Am 2. Januar lag ich leicht verkatert im Bett und fasste einen Entschluss: Von jetzt an trinke ich für einen Monat keinen Alkohol mehr. Als der erste Monat vorbei war, hing ich mal eben zwei weitere ran. Heute blicke ich auf über drei alkoholfreie Monate zurück – und möchte diese gerne Revue passieren lassen. In diesem Artikel erfährst du, welche wichtigen Erkenntnisse ich binnen der letzten drei Monate dank meines Alkoholverzichts gewinnen konnte.
1 Monat, 3 Monate, 1 Jahr ohne Alkohol
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Auf meinen Lieblingswein zu verzichten, fällt mir keineswegs leicht. Und doch war das mit dem Alkoholverzicht wohl eine der besten Entscheidungen überhaupt. Andernfalls hätte ich nie verstanden, welch gigantische Auswirkungen Alkohol bereits auf mein Denken sowie auf meine Gesundheit hatte.
Meine Reise begann mit dem Dry January, wenn ich auch schon in Woche eins den Entschluss fasste, drei Monate auf Alkohol zu verzichten. Und nun, nach über drei Monaten weiß ich: Das Jahr bekomme ich auch noch voll. Wobei ich meine Abstinenz immer weniger als Verzicht verstehe, sondern als Gewinn neuer Lebensqualität. Wie ich das meine, erkläre ich dir gleich. Lass mich dir zuvor jedoch erklären, was so ein Alkoholverzicht theoretisch vermag…
Alkoholverzicht – Warum zur Hölle sollte man das tun?
Alkohol gehört zum deutschen Kulturgut und wird von vielen fast schon als Grundnahrungsmittel gehandelt. All das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Alkohol zugleich eine der gefährlichsten Drogen der Welt ist. Und das sage ich übrigens nicht so dahin. Das zeigt eine Studie, die einst David Nutt durchführte.
Der Psychiater und Psychopharmakologe untersuchte 20 der häufigsten Drogen, darunter auch Heroin, Crack, Meth, Tabak und Alkohol. Im Ergebnis stellte Nutt zu seiner eigenen Überraschung fest, dass Alkohol mit Abstand die schädlichste Droge von allen ist. Er bezog nämlich nicht nur den Schaden auf die eigene Person (Gesundheit, Psyche und Umfeld), sondern auch auf die Wirtschaft mit ein.
Die deutsche Sobriety Aktivistin Nathalie Stüben schreibt dazu in ihrem Buch Ohne Alkohol die beste Entscheidung meines Lebens: „Das gigantische Ausmaß an Zerstörung, das Alkoholkonsum anrichtet, entsteht dadurch, dass so viele Menschen so viel trinken. Weil sie seine Gefahren nicht erkennen oder unterschätzen. Weil sie ihn nicht als Rauschgift betrachten, sondern als Genussmittel. Es ist dieser unreflektierte, massenhafte Konsum, der so einen immensen Kollateralschaden nach sich zieht. In der westlichen Welt sorgt keine andere Droge für so viel Leid, so viel Tod, so viel Schmerz, so viel Krankheit und so viele verpfuschte Leben wie Alkohol.“
Stübens Worte zeigen eindrücklich, dass unser lascher Umgang mit dem Alkohol das Hauptproblem ist. Was viele vergessen, die an ihrem Wein abendlichen nippen, ist nämlich, dass sie ihrem Körper Gift zuführen. Richtig gelesen, Ethanol ist ein Gift, welches im Übrigen auch als Kraftstoff genutzt wird. Wein schmeckt zwar besser, hat deswegen aber nicht weniger gesundheitliche Folgen. So sagt selbst die Weltgesundheitsorganisation, kurz WHO, mittlerweile, dass es keinen „unbedenklichen Alkoholkonsum“ gibt.
Das passiert theoretisch im Körper, wenn man auf Alkohol verzichtet
Mit diesem Wissen im Kopf musste ich mich fragen: Ist es normal, dass ich Wein zu jedem Restaurantbesuch beim Italiener trinke? Dass ich keine Party ohne Bier bestreiten kann? Und dass ich auch allein in der Badewanne einen Drink genieße? Während meines ersten Monats Alkoholverzicht wurde mir klar: Nein, das ist nicht normal. Wie problematisch das sogar ist, sollten mir bald schon mein Körper und meine Psyche zeigen, die sich vom Alkohol freimachten.
In der Forschung heißt es, dass bereits nach zwei Wochen Alkoholverzicht erste wahrnehmbare Veränderungen stattfinden. Immer in Bezug auf das vorangegangene Trinkverhalten, versteht sich. So soll sich unter anderem die geistige Leistungsfähigkeit sowie das Immunsystem verbessern. Zudem wird Stress abgebaut und der Schlaf verbessert sich.
Weiterlesen: Erfahre hier, wie sich Alkohol auf deinen Schlaf auswirkt und warum du mit Alkohol Stress nicht reduzierst, sondern sogar verschlimmerst.
Nach vier Wochen senkt sich der Blutdruck auf ein Normalniveau, das Hautbild verbessert sich und man verspürt allgemein mehr Energie. Nach sechs Wochen verbessern sich auch die Blutwerte und auch im Geldbeutel macht sich der Alkoholverzicht bemerkbar.
