Vor zwei Jahren habe ich das Joyn-Format „Frau Jordan stellt gleich“ zum ersten Mal gesehen und mich blitzverliebt: zum einen in den trockenen Humor der Serie, die das Thema Gleichstellung auf den Plan bringt und zum anderen in die Hauptrolle der Eva Jordan, die Female Empowerment wie keine Serienfigur vor ihr an den Tag legt.
Aus diesem Grund wollte ich es mir nicht nehmen lassen, anlässlich zum Start der dritten Staffel am 18. November mit der Frau zu sprechen, die Eva Jordan nicht nur verkörpert, sondern sie überhaupt erst so beeindruckend werden lässt: Katrin Bauerfeind. Sie ist unsere weekly heroine.
Jede Woche interviewen wir bei wmn eine Frau, die uns inspiriert und von der wir uns gerne eine Scheibe abschneiden würden. Warum Katrin Bauerfeind sich den Titel unserer wöchentlichen Heldin mehr als verdient hat? Das liest du im Interview mit ihr…
Katrin Bauerfeind: Kurz & knapp
Du hast noch nie von Katrin Bauerfeind oder von „Frau Jordan stellt gleich“ gehört? Das musst du wissen:
- Katrin Bauerfeind ist eine deutsche Journalistin, Moderatorin, Entertainerin, Autorin und Schauspielerin. Vielen ist sie vielleicht aus der Quiz-Sendung „Wer stiehlt mir die Show“ von und mit Joko Winterscheidt bekannt, in der sie regelmäßig das Finale moderiert. Andere kennen sie vielleicht aus ihrer Paraderolle der Frau Jordan.
- „Frau Jordan stellt gleich“ ist eine deutsche Comedyserie, die bereits seit zwei Staffeln auf Joyn und auf ProSieben ausgestrahlt wird. Hauptautor der Serie ist Ralf Hussmann, der bereits bei der Serie Stromberg bewies, wie trockener Bürohumor auf ein Spitzenlevel getrieben werden kann.
- Katrin Bauerfeind spielt hier die Rolle einer Gleichstellungsbeauftragten in einem Stadthaus. Ihr oberstes Ziel? Gerechtigkeit und Gleichheit von Männern und Frauen sowie von anderen Minderheiten herbeizuführen.
Pünktlich zum Beginn der dritten Staffel konnten wir ein Interview mit Katrin Bauerfeind ergattern und ihr entlocken, was das Geheimrezept der Serie ist und ob sie wirklich glaubt, mit dieser Serie etwas zu verändern…
Interview mit Katrin Bauerfeind: „Das schreit nach einer Serie über eine Gleichstellungsbeauftragte!“
wmn: Wie kam es initial dazu, dass dir die Rolle der Frau Jordan angeboten wurde? Kam Ralf Hussmann direkt auf dich zu oder gab es ein Casting?
Katrin Bauerfeind: Ich habe 2016 mein zweites Buch „Hinten sind Rezepte drin“ geschrieben mit lustigen Anekdoten, was man als Frau in Deutschland immer noch so erlebt: Geschichten, die Männern nicht passieren würden. Die Produzentin Nanni Erben kam auf mich und Ralf Hussmann, unser Headautor, der schon Stromberg geschrieben hat, zu und meinte: Deine Geschichten und zwar in einem Büro, wenn wir eure Kompetenzen zusammenschmeißen, dann schreit das doch nach einer Serie über eine Gleichstellungsbeauftragte! Fanden wir auch und los ging die Reise der Frau Jordan!
„Mein Coach hat versucht, ein Schauspielstudium in sechs Monaten in mich reinzuprügeln.“
wmn: Du spielst die Rolle der Frau Jordan mehr als überzeugend. In einem Interview mit dem Tagesspiegel aus dem Jahr 2019 meintest du, dass du unbedingt Schauspielunterricht nehmen möchtest für die Serie. Hast du den bekommen und was war dabei dein größtes Learning?
Katrin Bauerfeind: Ich bin ein großer Fan von Handwerk, ich liebe es, wenn Menschen gut in etwas sind und deswegen stehe ich auf alle Arten der Fortbildung (lacht). Ich bin in Amerika bei Ivana Chubbuck gewesen. Wegen ihr hat Halle Barry angeblich den Oscar und Brad Pitt isst in „Ocean´s Eleven“ durchgehend. Hier in Deutschland hat mein Coach dann noch versucht, ein Schauspielstudium in sechs Monaten in mich reinzuprügeln. Neben der Tatsache, dass mir das Thema wichtig war und ich die Rolle deswegen glaubhaft vermitteln wollte, ist meine Hauptmotivation gewesen, dass meine wahnsinnig guten Kolleg*innen nicht entsetzt mit mir am Set stehen und sagen: Was? Wieso geht die Bauerfeind denn nicht weiter moderieren?
„Man kann sich wiedererkennen oder sich über veralteten Kram aufregen und dabei trotzdem immer lachen.“
wmn: Was glaubst du, ist das Geheimrezept der Serie „Frau Jordan stellt gleich“?
