dranbleibe? Kann man beides mit Ja beantworten, ist das Ziel es wohl wert, niemals aufzugeben.
Schadet die Anstrengung jedoch mehr als sie nützt, ist es an der Zeit aufzugeben. Dabei sollte man die Warnungen des Körpers ernst nehmen: diverse Stresssymptome, anhaltender Zynismus, erste Burn-out-Anzeichen, ständige Grübeleien, keine Lust auf Freizeitaktivitäten usw. sind zum Beispiel Frühwarnzeichen.
Niemals aufgeben? Lieber Aufgeben statt Draufgehen
Wem das Erreichen eines Zieles eher schadet, als das es nützt, der sollte aufgeben. Und zwar erhobenen Hauptes. Denn Aufgeben ist nicht mit Scheitern gleichzusetzen. Aufgeben bedeutet viel eher, die eigenen Ziele anzupassen und sie erreichbar zu machen. Und auch die eigene Sicht auf die Welt sollte dabei gleich mit angepasst werden: Denn ist es letztlich nicht wichtiger, glücklich und gesund zu sein, statt Ziele zu jagen?
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