Am 8. März ist Weltfrauentag. Für Berlin ist das sogar Anlass genug, um uns einen weiteren Feiertag zu schenken. Aber seit wann und warum wird dieser Tag überhaupt gefeiert? Wieso ist er noch immer so wichtig? Wir beantworten dir all diese Fragen und geben dir zudem einen Einblick, wie wichtig der Weltfrauentag unseren Redakteurinnen ist.
Jeden 8. März ist Weltfrauentag
Der erste Weltfrauentag wurde am 19. März 1911 gefeiert. Heute wird der internationale Frauentag überall auf der Welt am 8. März gefeiert. Warum sich der 8. März als Datum durchsetzte, ist nicht eindeutig geklärt.
Eine mögliche Erklärung: Am 8. März 1917 – nach dem julianischen Kalender in Russland der 23. Februar – starteten Proteste von Anwohnerinnen der Armen-Stadtviertel in Petrograd. Diese Streiks waren einer der Gründe für die Februarrevolution in Russland, welche die Zarenherrschaft im Land beendete. Zu Ehren der Streikenden wurde daher in Moskau der 8. März als internationaler Frauentag ausgewählt.
1975 verkündeten die Vereinten Nationen den 8. März zum Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden.
Warum feiern wir den internationalen Frauentag?
Am Weltfrauentag werden die sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Errungenschaften von Frauen gefeiert. Der Tag ist aber auch ein Aufruf zum Handeln, um die Gleichstellung der Geschlechter zu beschleunigen.
Entstanden ist der Weltfrauentag aus der Arbeiterbewegung. Die deutsche Politikerin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin schlug 1910 auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vor.
Einer der wichtigsten Forderungen waren das aktive und passive Wahlrecht für Frauen. Mit Erfolg: In Deutschland können Frauen seit 1919 wählen. In der Schweiz profitieren Frauen erst seit 1971 vom Wahlrecht, in Liechtenstein sogar erst seit 1984.
Dieser Internationale Frauentag ist die wichtigste Kundgebung für das Frauenwahlrecht gewesen, welche die Geschichte der Bewegung für die Emanzipation des weiblichen Geschlechts bis heute verzeichnen kann.
Clara Zetkin, Frauenaktivistin, 1911
Warum ist der Weltfrauentag ein Feiertag?
Aktuell ist der Weltfrauentag ein Feiertag in 26 Ländern. Dazu gehören beispielsweise Armenien, Kambodscha, Kuba, Sambia, Uganda und Weißrussland. In manchen Ländern, zum Beispiel China, Madagaskar und Nepal gilt der Feiertag nur für Frauen. In Deutschland wird der internationale Frauentag seit 2019 in Berlin, und seit 2023 in Mecklenburg-Vorpommern als gesetzlicher Feiertag gefeiert.
Eine offizielle Begründung für die Feiertagsregelung: Besonders (ehemalige) kommunistische und sozialistisch geprägte Staaten legen viel Wert auf den internationalen Frauentag. In Berlin wurde der Feiertag einerseits aus praktischen Gründen eingeführt – Berlin hat im bundesweiten Vergleich besonders wenige Feiertage – andererseits, weil Grüne und SPD sich dafür eingesetzt haben. Die Grünen wollen so den Einsatz für Frauenrechte und Gleichberechtigung stärken.
Warum wird der Frauentag in Deutschland kritisiert?
Vor allem Menschen aus den Gebieten der ehemaligen DDR stehen dem Tag kritisch gegenüber. Denn früher wurden den Frauen zwar gelbe Nelken überreicht, aber es wurden keine gesellschaftlichen Strukturen infrage gestellt. Frauen waren trotz Berufstätigkeit für Haushalt und Kinder zuständig und in den Führungsetagen waren ebenfalls wenige bis gar keine Frauen vertreten.
In der Sowjetunion wurden zwar die Errungenschaften der Revolution gefeiert, aber auch hier wurden keine Missstände in den Mittelpunkt gerückt. Das ist einer der Gründe dafür, warum manche Feministinnen die Abschaffung des Weltfrauentags fordern.
Ist der Tag bis heute relevant?
Untersuchungen wie der Global Gender Gap Report 2020 zeigen, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau noch in weiter Ferne liegt. Denn es gibt weiterhin viele Missstände. Dazu gehört, dass Frauen weniger als Männer verdienen. Frauen sind häufiger von Altersarmut betroffen, werden öfter Opfer von häuslicher Gewalt und sind seltener in Führungspositionen vertreten als Männer.
