Anfang des Jahres wurde das Bürgergeld um 12 Prozent angehoben. So liegt der Regelsatz für Einzelpersonen seit Januar bei 563 Euro. Viele fürchten, dass die Anhebung noch weniger Anreize liefert, um eine Arbeit aufzunehmen. Ob die Erhöhung des Bürgergeld wirklich die Anreize zum Arbeiten senkt, zeigt nun eine neue Studie.
Senkt das Bürgergeld die Anreize zum Arbeiten?
Lohnt sich das Arbeiten noch? Seit der Einführung des Bürgergelds im Januar 2023 steht diese Frage ständig zur Diskussion. Der Ökonom Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat sich nun eben mit dieser Frage beschäftigt und liefert mit seinen Studienergebnissen endlich Klarheit, über die zuerst die Süddeutsche Zeitung berichtet hatte.
Die Studie stellt fest, dass die Zahl der Personen, die nach Einführung des Bürgergelds eine Beschäftigung aufgenommen haben, um 5,7 Prozent gesunken ist. „Wenn man das auf ein Jahr hochrechnet, dann ergibt das so rund 30.000 Arbeitsaufnahmen weniger“, so Weber. Insgesamt ist die Rate der Jobaufnahmen um 20 Prozent zurückgegangen.
Doch diesen Umstand führt der Ökonom nicht allein auf das Bürgergeld zurück. Als Hauptursache identifiziert die Studie der deutliche Wirtschaftsabschwung. Auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über Sanktionen im Rahmen der früheren Hartz-IV-Regelung sowie die vorübergehende Aussetzung der Sanktionen während der Bürgergeld-Reform hätten deutliche Auswirkungen gezeigt.
Obwohl er die niedrigen Arbeitsaufnahmen kritisiert, unterstützt Weber das Konzept des Bürgergelds. „Man sollte sich jetzt nicht vollständig vom Bürgergeld abkehren, denn die Reform verfolgt ja wirklich richtige Ziele, also auf Qualifizierung und eine nachhaltige berufliche Entwicklung zu setzen. Aber wir sehen, die Arbeitsaufnahmen sind zu niedrig.“
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Weitere Studien für detaillierte Aussagen notwendig
Weber betonte, dass zur umfassenden Bewertung der Bürgergeld-Reform weitere Studien erforderlich wären, die die verschiedenen Reformkomponenten im Detail analysieren. Dennoch könnten bereits erste Schritte unternommen werden, um die Beschäftigungsaufnahme zu fördern.
„Zum Beispiel kann man zwar nicht unbedingt gleich auf die 100 Prozent Sanktion springen, aber vielleicht etwas länger sanktionieren, um da die Verbindlichkeit zu erhöhen oder auch die Arbeitsanreize erhöhen, indem man nämlich einen besseren Zuverdienst in Bürgergeld und Wohngeld schafft von circa 30 Prozent Selbstbehalt, und zwar durchgängig“, erläuterte der Arbeitsmarktforscher.
In Deutschland gibt es knapp eine Millionen Langzeitarbeitslose
Die Langzeitarbeitslosigkeit ist ein herausragendes Problem auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Trotz vieler offener Stellen und Klagen über Arbeitskräftemangel sind fast eine Million Menschen seit über einem Jahr ohne Arbeit. Viele dieser Langzeitarbeitslosen sind älter und haben oft veraltete Qualifikationen. Die Bewältigung dieser Probleme erfordert gezielte Maßnahmen, um diese Menschen zurück in Beschäftigung zu bringen.
Weber betonte, dass der Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit ein ausgewogenes Vorgehen erfordert. Im Falle von Sanktionen sollten diese eher über längere Zeiträume verhängt werden, anstatt übermäßig streng zu sein. Es wäre auch nicht sinnvoll, eine Diskrepanz zwischen Vermittlung und Weiterbildung entstehen zu lassen. „Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen, erfordert einen langen Atem“, betont Weber.