Normalerweise testen wir bei der wmn sexperience jede Woche eine andere Stellung aus dem Kamasutra. Diese Woche nicht, denn ich will über lesbischen Sex reden. Denn leider haben viele Heteros oder Newbies davon noch immer eine völlig falsche Vorstellung, weil er in Pornos und Filmen nicht realistisch dargestellt wird. Das Problem hatte ich ebenfalls vor meinem Coming-out. Deswegen decke ich heute die sieben größten Mythen über Lesbensex auf und erkläre, wie es wirklich ist!
Das solltest du vorher über lesbischen Sex wissen
Zuallererst ist es mir wichtig zu erwähnen, dass der Begriff „Lesbensex“ nicht unbedingt zwei lesbische Frauen beinhalten muss. Es können auch Frauen untereinander Sex haben, die sich als bisexuell, pan oder einfach als queer identifizieren. Nicht jede Frau ist sich auch über ihre Sexualität bewusst. Du kannst dich auch als Hetero identifizieren und trotzdem den Wunsch haben, mit Frauen zu schlafen.
Das ist alles vollkommen okay und absolut valide. Zudem gibt es nicht nur Cis-Frauen (Frauen, die sich mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, identifizieren), sondern auch Trans-Frauen, die natürlich ebenfalls Sex mit anderen Frauen haben können.
Viele Frauen (und auch Männer), die vorher noch nie Sex mit anderen Frauen hatten, haben eine völlig falsche Vorstellung von queerem Sex unter Frauen. Mainstream-Pornos sind meistens für heterosexuelle Cis-Männer produziert und genauso sieht er auch aus. Allerdings kommt so eine schlechte Repräsentation und ein falsches Bild zustande, was von der LGBTQIA-Community berechtigterweise kritisiert wird.
1. Lesben haben keinen Penetrationssex
Eine Sache bei Sex unter Cis-Frauen ist offensichtlich: Das männliche Geschlechtsteil gibt es nicht. Daher gehen viele davon aus, dass es keinen penetrativen Sex gibt. Andere denken wiederum, dass immer ein Strap-On Dildo als Penis-Ersatz genutzt wird, um genauso wie Heteros Sex zu haben.
Beide Vorurteile sind in meiner Erfahrung nach vollkommen falsch. Der Strap-On wird zumindest bei mir im Bett nur selten benutzt, aber penetrativer Sex in anderer Form (mit Fingern und anderen Toys) kommt ab und zu zum Einsatz. Schließlich ist der Strap-On nicht das einzige Sextoy, auch nicht bei queeren Frauen.
Das heißt aber nicht, dass automatisch jede Frau penetrativen Sex mag. Ich für meinen Teil mag ihn nicht so sehr. Das muss jeder für sich selber entscheiden und ausprobieren.
2. Wenn Frauen untereinander Sex haben ist es kein richtiger Sex, sondern nur Vorspiel
Hätte ich einen Euro, für jedes Mal wo ich diesen Satz von einem Hetero-Cis-Mann gehört habe, wäre ich jetzt stinkreich. Viele von ihnen haben geglaubt, dass nur penetrativer Sex mit einem oder mehreren Penissen der „einzig richtige“ Sex ist.
Das stimmt aber bei Weitem nicht. Nur weil im Biologie-Unterricht vorrangig über penetrativen Sex geredet wird, heißt das noch lange nicht, dass das der einzige ist. Schließlich gibt es z.B. auch die Stimulation mit der Zunge, die vollwertiger Sex sein kann.
3. Alle lesbischen Frauen sind richtig gut im Bett
Da Frauen untereinander von Anfang an ein besseres Verständnis dafür haben, was ihrer Partnerin gefallen könnte, gehen viele davon aus, dass lesbische Frauen von Anfang an besser als Cis-Männer im Bett sind. Schließlich finden wir an uns selbst ja auch heraus, was wir am liebsten beim Sex mögen.
Dieses Vorurteil ist zwar nett gemeint, jedoch stimmt es meiner Erfahrung nach trotzdem nicht immer. Zwar haben Frauen ein besseres und natürlicheres Verständnis dafür, was die jeweils andere mag, jedoch ist dies nicht zwangsläufig ausschlaggebend. Viele Frauen, auch queere Frauen, haben Scham, sich selbst zu befriedigen. Das zeigen auch Studienergebnisse.