Auch die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen ist weiterhin ein wichtiges Thema. Vor einiger Zeit zeigte die Debatte um Kristina Hänel – die Ärztin wurde verurteilt, weil sie auf ihrer Webseite über Schwangerschaftsabbrüche informiert – und den Paragraphen 219a (Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft), dass Frauenrechte noch weiter gestärkt werden müssen.
So unterschiedlich denken unsere Redakteurinnen über den Weltfrauentag
Was wir von wmn besonders spannend finden? Dass der Weltfrauentag selbst bei uns in der Redaktion von jeder Frau anders verstanden, zelebriert und sogar kritisiert wird. Folgende Stimmen der Redaktion haben wir für dich gesammelt:
Lisa: „Der Weltfrauentag ist für mich ein winziges Puzzlestück in diesem Kampf“
Zu fragen, ob der Weltfrauentag heute noch gebraucht wird, mutet absurd an. Solange ich mich nachts auf der Straße nicht sicher fühle als Frau und überlegen muss, welchen Selbstverteidigungskurs ich belegen soll, solange ich alten weißen Männern erklären muss, dass ich sehr wohl einparken kann, solange ich Blondinenwitze weglächeln muss, solange ich sexistische Kommentare im Netz sowie Dickpicks ertragen muss, solange ich in Gehaltsverhandlungen doppelt so deutlich zeigen muss, dass ich gleiche, wenn nicht sogar bessere Arbeit als Männer leiste, ja, solange müssen wir für unsere Rechte kämpfen.
Der Weltfrauentag ist für mich ein winziges Puzzlestück in diesem Kampf, der es nicht vermag, den Kampf zu beenden, vielleicht nicht einmal zu beschleunigen, der aber immer wieder wachrüttelt und erinnert. Er erinnert, was im Feminismus bereits erreicht wurde, was es vor allem aber noch zu erreichen gilt. Umso wichtiger ist es, an diesem Tag nicht nur die Füße hochzulegen, sondern wirklich zu überlegen, wie jeder einzelne etwas für die Gleichstellung von Männern und Frauen tun kann. Und wie man ein Zeichen gegen Sexismus, Rassismus, Homophobie, Transphobie, Ableismus setzen kann. Im Endeffekt ist der Weltfrauentag nämlich für alle da und eine gleichgestellte Gesellschaft nützt jedem einzelnen.
Anika: „Jeder Tag sollte Frauentag sein!“
Der Frauentag wurde bei uns nie in großer Weise zelebriert. Allerdings haben meine Oma, meine Mama und ich es uns immer besonders schön gemacht. Wir haben uns gegenseitig Blumen besorgt und damit die Frauen in unserer Familie und in unserem Leben geehrt. Mir persönlich wird am Frauentag immer erst wieder klar, was für Leistungen Frauen bringen mussten und noch immer müssen und dass es eigentlich keinen genauen Tag geben muss, um diese Leistungen zu ehren – jeder Tag sollte Frauentag sein!
Trotzdem bin ich froh, dass es einen Tag gibt, an dem wir eben das Frauen-Dasein zelebrieren. Ich werde am Frauentag meine Mama und meine Oma auf ein Essen einladen und ihnen damit “Danke” sagen, dass sie nicht nur wundervolle Frauen sind, die mich geprägt haben, sondern einfach auch die tollsten Menschen in meinem Leben.
Catharina: „Es ist wichtig, um uns vor Augen zu führen, wie zahlreich wir sind.“
Für mich ist der feministische Kampftag ein Tag, auf den ich jedes Mal wieder hinfiebere. Ich unternehme dann am liebsten etwas mit meinen Freund:innen, fange den Tag gemütlich an und lasse ihn mit voller Wucht auf einer Demo enden. Wenn man die Möglichkeit hat, Präsenz zu zeigen, finde ich den Schritt wichtig um uns vor Augen zu führen, wie zahlreich wir eigentlich sind.
Als Person, die alles aus einer feministischen Perspektive betrachtet, fühlt man sich manchmal ziemlich allein mit seinen Meinungen. Auf der Straße dann Tausende von Frauen* zu sehen, die für das Gleiche einstehen, stärkt mich für den Rest des Jahres. Feministische Aktivistin ist man nämlich nicht nur einen, sondern 365 Tage im Jahr.
Franziska: „Mir fehlt die der globale Blickwinkel auf die Missstände in unserer Welt.“
Ich finde den internationalen Frauentag extrem wichtig, allerdings auch nur dann, wenn das “international” nicht komplett außer Acht gelassen wird. Wir neigen in Deutschland dazu, nur unsere sehr eingeschränkte Definition von Feminismus und Gleichberechtigung zu leben und thematisieren sehr viele “ First World Problems” des Feminismus. Diese Themen haben natürlich ihre Berechtigung, aber nicht an diesem Tag. Mir fehlt die der globale Blickwinkel auf die Missstände in unserer Welt. An diesem Tag sollten wir Forderungen stellen, die uns als Frauen, aber auch als Menschheit länderübergreifend voranbringen.
