Nahtoderfahrungen sind Momente, die sich irgendwo zwischen Leben und Tod bewegen. Personen, die dem Tod durch Herzprobleme, einem Verkehrsunfall oder einer neurologischen Krankheit gefährlich nah waren, konnten uns bereits erzählen, wie ihre Nahtoderfahrung ausgesehen hat. Nun sind Forschende in den USA einer neurologischen Erklärung genau dieser Berichte von Nahtoderfahrungen dicht auf den Fersen.
So lauten die Berichte von Menschen, die eine Nahtoderfahrung hatten
Zur Nahtoderfahrung, auch „Near-Death-Experience“ (NDE) genannt, gibt es keine einheitliche Definition. Grund dafür ist, dass die begünstigenden Faktoren einer solchen Erfahrung sowie das letztendlich Erlebte jeweils stark variieren kann.
Nicht immer muss es sich bei den Personen, die eine NDE hatten, um Opfer einer medizinischen Krise oder eines anderen lebensbedrohlichen Zustandes handeln. Auch während der Meditation oder bei einem operativen Eingriff erwähnten Personen bereits, dass sie sich in einem Zustand befanden, der sich mit Berichten von Nahtoderfahrungen deckt.
Du kannst den Terminus Nahtoderfahrung also als Sammelbegriff von Erlebnissen sehen. Und auch, wenn jedes einzelne Erlebnis subjektiv wahrgenommen wird, lassen sich doch wiederkehrende Elemente zwischen den Berichten identifizieren. Aus vielfältigen Meldungen ergeben sich besonders häufig diese fünf Motive:
1. Außerkörperliche Erfahrung
Viele Menschen erzählen, dass sie während der NDE ihren eigenen Körper von außen betrachten konnten.
2. Positive Lichtquelle
Mehrere gaben an, ein angenehm warmes und glücklich stimmendes Licht gesehen zu haben.
3. Tiefe Friedlichkeit
Einige berichten von einem tiefen Gefühl des Friedens. Sie empfanden in dem Moment tiefe Liebe und Entspannung.
4. Tunnel
Der Gang durch einen Tunnel oder das Durchqueren eines langen Weges trat auch in Berichten mehrerer Menschen mit Nahtoderfahrungen auf. Damit verbunden sei das Gefühl, in einen anderen Zustand zu gelangen.
5. Begegnungen
Einige erklären, dass sie vertraute Menschen begegneten, die bereits verstorben sind. Freund:innen, Verwandte – teilweise soll es auch Begegnungen mit spirituellen Wesen gegeben haben.
So gehen Wissenschaftler:innen dem Phänomen auf den Grund
Ein Forschungsteam der University of Michigan Medical School (USA) hat die Gehirnaktivität von Menschen, die einen Herzstillstand erleben, untersucht. Bei der Studie, über die das Magazin Esquire berichtete, lag der Fokus auf Nahtoderfahrungen und dem Sterbeprozess an sich.
Durch eine Elektroenzephalographie (EEG), bei der elektronische Ströme im Kopf gemessen werden, wurde die Hirnaktivität von vier im Koma liegenden Patienten beobachtet. Letztendlich erlagen alle Patienten den Folgen ihres Herzstillstandes. Sie konnten somit auch nie Auskunft darüber geben, wie sich ihre tatsächliche Nahtoderfahrung gestaltete.
Durch die Untersuchungen haben die Forscher:innen feststellen können, dass zwei Patient:innen eine erhöhte interhemisphärische Konnektivität vor dem Tod zeigten. Das heißt: Die Verbindungen zwischen verschiedenen Gehirnregionen intensivierte sich. Dies hat eine Auswirkung auf Erinnerungen, Wahrnehmung und Informationsintegration.
Vermehrte Gammawellen sollen verantwortlich sein
Beobachtet wurde bei den Patient:innen außerdem ein Anstieg der Herzfrequenz sowie vermehrte Gammawellen. Gammawellen treten bei Erwachsenen auf, wenn sie intellektuellen Aufgaben nachgehen. Darunter zählen Kopfrechnen, Lesen und kreatives Denken.
Die Forscher:innen konnten eine intensive Gammawellen-Akitivtät in den sogenannten heißen Zonen des Gehirns belegen. Diese Bereiche sind auch beim Träumen und Halluzinieren beteiligt. Diese ausgeprägte Gammawellen-Aktivität erhielt sich dabei bis in die späteren Phasen, kurz vor dem letztendlichen Tod.
Hier kannst du mehr über das menschliche Gehirn erfahren:
– Brain Dump: Studie zeigt 3 Schritte, wie man das Chaos im Kopf beseitigt
– Schlechte Angewohnheit lässt dein Hirn schneller altern
– Smartphone Auswirkungen Gehirn: Das passiert, wenn du morgens aufs Handy schaust
Berichte von Nahtoderfahrung: Dein Gehirn arbeitet weiter
Unser Gehirn arbeitet also fleißig weiter, wenn wir dem Ende nah sind. Berechtigterweise ähneln die Berichte von Menschen, die durch einen Verkehrsunfall, operativen Eingriff, neurologische Krankheit, Herzproblem, Geburt oder bei einer Meditation in traumähnliche Szenarien abrutschen: Unser Hirn arbeitet im Bereich der Träume und Halluzinationen auf höchstem Tempo. Dazu kooperieren verschiedene Regionen unseres Hirns eindringlicher als sonst und wecken dadurch Erinnerungen, verarbeiten Informationen und stärken die Wahrnehmung.
Nahtoderfahrungen sind also keine übersinnliche Einbildung – sie sind ernstzunehmende Zustände, die sich neurologisch erklären lassen.