Eigentlich sollte der Arbeitsplatz ein sicherer Ort sein. Einer, an dem man seinen Aufgaben nachgeht und an dem ein professioneller Umgangston herrscht. Die Realität sieht anders aus. Die meisten Frauen sind mit dem Gefühl der Ohnmacht vertraut, das aufkommt, wenn man sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Dabei hilft oft schon ein einfacher Satz, um solchen Anmaßungen entschieden entgegenzutreten. Welcher das ist, liest du hier.
Belästigung am Arbeitsplatz: Das musst du wissen
Was ist (sexuelle) Belästigung überhaupt?
Ich bin erst 26 Jahre alt und doch habe ich an jedem bisherigen Arbeitsplatz Sexismus direkt oder indirekt erlebt. Und damit bin ich nicht allein. Laut einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2015 gab die Hälfte der Beschäftigten an, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt zu haben. Ganze 80 Prozent dieser Befragten wusste zudem nicht, dass Arbeitgeber:innen dazu verpflichtet sind, sie vor solchen Belästigungen zu schützen. Diese Zahlen erschlagen und lassen die Gleichberechtigung in weite Ferne rücken.
Sexuelle Belästigung ist nach der Definition des Gleichbehandlungsgesetzes „[…] ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen gehören. [Sie] bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“
Sexuelle Belästigung ist also eine unerwünschte Verhaltensweise, die häufig geschlechtsbezogen ist und die Würde einer Person angreift. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Täter oder die Täterin die Beleidigung oder Würdeverletzung beabsichtigt. Allein die Empfindung der belästigten Person ist entscheidend. Übrigens muss die Belästigung nicht immer sexueller Natur sein, sondern bezieht sich auf alle Belästigungen am Arbeitsplatz.
Fun Fact: Hätte ich jedes Mal einen Euro für den Satz „War doch nur ein Witz, jetzt hab dich nicht so!“ bekommen, könnte ich diesen Text nun von Hawaii aus schreiben.
So sieht Belästigung in der Praxis aus
Da die Theorie etwas trocken klingt, hier zwei Beispiele aus meiner bisherigen beruflichen Laufbahn:
- In meinem Schulpraktikum musste ich ins Lager eines Sanitäranbieters gehen, in dem an jedem Spint nackte Frauenbilder prangten. Damals war ich 15. Die Männer pfiffen mir hinterher.
- In einem meiner ersten Jobs arbeitete ich als einzige Frau in einem Großraumbüro mit fünf Männern. Die konnten es nicht lassen, meine High Waist Jeans zu kommentieren, wenn ich an ihnen vorbeilief. Sie gefiel ihnen nicht, weil sie so gar nicht sexy wäre. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz muss nicht wohlwollend ausfallen.
Neben diesen Beispielen wurde ich mehrmals Kaffee holen geschickt, sollte den Geschirrspüler ausräumen (das können Frauen so gut!) und habe den Satz gehört: „Im Zweifel kannst du dich einfach hochschlafen!“. Wenn ich meine Erfahrungen auch nicht kleinreden möchte – es geht auch noch einen Zacken schärfer …
TikTok-erin hat einfachen Trick gegen Belästigung am Arbeitsplatz
Auf TikTok kursiert derzeit ein Video von der Nutzerin Anna Catherine @ancatpas, die sich vor allem für die Themen mentale Gesundheit und sexuelle Belästigung stark macht. Hier erzählt sie von einem Moment auf der Arbeit, der sie völlig überfordert hat:
Sie kam in ein Meeting mit acht anderen Männern. Und die starteten eine Unterhaltung mit den Worten: „Bist du überwältigt?“ Sie antworte: „Nein bin ich nicht.“, um dann zu hören: „Mach dir keine Sorgen, wir werden sanft sein.“ Im Video verrät sie, dass sie von dieser Situation völlig überfordert war. Sie spürte die pure Ohnmacht.
Ein Gefühl, das man niemandem wünscht. Aber auch eines, aus dem Stärke erwachsen kann. Anna möchte sich solche Belästigungen am Arbeitsplatz zukünftig nicht mehr gefallen lassen und hat einen Trick für ihre Zuschauer:innen, der dem Ohnmachtsgefühl entgegenwirkt. Statt das nächste Mal mit dem ekligen Gefühl im Magen zu schweigen, sollte man auf den belästigenden Satz einfach fragen: „Was meinst du?„
Diese simple Satz zwingt die Täter:innen dazu, ihren Gedanken zu erklären. Und das kann echt unangenehm werden. In Annas Fall müssten sie nun zum Beispiel erklären, bei was genau sie „sanft“ zu ihr sein würden.
Lass dir Belästigungen am Arbeitsplatz nicht gefallen
Der Satz der TikTok-erin ist ideal, um den Täter:innen ihr Fehlverhalten vor Augen zu führen. Aber auch, um eine detaillierte Beschwerde einreichen zu können. Und die sollte in jedem Fall erfolgen. Je früher, desto besser.
Am besten schreibst du den Vorfall dafür direkt inklusive Datum, beteiligten Personen und Örtlichkeit auf. Die Beschwerde kann im Betrieb eingereicht werden. Der ist verpflichtet, sich damit auseinanderzusetzen und über das Ergebnis der Überprüfung zu informieren. Weiter darf dir gesetzlich dadurch kein Nachteil entstehen. Du musst also keine Angst vor einer Abmahnung oder Kündigung haben.
Vergiss nicht: Bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz bist du im Recht. Jede Meldung ist ein Schritt mehr in eine Welt, die ohne Sexismus auskommt!