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Our weekly heroine: Silvi Carlsson

Silvi Carlsson: „Wenn ich sauer bin, dann gehe ich erstmal meine Cellulite fotografieren.“

Silvi Carlsson
Silvi ist Feministin, aber Männer hasst sie keineswegs. Foto: Denise Eltling /

Jede Woche küren wir bei wmn eine Frau, die unser Leben bereichert und uns inspiriert. Wir wollen Frauen eine Bühne geben, von denen wir und die Gesellschaft sich noch eine Scheibe abschneiden können. Diese Woche haben wir mit Silvi Carlsson gesprochen.

Silvi Carlsson, kurz und knapp

  • Silvi Carlsson ist irgendwie alles: Youtuberin, Sängerin, Influencer, Songwriterin, und Youtuberin. Ihre Message: Female Empowerment.
  • Ihre Videos auf Youtube sorgen bei ihren Fans für den einen oder anderen Lacher. Sie regen aber auch zum Nachdenken an und bringen uns oft in die Situation, uns selbst einmal grundlegend zu hinterfragen.
  • Silvi leidet unter der Krankheit Lipödem, einer Fettverteilungsstörung, die bei ihr bereits operativ behandelt wird. Sie spricht auf Social Media sehr offen über ihren Leidensweg.
  • Silvi singt: Ihre neue Single Perseiden kam erst Anfang des Monats auf den Markt.

Silvi Carlsson
Silvi Carlsson: Dieses Foto ist beim Videodreh zu ihrem neuen Song „Perseiden“ entstanden.(Photo: Denise Eltling)

Silvi Carlsson im Interview über Feminismus & Körperliebe

Silvi will mit ihren Texten und Inhalten Frauen empowern und die Feminismusbewegung fördern. Was Feminismus für sie bedeutet und wie sie ihn auslebt, hat sie mit uns im Interview besprochen.

wmn: Du schreibst in deiner Bio auf Instagram, dass du Feministin bist. Was bedeutet Feminismus für dich eigentlich?

Silvi: Für mich ist der Feminismus die Bewegung, die für Gleichberechtigung zwischen Männern, Frauen und allen anderen Geschlechtern einsteht. Wir leben leider in einer Welt, in der Männer strukturell Vorteile genießen. 

Das ist überhaupt nicht wertend gemeint, denn sie wurden wie wir alle nur in diese Welt hineingeboren. Es hätte ja auch anders kommen können: Die Frauen hätten gesellschaftlich bevorteilt werden können. Dann würden wir heute vielleicht nicht für den Feminismus einstehen, sondern eher für Maskulinismus.

Aber die Situation haben wir gerade eben nicht und deswegen ist Feminismus eine sehr wichtige Bewegung.

wmn: Was macht dich im Alltag zu einer Feministin?

Silvi: Im Alltag geht es nicht darum, Männer zu hassen, sondern erst einmal Frauen auf die gleiche Stufe zu bringen. Es fängt bei den banalsten Dingen an, die wir vielleicht gar nicht unbedingt mitbekommen:

Zum Beispiel ist es in der Medizin Gang und Gebe, mehr männliche Tiere zu Testzwecken zu nutzen, weil die Weibchen mit ihren allmonatlichen Hormonschwankungen einfach viel zu kompliziert sind. Da entstehen natürlich ganz andere Nebenwirkungen bei Frauen als bei Männern. Oder die Anschnallgurte im Auto wurden lange Zeit am Beispiel männlicher Crash Test Dummies produziert. Frauen haben deswegen ein höheres Risiko bei einem Autounfall verletzt zu werden.

Silvi Carlsson
Silvi Carlsson hat mit uns über Körperbilder und Feminismus gesprochen.(Photo: Denise Eltling)

wmn: Hattest du schon einmal was mit Alltagssexismus zutun?

Ich denke jede Frau wird schon einmal auf die eine oder andere Weise mit Alltagssexismus konfrontiert worden sein. Ob es ein Dick Pic war oder einfach eine blöde Anmache. Als ich damals eine Wohnung mit meinem Freund gesucht habe, hat der Vermieter mir gesagt, dass er kein Laminat verlegen will, weil ich den mit meinen Stöckelschuhen nur kaputtmachen würde.
Ich besitze nicht einmal Stöckelschuhe, aber für ihn war klar: Frau gleich Stöckelschuh.

Beim Arbeiten ist es noch gravierender. Ich hatte schon oft die Situation, dass mir für einen Job von vornherein weniger Geld angeboten wurde als einem Mann. In der gleichen Position und der gleichen Qualifikation. Das ist einfach nicht fair.

wmn: Kennst du Männer, die sich für Feminismus einsetzen?

Silvi: Ich kenne viele Männer, die zuhören und das Thema ernst nehmen. Viele haben heute verstanden, dass Dinge wie victim blaming passieren und wir in einer sehr misogynen Gesellschaft leben, in der selbst Frauen sich oft gegenseitig nichts gönnen. Das Ideal ist einfach immer noch der Mann in der Gesellschaft.

Wahrscheinlich haben alle Frauen schon die eine oder andere Erfahrung mit Belästigung gemacht. Sich zu trauen, etwas zu sagen, tun aber nur die wenigsten.

wmn: Du sagst, wir leben in einer misogynen Gesellschaft und du hast ja berufsbedingt viel mit anderen Frauen zutun. Bist du selbst unter Influencern schon einmal in die Position gekommen, dass Ellbogen ausgefahren wurden und Stutenbissigkeit herrschte? Oder ist da wirklich alles Friede Freude Eierkuchen?