Den Tag als Feiertag zu zelebrieren hat für mich einen seltsamen Beigeschmack: Die Bahnmitarbeiter streiken auch nicht an ihren Urlaubstagen und Fridays for Future gehen nicht am Samstag auf die Straßen. Warum? Weil die Proteste Aufmerksamkeit erzeugen sollen, und die bekommt man leider nur dann, wenn es der Wirtschaft, der Politik oder dem Arbeitgeber weh tut und man damit ein Zeichen setzt. Es interessiert doch niemanden, was ich an meinem freien Tag mache oder ob ein Marsch die Straßen blockiert. Dann kommen noch die ganzen Frauentags-Deals der Shops hinzu und wir haben einen komplett durchkommerzialisierten Feiertag, der niemandem was bringt, aber der Politik ein gutes Gewissen gibt.
Mona: „Ich will an diesem Tag streiken.“
Ich lebe in Berlin, dem einzigen Ort in Deutschland, der den Weltfrauentag zum Feiertag erklärt hat. Auch wenn es schön ist, am feministischen Kampftag einen Tag freizuhaben, ist das für mich vollkommen absurd.
Der feministische Kampftag ist ein Tag des Kampfes. Ein Tag, an dem die Frauen sich nicht in ihrer von der Gesellschaft zugeschriebenen Rolle befinden, sondern sich auflehnen. Es ist ein Tag, an dem wir das System infrage stellen. Barbusig mit Fahnen und Tröten durch die Stadt laufen.
Ich will an diesem Tag streiken. Alle Frauen sollten an diesem Tag streiken – von der Erwerbsarbeit wie auch bei der Care-Arbeit. Indem dieser Tag zum Feiertag gemacht wurde, fühlt es sich für mich viel weniger als ein Kampf an, sondern eher wie ein bunter Stadt-Spaziergang. “
Patricia: „Jeder Mensch sollte sich am Weltfrauentag hinterfragen, um die Welt zu einem feministischeren Ort zu machen.“
Meine erste Begegnung mit dem Weltfrauentag war in dem Alter, als man vom Kind zum Teenager wurde. Im Supermarkt wurden Rosen an Frauen verteilt, mit einem kleinen Zettel. “Weil ihr wichtig seid”, stand dort drauf. Heutzutage wissen wir natürlich, dass es am Weltfrauentag mehr braucht als Rosen für alle Frauen – sollte man zumindest meinen.
Zwar interessieren sich Jahre später mehr Leute für feministische Themen, jedoch ist es noch lange nicht bei allen angekommen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Weltfrauentag selbst: Nur wir in Berlin bekommen für den Weltfrauentag frei, da wir weniger freie Feiertage als andere Bundesländer haben. Anstatt wir also alle auf die Straße gehen und für die Rechte der Frauen international einstehen, schlafen Berliner:innen einfach nur aus.
Jeder Mensch sollte sich am Weltfrauentag hinterfragen, um die Welt zu einem feministischeren Ort zu machen. Unterstütze ich alle Frauen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, die Unterstützung brauchen? Wie gehe ich generell mit Frauen um? Unterstütze ich auch Frauen, die Mütter, Frauen, die keine Mütter sein wollen, Trans-Frauen, homosexuelle, bisexuelle oder queere Frauen? Nur so können wir im Feminismus tatsächlich vorangekommen.
Der Weltfrauentag als Zeichen für die noch nicht herrschende Gleichberechtigung
Du kannst den Weltfrauentag am 8. März nutzen, um für gleiche Rechte zu kämpfen. Aber am besten nutzt du aber auch die restlichen Tage des Jahres, um dich für Gleichberechtigung und sexuelle Selbstbestimmung einzusetzen. So kannst du auch dem zunehmenden Antifeminismus in Deutschland eine weitere Stimme entgegensetzen.
Der aktuelle Global Gender Gap Report gibt an, dass vor allem weibliche Vorbilder ein wichtiger Faktor für die Gechlechtergleichberechtigung sind. Lass dich also von unseren weekly heroines wie Margarete Stokowski oder den wichtigsten Büchern mit starken Frauen inspirieren dich für feministische Anliegen einzusetzen. Denn jeder Mensch kann einen Beitrag zur Gleichberechtigung leisten!
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