Albträume fühlen sich manchmal so echt an, dass sie uns noch Jahre später verfolgen. Ich werde nie vergessen, wie ich in einem Traum als Kind eine Schlange verschluckt habe oder ganz Berlin unter Wasser stand und ich überall hinschwimmen musste. Ich bin heilfroh, dass mir solche Träume nur noch äußerst selten unterkommen. Bei vielen nehmen diese Träume allerdings kein Ende. Aus diesem Grund habe ich mit einem Schlaf- und Traumforscher gesprochen und ihn gefragt, wie man Albträume loswerden kann. Seine besten Tipps verrate ich dir in diesem Artikel.
Alles zum Thema „Albträume loswerden“
Träume sind ein kreativer Zugang zur Psyche
Prof. Dr. Michael Schredl ist wissenschaftlicher Leiter im Schlaflabor am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim und beschäftigt sich seit nunmehr 30 Jahren mit dem Thema Träume.
Zudem ist er Herausgeber der Zeitschrift International Journal of Dream Research, in dem regelmäßig die neuesten Forschungsergebnisse auf dem Gebiet veröffentlicht werden. Auf die Frage, was ihn an Träumen so sehr fasziniert, sagt er:
Als ich noch etwas anderes studiert habe, habe ich selbst angefangen Träume aufzuschreiben und empfand Träume immer als sehr kreativ – im Grunde als kreativer Ausdruck dessen, was aktuell in der Psyche vorgeht.
Um zu verstehen, wie tief seine Faszination geht, sei verraten, dass er selbst seit 1984 seine Träume aufschreibt und nach eigener Aussage mittlerweile an die 15.600 Träume gesammelt hat – überwiegend aus privatem Interesse.
Wenngleich er betont, dass es auch wissenschaftlich von Vorteil sein kann, Träume über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. „Zum Beispiel Träume von einer bestimmten Partnerin und wie oft diese auch Jahre später noch in Träumen auftauchen kann“, verrät der Experte.
Weiterlesen: Du möchtest wissen, wie ernst du Träume vom Ex nehmen solltest? Auch hierzu hat Schredl uns bereits Rede und Antwort gestanden. Warum es lohnt, ein Traumtagebuch zu führen und wie sich Traumsymbole deuten lassen, erfährst du ebenfalls bei uns.
Was ist ein Albtraum?
Ein großer Teil der Traum- und Schlafforschung setzt sich auch mit dem Themenkomplex der Albträume auseinander. Doch was ist ein Albtraum eigentlich?
Ein Albtraum ist mit so starken negativen Gefühlen verbunden, dass er zum Erwachen führt, wobei es auch ein belastender Traum ohne direktes Erwachen sein kann. Schredl führt im Interview aus:
Im klinischen Kontext ist vor allem wichtig, ob der Traum belastend ist. Im englischen Sprachraum heißt es daher auch distressing dreams. Früher war die Definition klarer, da ist der Albtraum immer als Traum bezeichnet worden, bei dem die starke negative Emotion zum Aufwachen führt. Ein typisches Beispiel ist der Falltraum, bei dem man aufwacht, bevor man unten aufkommt.
Albträume sind dabei abzugrenzen von anderen Angstphänomenen, die ebenfalls zum nächtlichen Erwachen führen, wie beispielsweise dem sogenannten Pavor nocturnus: Hierbei handelt es sich um das nächtliche Aufschrecken aus dem Tiefschlaf, meist in der ersten Hälfte der Nacht. Klassische Albträume treten dagegen typischerweise in der zweiten Nachthälfte auf.
Woher kommen Albträume?
Fragt man Prof. Dr. Schredl nach den Ursachen von Albträumen, so meint er:
‚Ursachen‘ ist hierbei ein schwieriger Begriff, besser wäre es, von einem Veranlagungs-Stress-Modell zu sprechen. Es gibt Personen, die haben eine genetische Veranlagung für Albträume. Es gibt aber auch das Konzept der Sensibilität. Das Stichwort hierfür lautet ‚dünne Grenzen‘: Manche Menschen sind mit ihren persönlichen Merkmalen (kreativ, sensibel) prädestiniert dafür, Albträume zu bekommen.
