Rassismus und Sexismus ist mittlerweile zum Glück im öffentlichen Diskurs angekommen. Und auch wenn diese Themen noch nicht genug beackert werden, weiß jeder, was mit diesen zwei Wörtern gemeint ist. Das ist bei dem Begriff des Klassismus oft nicht der Fall. Dir geht es ähnlich? Das ist überhaupt nicht schlimm, da das Thema so weit gefächert ist, dass nicht mal Betroffene diese erkennen. Worum es beim Klassismus geht und welche Kritikpunkte der Begriff aufwirft, liest du hier.
Diese Beispiele für Klassismus, solltest du kennen
Klassismus: Warum auch das eine Form der Diskriminierung ist
Ganz einfach gesagt: Klassistische Diskriminierung ist für Menschen unterer Klassen das Gleiche wie Rassismus für Schwarze und Sexismus für Frauen. Wer in ein unprivilegiertes Elternhaus hineingeboren wurde, wird mit allergrößter Wahrscheinlichkeit bereits mit Klassismus konfrontiert worden sein. Die folgenden Beispiele können Klassismus in Alltagssituationen unserer Gesellschaft widerspiegeln:
- Deine Eltern haben nicht studiert und deine Familie bewegt sich im Arbeitermilieu.
- Bei Gehaltsverhandlungen musst du um jeden Cent kämpfen.
- Ihr habt keine Bücher Zuhause.
- Deine Familie lebt (teilweise) von Transferleistungen.
- Deine Familie lebt in einem unterpriviligierten Stadtteil/ einer kleinen Wohnung.
- Äußerliche Merkmale wie wasserstoffblondes Haar und ausgewaschene Jeans deuten auf dein Milieu hin.
- Trash-TV wie Frauentausch und We Are Family zeigen arme Menschen in Deutschland. Der Zuschauer stellt sich über sie.
- Der Vorname „Kevin“ wird deutschalandweit weniger als Name, denn als Diagnose anerkannt. Denn wer Kevin heißt, der kommt mit ziemlicher Sicherheit nicht aus einer studierten Familie.
Es gibt unendlich viele Beispiele, in denen Klassismus den Alltag der Deutschen bestimmt. In den meisten Fällen wird er unterschwellig und beinahe nicht wahrnehmbar ausgelebt. Gegen den Klassismus anzukämpfen würde bedeuten, keine Aufmerksamkeit mehr auf die Unterschiede zwischen arm und reich in unserer Gesellschaft zu lenken.
Wir leben in einer Welt, die auf der Ungleichheit ihrer Bewohner fußt. Reiche könnten es gar nicht ohne die Armen geben und Arme wären weit weniger arm ohne die Reichen. So wird es immer eine Form des Klassismus geben.
Die Klassismus-Theorie wird kritisiert
Die deutsche Gesellschaft ist nicht repräsentativ für die Armut auf der Welt. Generell sind wir reicher und privilegierter als viele andere Länder. Und auch innerhalb Deutschlands gibt es riesige Unterschiede. Wer entscheidet eigentlich, was genau ‘arm’ und ‘unterprivilegiert’ bedeutet?
Folgende Situation trägt sich zu:
Es ist ein nettes Beisammensein in einer Studenten-WG. Jeder hat eine Kleinigkeit zu trinken mitgebracht, es wird Musik gehört und Chips verspeist. Als der Vorschlag aufkommt, noch in einen Club weiterzuziehen, stöhnt Felix ganz besonders laut auf.
“Ich kann nicht feiern gehen. Ich bin gerade mega arm.”
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Was für eine Aussage ist das? Ist Felix tatsächlich arm, oder hat er diesen Monat einfach schon zu viel Bares für Playstation-Spiele ausgegeben? Die Autorin Dragana Komunizam sieht eine Art Wettkampf entstehen: Wer ist ärmer und wer darf sich selbst so bezeichnen?
Hat eine alleinerziehende Frisörin aus Bergeborbeck weniger Recht dazu sich als arm zu bezeichnen als ein indischer Straßenjunge? Ein Wettrennen darum zu veranstalten, wer tatsächlich ärmer ist, ist einfach nur makaber und absurd. Warum gerade für Frauenrechte in Indien gekämpft werden muss, erfährst du auch bei uns.
Klassismus, eine kritische Definition:
Klassismus passiert immer dann, wenn Menschen keine Reflexion über ihre eigenen Privilegien haben. Sie bezeichnen sich als arm, weil sie schlichtweg zu viel Geld ausgegeben haben.
Klassismus ist komplexes Gesellschaftsproblem
Klassismus wird es geben, solange soziale und vermögende Unterschiede innerhalb einer Gesellschaft ganz normal sind. Auch wenn Klassismus vor allem unterschwellig passiert, ist er dennoch vorhanden – genauso wie Rassismus und Sexismus. Schon das Wissen um diese Art der Diskriminierung kann zu einem besseren Verständnis führen und einigen die Augen öffnen.