Silvi Carlsson
Stutenbissigkeit unter Influencern ist für Silvi nichts Neues.(Photo: Denise Eltling)

Silivi: Ich habe gar nicht so viel mit anderen Influencern zutun, weil es eben nicht so eine heile Welt ist, wie es nach außen immer aussieht. Mit meinen Freunden ist das ganz anders. Wir gönnen uns jeden Erfolg und helfen uns über jeden Misserfolg hinweg.

Von der Gesellschaft wird aber leider noch immer vorgegeben, wer wir als Frauen sein müssen. Von Frauen wird oft erwartet, dass sie genau diese Klischees erfüllen. Frauen fühlen sich so dazu verpflichtet, schön zu sein und wir definieren unsere Stellung in der Gesellschaft oft noch immer dadurch, wie viel wir wiegen und wie wir aussehen. Männer definieren ihre Stellung mehr über ihre eigenen Fähigkeiten und weniger über das Aussehen.

wmn: Im Moment wird ja versucht, diese Ideale mit der Body Positivity Bewegung wettzumachen. Und das machst du ja mit deinen Fotos und Videos ähnlich…

Silvi: Body Positivity ist ein sehr schwieriger Begriff. Ich nutze den Hashtag schon seit fast zwei Jahren nicht mehr. Das liegt daran, dass er ursprünglich für solche Frauen vorbehalten war, die tatsächlich körperlich eingeschränkt sind. Die beispielsweise eine Behinderung haben oder sehr stark übergewichtig sind. Diese Frauen benötigen ihren eigenen Space, denn sie werden an jeder Ecke strukturell diskriminiert.

Der Hashtag hat so eine große Aufmerksamkeit bekommen, dass er den Leuten Platz wegnimmt, die ihn eigentlich viel mehr brauchen.

wmn: Body Positivity ist also eigentlich nur ein Trend für dich. Auf Social Media promotest du ja auch deine kleinen körperlichen “Makel”. Ist das kein Body Positivity?

Silvi: Ich bin mittlerweile ein Fan von dem Wort Körper Neutralität. Denn es sollte doch eigentlich komplett egal sein, wie wir aussehen. Wir sind immer genau gleich viel wert. Es ist egal, ob ich die ideale Stupsnase habe oder was auch immer gerade angesagt ist.

Die Ideale ändern sich ohnehin immer wieder. Hauptsache, wir fühlen uns wohl. Und wir können uns nur dann wohlfühlen, wenn wir dem Ganzen nicht so viel Wert beimessen.

Ich begrüße es total, dass mich jetzt immer mehr Bilder von Frauen mit nicht ganz perfekten Körpern erreichen. Bei mir ist es zum Running Gag geworden, meine Cellulite zu fotografieren. Ich fände es so schön, wenn der Trend sich festsetzen würde, dass “Makel” präsentiert werden, um diesen ganzen Perfektionismus mal da rauszunehmen. Vor allem, weil es ja eigentlich keine Makel sind, sondern ganz normale Körpereigenschaften.

Wenn ich sauer bin, dann gehe ich erstmal meine Cellulite fotografieren.

– Silvi Carlsson

wmn: Hast du es geschafft, deinem Körper komplett neutral gegenüber zu stehen?

Silvi: Die meiste Zeit schon. Aber ich bin trotzdem Teil der Gesellschaft und auch mir passiert es, dass ich mit mir selbst nicht ganz zufrieden bin und mich mit anderen vergleiche. 

In diesen Situationen versuche ich mir darüber bewusst zu werden, dass ich bereits so viel an mir gearbeitet habe und mein Blickwinkel eigentlich ein ganz anderer ist: Ich bin glücklich, wenn mein Körper funktioniert und das tut was er soll.

wmn: Da kannst du sicher ein ein Liedchen von singen. Du hast dir vor wenigen Monaten erst viel krankhaftes Fett an den Beinen absaugen lassen, da du die Krankheit Lipödem hast. Inwiefern begegnest du deinem Körper seither anders?

Silvi: Mein Körper funktioniert noch immer nicht zu 100% und ich habe noch einige Ops vor mir. Ich hatte am meisten damit zu kämpfen, dass mein Körper sich mit den OPs verändern wird. Immerhin war ich gerade so zufrieden mit mir und hatte meinen Körper gerade erst so akzeptiert, wie er war. Deswegen war es auch ein riesiger Schritt für mich, mich tatsächlich für diese Operation zu entscheiden. Ich hatte zwar gelernt, ihn zu lieben, wie er war, aber ich wusste eben auch, dass er krank war.

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So eine Lipödem-Operation ist offensichtlich kein Pappenstiel.

wmn: Auch wenn dein Körper nach den OPs verspricht schlanker und “schöner” zu werden?

Silvi: Nicht ins Schönheitsideal passt. Denn es bleiben Narben, Einstichstellen und hängende Haut übrig. Man hat danach nicht den perfekt gesellschaftlich akzeptierten Körper.

 Man ist kein Opfer, solange man sich nicht zu einem macht.

– Silvi Carlsson

wmn: Es muss echt heftig sein, diese OPs und die Schmerzen danach durchzumachen. 

Silvi: Ich will mich auf keinen Fall in eine Opferrolle hineinbringen. Keiner soll mich bemitleiden, denn ich finde, man ist kein Opfer, solange man sich nicht zu einem macht. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Manche haben Größere und manche haben kleinere.

Was man sich merken muss ist: Was auch immer kommt, man kommt damit klar. Man muss es eben nur genug wollen.

Übrigens! In unserem Podcast Wein & Weiber von wmn.de verziefen wir das Thema Feminismus und Nackheit noch einmal. 

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