„Nur 2 % der Songs in den Billboardcharts wurden von Frauen produziert, dafür verdienen sie dann aber auch teilweise bis zu 30 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Traurig für die Musikbranche und 100 % kacke“, brüllt Carolin Kebekus im letzten Sommer in ihrer Show über dröhnende Rockmusik hinweg.
Diese Szene war Teil eines Stücks, welches Frauen in der Musikbranche thematisierte. Daraus erwachsen ist etwas noch viel Größeres, – und zwar das DCKS Festival, welches mit einem rein weiblichen Line-up auftrumpft. Carolin Kebekus hostet das Festival und beweist damit, dass sie Feminismus nicht nur humorvoll verpacken, sondern auch tatsächlich anpacken möchte. Aus diesem Grund ist sie unsere weekly heroine.
Bei wmn verleihen wir jede Woche einer Frau den Titel unserer wöchentlichen Heldin, die uns inspiriert und empowert. Pünktlich zum Weltfrauentag am 8. März konnten wir es uns nicht nehmen lassen, mit Carolin Kebekus eine Frau zu erwählen, die, man kann es nicht anders sagen, ein humoristisch feministisches Genie ist.
Carolin Kebekus – kurz & knapp
Du hast noch nie von Carolin Kebekus gehört? Ich könnte dich nun fragen, ob du hinter dem Mond lebst oder keinen Fernseher hast. Stattdessen gebe ich dir alle wichtigen Fakten über sie auf die Schnelle:
- Carolin Kebekus wurde 1980 geboren.
- Nach dem Abitur absolvierte sie ein Praktikum bei den „RTL Freitag Nacht News“ und starte damit in eine fulminante Karriere in der Medien- und Fernsehlandschaft.
- In ihrer Laufbahn sprang sie bereits als Schauspielerin für diverse Rollen ein, ist Stand-up-Komikerin, Synchronsprecherin, Moderatorin, Sängerin und Produzentin.
- Und das mit Erfolg! So gewann sie beispielsweise bereits fünfmal hintereinander den „Deutschen Comedypreis“.
- Ab Frühjahr 2022 sieht man sie wieder regelmäßig in der „Carolin Kebekus Show“ im Ersten. Hier zeigt sie ihren ganz eigenen Blick auf die Welt und lädt regelmäßig andere prominente Gäst:innen ein.
Wir konnten mit Carolin ein Interview am Telefon ergattern. Hier sprach sie mit uns über ihr derzeitiges Herzensprojekt: das DCKS Festival, welches am 6. Juni in Köln stattfindet.
„Ich glaube, dass Humor in allen Lebenslagen hilft.“
wmn: Du bist Komikerin, Schauspielerin, Moderatorin und bekennende Feministin. Wie wichtig ist es deiner Meinung nach, dass man dem Thema Feminismus mit Humor begegnet?
Carolin Kebekus: Ich glaube, dass Humor in allen Lebenslagen hilft. Es bringt Missstände der Gesellschaft so auf den Punkt, dass man drüber lachen kann und dann wird einem oft direkt klar, was eigentlich das Absurde daran ist. Gerade im Feminismus ist es so. Wenn man sich damit beschäftigt, was es beispielsweise noch für Gesetze gibt, die Frauen benachteiligen, dann ist da einfach wahnsinnig viel Komik drin, weil es so absurd ist.
wmn: Besonders sympathisch finde ich, dass du die Probleme nicht nur ansprichst, sondern auch versuchst, sie zu lösen. Das beste Beispiel dafür ist das DCKS Festival. Erklär mal, wie es dazu kam, dass du ein völlig ernst gemeintes Festival hostest, welches mit einem rein weiblichen Lineup auftrumpft?
Carolin Kebekus: Wir haben in der „Carolin Kebekus Show“ ein Stück über Sexismus in der Musikindustrie gemacht. Als wir uns dafür die Besetzung von Festivals angesehen haben, ist uns die schwindend geringe Zahl von Frauen aufgefallen. Hier ist vielleicht mal eine an der Gitarre dabei.
Mal ganz davon abgesehen, dass man Female Fronted Bands wirklich mit der Lupe sucht! Der letzte Female Fronted Headliner bei Rock am Ring beispielsweise war Wir sind Helden – und das war 2005. Und die sind auch nur eingeladen worden, weil Limp Bizkit abgesagt hat.
Es ist aber so, dass das auffällt. Nicht nur uns, sondern auch anderen. Wie in meiner Branche hört man aber oft: „Wir würden ja gerne, es gibt aber keine Frauen.“ Oder: „Es gibt nicht diese erfolgreiche Frauenband, die uns so viele Tickets verkauft, dass wir die als Headliner anstellen können.“ Dann muss ich aber zurückfragen: „Aber wieso gibt es die denn nicht, wenn es denn alle wollen?“
„Lustigerweise hat dann unser Produzent die Idee gehabt, das echt zu machen.“
In der Vorbereitung auf das Sexismus-Stück in unserer Sendung haben wir dann den Witz gemacht, dass man mal ein reines Frauenfestival machen müsste – und das würde man dann Ring am Rock nennen. Lustigerweise hat dann unser Produzent die Idee gehabt, das echt zu machen. Seitdem arbeiten wir wie wild an diesem Festival und bekommen wahnsinnig viele Bewerbungen. So viel zum Thema, es gäbe nicht genug weibliche Bands, um Festival-Lineups zu füllen!