Nach drei Monaten ohne Alkohol soll man theoretisch geistig klarer sein, ein besseres Körpergefühl und Selbstbewusstsein haben, von einer erhöhten Libido profitieren und emotional stabiler werden. Zudem ist man motivierter und entwickelt sogar langsam Spaß an der Abstinenz.
Der praktische Alkoholverzicht – So fühlen sich drei abstinente Monate an
Lasse ich die letzten drei Monate Revue passieren, fällt mir vor allem ein Wort ein: Gefühlsachterbahn. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, was mein Körper und mein Geist alles durchmachen, wenn ich aufhöre zu trinken – dabei trank ich längst nicht täglich und habe mich seit Jahren nicht mehr völlig abschossen. Ich trank mal zum Feierabend und zum Essen zwei Gläser Wein. Am Wochenende dazu auch mal einen Negroni oder Gin Tonic.
Dass das nichtsdestotrotz zu viel ist, meint nicht nur die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Bereits die ersten Tage meines Alkoholverzichts wurde mir klar, dass ich diesen Stoff viel zu lange auf die leichte Schulter nahm.
Nice to know: Das BZgA meint, dass ein risikoarmer Umgang mit Alkohol so aussieht, dass Männer nicht mehr als 24 Gramm Reinalkohol pro Tag (einviertel Liter Wein) und Frauen nicht mehr als die Hälfte trinken sollten. Zudem sollte an zwei Tagen der Woche eine Alkoholpause eingelegt werden.
Zuerst fielen mir Verbesserungen meines Schlafs auf. Endlich schlief ich die Nächte wieder durch. In der Folge war ich tags darauf weniger gereizt und fitter. Zudem stellte ich fest, dass ich viel mehr Energie habe. Mit dieser Energie aber auch viel mehr tobende Gedanken.
„Ich wusste nicht, wohin mit mir“
Tatsächlich wusste ich die erste Zeit gar nicht, wohin mit mir. Entspannte ich mich zuvor mit einem Glas Wein nach der Arbeit, stand ich nun auf 180 in der Küche und wusste nicht, wie ich bei einem Glas Mineralwasser zur Ruhe kommen soll. In meinem Kopf wollten die Gedanken und Ängste nicht stehen bleiben.
Ich wusste: Wein war nicht die Antwort auf meine Probleme. Ich suchte also nach anderen Möglichkeiten, runterzukommen. Abends las ich Bücher, meditierte, ging häufiger Laufen, stieg mit einer Serie in die Badewanne und schrieb Tagebuch, wenn meine Gedanken mich zu überwältigen versuchten.
Wenn ich ehrlich bin, war der erste Monat ohne Alkohol die Hölle. Ich fragte mich permanent, wie man Spaß haben soll ohne Alkohol und war in meinen Gedankenkarussellen gefangen, die so laut waren wie nie, da ich sie schlicht nicht mehr betäuben konnte.
Je mehr Zeit verstrich, desto stolzer wurde ich allerdings auf mich. Und desto leichter fiel mehr der Verzicht. Zudem zeigte mir eine Abstinenz-App an, wie viel Geld ich bereits gespart habe und wie sich meine Gesundheit jeden Tag verbessert.
127 € und eine wichtige Erkenntnis reicher
Heute nach drei Monaten und neun Tagen Alkoholverzicht habe ich bereits 141 € gespart. Heute sind meine Gedanken leiser, dafür aber auch umso klarer. Heute fühle ich mit topfit, habe ohne Ende Energie, mache seltener Mittagsschläfchen, habe abgenommen, halte beim Laufen länger durch, blicke positiv in die Zukunft, habe strahlende Haut, fühle mich gesund, habe seltener Kopfschmerzen, mehr Zeit und kann meinen Stress sehr viel besser managen.
Ich habe mich davon verabschiedet, dass man Alkohol braucht. Braucht, um herunterzukommen. Braucht, um Spaß zu haben. Braucht, weil alle ihn trinken. Trinken andere ein Bier, nippe ich an meiner Cola oder an meiner Rhabarber-Schorle. Und trotzdem habe ich einen verdammt guten Abend. Vielleicht sogar einen besseren als früher, da ich weiß, dass ich den kommenden Tag voll auskosten kann – ohne auch nur den Funken eines Katers zu verspüren.
Diese drei Monate Alkoholverzicht haben mich mir nähergebracht. Sie machen mich stolz. Nicht nur, weil ich an einem Ziel dranbleibe, sondern vor allem, weil ich mich dabei permanent reflektiere und vieles über mich lernen konnte.
Ich weiß nun, welche Macht Alkohol längst über mich hatte. Seit jeher entsagte ich anderen Drogen wie Cannabis und ließ erst recht die Hände von chemischen Substanzen, aus Angst, ich könnte die Kontrolle verlieren. Ich griff stattdessen zum Alkohol und redete mir ein, dass das eine Droge sei, die sich besser kontrollieren ließe. Wie falsch ich doch lag.
Heute weiß ich, dass nicht ich den Alkohol zu meinen Gunsten nutzte, sondern der Alkohol mich trotz meines überschaubaren Konsums längst in der Hand hatte. Schlicht, weil er mir mehr nahm, als mir zu geben. Er nahm mir Energie, Freiheit und klare Gedanken. Diese Zeiten sind jetzt vorbei!
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