Bei den sogenannten dünnen Grenzen handelt es sich um die Forschungsergebnisse eines amerikanischen Forschers, der festgestellt hat, dass Personen, die besonders kreativ, empathisch, offen und sensibel sind sowie häufig ungewöhnliche Berufe ausüben, häufiger an Albträumen leiden.
„Aber auch Stressfaktoren können eine Rolle spielen“ meint Schredl. „Bei Studierenden ist es vor allem der Unistress, aber auch privater Stress und Beziehungsstress führen zur Erhöhung der Albtraumhäufigkeit.“
Nicht zu vernachlässigen sind außerdem Traumata wie zum Beispiel Kriegserlebnisse, sexueller Missbrauch in der Kindheit, aber auch körperlicher Missbrauch. Schredl meint, dass „bei diesem Faktor die Albtraumhäufigkeit auch nach Jahren und Jahrzehnten erhöht werden kann, obwohl das Ereignis im Wachzustand schon längst vergessen ist.“
Nicht zuletzt sind es auch Medikamente, die Albträume auslösen können: Antidepressiva und Blutdruckmedikamente beispielsweise. Vor allem, wer gerade neu beginnt Medikamente einzunehmen und eine erhöhte Albtraumhäufigkeit aufweist, könnte hier die Antwort für seine negativen Träume finden.
Albträume loswerden: So klappt es laut dem Experten
Doch was heißt erhöhte Albtraumhäufigkeit überhaupt? Als Faustregel kann hier ein Wert von einmal pro Woche genannt werden. Aber auch, wer vor dem Schlafen gehen Angst hat, einen weiteren Albtraum zu erleben, sollte daran arbeiten, seine Albträume loszuwerden.
Zum Problem werden Albträume nämlich dann, wenn sie nicht aufgearbeitet und chronisch werden. Schredl erklärt, was es mit diesen aufrechterhaltenden Faktoren auf sich hat:
Das ist bei Ängsten ganz ähnlich und Albträume sind auch häufig von Angst gekennzeichnet. Es ist so: Je mehr man Angst vermeidet, desto größer kann sie werden. Auch bei Angststörungen ist das Prinzip, den Patienten anzuleiten, sich der Angst zu stellen und die Angst zu bewältigen. Und bei Albträumen ist es auch so, dass viele versuchen, die Albträume wieder zu vergessen und sie wegzuschieben. Mit dieser Strategie kommt es allerdings zu einer Chronifizierung der Albträume.
Konfrontation ist der Weg aus den Albträumen
Wer seine Albträume loswerden möchte, kommt nicht umhin, sich ihnen zu stellen. Die beste Therapie, egal ob professionell begleitet oder im Selbstversuch gestaltet sich in drei Phasen:
1. Konfrontation
Du möchtest deine Albträume loswerden? Führe ein Traumtagebuch, um die Häufigkeit deiner Albträume zu senken.
2. Bewältigung
Ist der Traum erst aufgeschrieben, geht es darum, dir eine Strategie auszudenken, wie du die Situation im Albtraum bewältigen kannst. Vermeide es, Strategien zu wählen, in denen du wegrennst. Stelle dich der Situation oder bitte in der Traumvorstellung um Hilfe, damit der Traum ein positives Ende nimmt.
3. Erinnern
Erinnere dich mindestens einmal am Tag daran, wie du dem Traum einen positiven Ausgang verliehen hast. Visualisiere den Traum zwei Wochen lang täglich und du wirst sehen, dass er sich in Luft auflösen oder positiveren Traumbildern weichen wird. Du magst es experimenteller?
Auch luzides Träumen zu erlernen, könnte dabei helfen, deine Albtraumhäufigkeit zu senken, ist allerdings sehr zeitaufwendig.
Stelle dich deinen Ängsten & Albträumen
Egal, ob es darum geht Panikattacken loszuwerden oder Albträume loszuwerden, du wirst nicht umhinkommen, dich deinen Ängsten zu stellen. Zwar kann das im ersten Moment sehr belastend und aufwühlend sein, dich jedoch anhaltend von den mentalen Belastungen deines Lebens befreien.
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