Katrin Bauerfeind: Für mich ist es definitiv die Kombi aus einem wichtigen, gesellschaftlichen Thema und Comedyserie. Die Kombi gibt´s in Deutschland ja nichts so oft. Wir machen uns allerdings nicht über das Thema lustig, eher im Gegenteil. Der Humor entsteht dadurch, dass wir Sichtweisen und Haltungen in Charaktere packen und in teilweise wirklich passierten Situationen aufeinanderprallen lassen. Wir legen noch eine Schippe drauf und dadurch ist das sehr witzig. Man kann sich wiedererkennen oder sich über veralteten Kram aufregen und dabei trotzdem immer lachen. Ich glaube, dass das viele anspricht und Humor gerade deswegen bei gesellschaftlich relevanten Themen sehr wichtig ist.
„Mit einem Sachbuch wäre ich wahrscheinlich nicht so weit gekommen.“
wmn: Denkst du, dass die Serie Menschen erreicht und etwas ändert? Oder wird sie nur von Menschen gesehen, die in der Bubble sind und denen die Themen ohnehin wichtig sind?
Katrin Bauerfeind: Eine Freundin von mir aus Baden-Württemberg – da lebt man ja häufig noch das traditionelle Modell, also wer über 30 ist und noch kein Kind hat und nicht verheiratet ist, braucht eigentlich ein Attest bei uns – sagte: „Das ist die lustigste Serie, die ich seit Langem gesehen habe und ich hab‘ gar net gwusst, dass ich so benachteiligt bin!“ Mit einem Sachbuch wäre ich wahrscheinlich nicht so weit gekommen. Mehr kann man nicht wollen, als dass man die Menschen erreicht und vielleicht ein anderes Bewusstsein für das Thema schafft.
„Im echten Leben sind wir nie ausschließlich weise und schlagfertig oder fair…“
wmn: Wie wichtig ist es, dass auch Frau Jordan nicht perfekt ist und oft genug ins Fettnäpfchen tritt, um die wichtigen Themen der Serie voranzubringen?
Katrin Bauerfeind: Genau das macht es ja lustig. Jemandem dabei zuzusehen, wie sie mit nicht ausreichenden Mitteln versucht, sich durch´s Leben zu scheitern. Eva ist in Staffel 3 zum ersten Mal nicht mehr die Robin Hood aus´m Stadthaus und immer auf der richtigen Seite, sie liegt oft falsch und meint nur, das Richtige zu wollen. Sich für Minderheiten einsetzen, kann beispielsweise bedeuten, dass man wiederum andere Minderheiten benachteiligt. Ich mag diese Entwicklung in der Serie sehr, weil es zeigt, dass die Dinge nicht so leicht sind und auch im echten Leben sind wir nie ausschließlich weise und schlagfertig oder fair, sondern meistens ist man irgendwo dazwischen.
wmn: Wie viel Katrin Bauerfeind steckt in Frau Jordan?
Katrin Bauerfeind: Eva ist viel schlagfertiger, lustiger und mutiger als ich. Sie denkt nie an die Konsequenzen oder hat zumindest keine Angst vor ihnen. Aber sie greift natürlich auf meine Emotionen zu, insofern schlummert ja vielleicht all das auch in mir. Ich bin allerdings viel bedachter und rationaler und wahrscheinlich ist mein Leben im Vergleich zu ihrem deswegen auch nicht das absolute Chaos.
„Unser Hauptcast ist zu 85 Prozent weiblich und unser einziger Mitarbeiter ist unsere beste Feministin.“
wmn: Wird auch hinter den Kulissen genauso für Gleichstellung gekämpft? Was habt ihr anderen deutschen Produktionen vielleicht voraus?
Katrin Bauerfeind: Unser Hauptcast ist zu 85 Prozent weiblich und unser einziger Mitarbeiter ist unsere beste Feministin. Das ist schon eher eine Ausnahme. Wir bemühen uns immer ausgeglichen weibliche Autorinnen und Regisseurinnen dabei zu haben. Wir sind also absolute Überzeugungstäter und predigen vor der Kamera dasselbe wie dahinter.
wmn: In der dritten Staffel arbeitest du in einer Marketingagentur, die Frauen empowern möchte. Gibt es hier ein Thema bzw. eine Folge, die dir besonders wichtig ist und wenn ja, warum?
Katrin Bauerfeind: In Staffel 3 geht es zum Beispiel auch um das aktuelle Thema Gender Data Gap. Klimaanlagen werden häufig auf das Kälteempfinden von Männern eingestellt, Crash Test Dummies sind der männlichen Anatomie nachempfunden und Frauen verunfallen deshalb häufig schwerer. Medikamente werden an Männern getestet und Dosierungen sind für Frauen meist zu hoch. Ich find´s wichtig darauf aufmerksam zu machen.
„Ich hab das Gefühl, wir hätten da noch eine Menge zu beizutragen.“
wmn: Was wünschst du dir für die Zukunft bezogen auf Frau Jordan stellt gleich? Eine vierte, fünfte und sechste Staffel?
Katrin Bauerfeind: Von mir aus wahnsinnig gerne. Das Thema ist aktuell und wichtig. Als wir angefangen haben, gab es noch kein #BlackLivesMatter und noch kein #FridaysforFuture. Bei all diesen Themen gibt es viel Bewegung und ich hab das Gefühl, wir hätten da noch eine Menge zu beizutragen. Eva Jordan ist jedenfalls bereit!
wmn: Und wir sind bereit für Eva Jordan! Liebe Katrin, vielen lieben Dank für dieses Interview!
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