Die Frauen, die wir im Line-up haben – LEA, LUNA, Mine, Annie Chops oder die NoAngels – das sind alles Frauen, die bereits auf Festivals spielen. Aber bislang war es so, dass wenn ein weiblicher Act irgendwo auftrat, dann keine andere weibliche Band mehr dort spielte. Wir wollen mit dem DCKS Festival der Anstoß dafür sein, dass man erkennt, was für fantastische Künstlerinnen das sind und dass die nebeneinander stattfinden können. Es ist Platz für alle da, man muss ihn nur anbieten.
„Im besten Fall entwickelt sich dieses Festival zu etwas ganz Großem“
wmn: Wie wichtig ist es euch, dass Newcomerinnen auf eurem Festival stattfinden?
Carolin Kebekus: Für die Newcomerinnen ist es wichtig, dass man sich ein Publikum erspielen kann. Dass man eine Fläche bekommt, wo man sich präsentieren darf, wo man wachsen, besser werden und wo man üben kann. Ich glaube, dass es wahnsinnig viele Künstlerinnen gibt, die einfach noch nicht die Möglichkeit dafür bekommen haben. Und im besten Fall entwickelt sich dieses Festival zu etwas ganz Großem und dann haben wir jedes Jahr eine Reihe von ganz tollen Newcomerinnen!
„So nach dem Motto: Wenn eine Frau groß ist, dann reicht es auch.“
wmn: Als du das Festival im letzten Sommer in deiner Sendung angekündigt hast, hast du einige Fakten und Zahlen vorgetragen, die aufzeigen, wie schlecht es in Sachen Gleichberechtigung in der Musikbranche steht. Gab es für dich einen Fakt, der dich bis heute am meisten ärgert?
Carolin Kebekus: In den Billboardcharts sind nur 20 % Frauen. Leute vom Fach sagen dann: „Aber es gibt doch Rihanna und Beyoncé.“ Diese großen Namen nehmen gefühlt so wahnsinnig viel Platz ein, dass man denkt, es gäbe genug.
So nach dem Motto: Wenn eine Frau groß ist, dann reicht es auch. Die gilt dann für zehn. Das ist auch in vielen anderen Branchen so. Bei der ARD im Comedybereich da gibt’s ja die Kebekus und die Kroymann. Aber dass wir zusammen im letzten Jahr nur zwölf Sendungen hatten, das spielt dann keine Rolle.
„Wir wollen niemanden belehren oder das wie ein Charityevent aufziehen“
wmn: Auf dem DCKS Festival werden nicht nur Musikerinnen auftreten, sondern es wird auch Talks sowie Auftritte von Komikerinnen wie Hazel Brugger und Laura Larsson geben. Warum war euch das bei der Planung ein Anliegen?
Carolin Kebekus: Wir wollen in erster Linie ein gutes Festival machen und dass die Leute da rausgehen und einen super Abend hatten. Wir wollen niemanden belehren oder das wie ein Charityevent aufziehen, bei dem wir alle betroffen darüber quatschen, wie wenig Frauen stattfinden.
Wir wollen das Thema natürlich auch lustig angehen und uns Künstler:innen ansehen, die erfolgreich sind und die fragen, wie sie das erreicht haben. Wir wollen also gutes Entertainment, aber wir wollen eben auch das Problem ansprechen und Lösungen aufzeigen, wie man die Situation verbessern kann.
„Feminismus bringt uns allen etwas.“
wmn: Männer sind ausdrücklich erwünscht, „dieses Mal jedoch halt nur im Publikum“ heißt es in der Pressemitteilung zum DCKS Festival. Wie wichtig ist es dir, das zu betonen? Sollten deiner Meinung nach mehr Männer den Feminismus unterstützen?
Carolin Kebekus: Feminismus bringt uns allen etwas. Wenn sich beispielsweise die Arbeitsbedingungen für Männer ändern, dann freuen sich auch alle meine Freunde, die Väter sind, dass sie ihre Kinder häufiger sehen.
Mir ist dieses Festival so wichtig, weil uns Frauen so wenig Vielfalt zugetraut wird. Dass es oft reicht, eine Frau zu besetzen. Auch in meiner Branche. Wenn es beispielsweise ein Line-up mit Comedians gibt, gibt es häufig nur eine Frau und dann hat man das Genre Frau bedient.
Aber dass wir ganz unterschiedlich sind und dass wir eine große Bandbreite von künstlerischen Stilrichtungen präsentieren und eben so vielseitig sind, dass wir einen ganzen Abend als Festival gestemmt bekommen, ohne dass wir es Ladies Night nennen müssen, das finde ich wichtig abzubilden.
„Ich freue mich darauf, Synergien zu schaffen, die wirklich etwas verändern!“
wmn: Bleibt nur noch zu fragen, was du dir von diesem Festival erhoffst und worauf du dich am meisten freust, außer einem guten Handbrot versteht sich?
Carolin Kebekus: Ich freue mich auf alle Auftritte, aber ich liebe es vor allem, Menschen miteinander zu verbinden. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wer sich da alles kennenlernen wird und auch, was hinter der Bühne passieren und wie man sich da vernetzen wird.
Und ich habe so viele Rückmeldungen bekommen, die gerne mit uns daran arbeiten und auch wirklich was verändern wollen. Ich freue mich darauf, Synergien zu schaffen, die wirklich etwas verändern! Letzten Endes sehne ich mich auch einfach danach, mit allen Künstlerinnen und dem Publikum nach zwei Jahren Festivalpause zu feiern, zu tanzen und eine gute Zeit zu haben.
wmn: Auch wir von wmn sind absolut begeistert und freuen uns schon heute auf das DCKS Festival am 6. Juni am Tanzbrunnen in Köln!
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