Bei einer Umfrage des Anbieters Statista aus dem Jahr 2016 haben gerade mal neun Prozent der Frauen angeben, sich einmal die Woche zu befriedigen, während 32 Prozent der Männer dies tun. Da ist es nur verständlich, dass nicht jede queere Frau das beste Körpergefühl im Bett hat, was es auch für die Partnerin umständlich macht.
4. Sex unter Frauen dauert stundenlang
Bei Männern gibt es ein Problem, wenn es zum penetrativen Sex kommt: Nach der Ejakulation, bekommen sie so schnell keinen Ständer mehr. Daher gehen viele Heteros davon aus, dass lesbischer Sex stundenlang geht.
Dem ist nicht so! Zumindest nicht immer. Je nach Lust, Laune und Zeit kann man mal mehr, mal weniger Zeit brauchen. Eine Praxis, die ich für langen Sex auch gerne benutze, heißt Edging. Achtung! Kleiner Tipp an die, die heterosexuellen Sex haben: Es gibt auch Sextoys, mit denen ihr eure Partnerin richtig lange verwöhnen könnt.
5. Es kommen immer beide Partnerinnen
Egal ob Hetero, Homo oder queer: Viele Menschen haben die Vorstellung, dass das Ziel von Sex immer der Orgasmus ist. Mein Vorschlag: wir sollten damit schleunigst aufhören. Nicht jede Frau oder auch jede andere Person ist immer bereit dazu, einen Orgasmus zu haben – auch ich nicht.
Seitdem ich mich auf den Sex selbst und nicht auf den Orgasmus konzentriere, hab ich viel mehr Spaß. Zudem erzeugt das Ziel Orgasmus-Druck, anstatt dass der oder die Partner:in und du den Moment genießen können.
6. Wenn Frauen untereinander Sex haben, braucht man keine Verhütung
Hier haben ebenfalls Heteros und Homos etwas gemeinsam: In Pornos sieht man nicht, wie verhütet wird. Eine ungewollte Schwangerschaft kann zumindest bei Cis-Frauen untereinander nicht passieren, also wozu verhüten?
Wer das denkt, vergisst die sexuell übertragbare Krankheiten, die auch bei lesbischem Sex eine Gefahr sind. Zwar ist durch den indirekten Austausch von Körperflüssigkeiten die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, trotzdem gibt es immer noch ein Risiko. Dafür existieren zumindest für Oralsex sogenannte Lecktücher.
Ganz ehrlich: Ich habe ebenfalls noch nie ein Lecktuch benutzt, obwohl ich mit Frauen Sex hatte. Ich sollte aber kein Vorbild sein, da ich mich in einer monogamen Partnerschaft mit meiner Freundin befinde. Lecktücher sollten für alle Menschen genauso verfügbar sein wie Kondome. Wer sie nicht benutzt, sollte sich testen lassen und der oder die Partner:in ebenfalls darum bitten.
7. Lesben haben ausschließlich durch Scissoring Sex
Es gibt drei Dinge, die man in lesbischen Mainstream-Pornos überproportional sieht: Strap-ons, Finger und Frauen, die in der Scheren-Stellung Sex haben. Bei letzterem reiben Frauen ihre Vaginas aneinander, in dem sie sich wie zwei Scheren verhaken.
Wer tatsächlich denkt, dass dies die einzige Position ist, wie queere Frauen Sex haben, den bitte ich mal kurz aufzustehen, um diese Position mit dem oder der Partner:in nachzumachen. Wie unpraktisch fühlt sich das an?
Das bedeutet natürlich nicht, dass es keine queeren Frauen gibt, die die Position mögen. Ich und alle Partnerinnen, die ich bis jetzt hatte, empfanden Scissoring allerdings als wenig stimulierend.
Fazit: Lesbischer Sex ist sehr individuell und kommt auf die Personen an
Sex mit Frauen kann komplett unterschiedlich ablaufen und es gibt kein Schema, welches man anwenden kann. Meiner Erfahrung nach läuft er sogar sehr viel individueller ab als bei Heteros, da nicht davon ausgegangen wird, dass der Hauptakt aus penetrativen Sex mit einem Penis besteht.
Es ist alles erlaubt, was man sich vorstellen kann – Streicheln, Küssen, Lecken, Fingern… Hauptsache, du redest mit deiner Partnerin darüber. Alles, was ihr euch vorstellen könnt, dürft ihr auch machen – gerade bei Sex unter Frauen!
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