Du kannst stolz auf dich sein. Du hast richtig gute Arbeit geleistet und bekommst von deinem Chef obendrein die gebührende Anerkennung. Doch statt dich über das Lob zu freuen, kannst nicht anders als mit „War gar nicht so schwer“ zu antworten.
Warum ist es so schwer Komplimente anzunehmen? Besonders Frauen neigen zu Understatement, sagt die Wissenschaft. Aber warum nur?
Understatement ist besonders bei Frauen verbreitet
Schon vor 20 Jahren fand der Sprachwissenschaftler Robert K. Herbert heraus, dass gerade Frauen schwer damit zu kämpfen haben, ein Kompliment einfach anzunehmen. Und so spielen sie ihre Leistung entweder oft herunter oder leugnen das Kompliment komplett.
Doch warum tun Frauen das? Tatsächlich hat dieses Phänomen viel mit der Wahrnehmung der eigenen Leistung zu tun, wie die WissenschaftlerInnen Christine L.Exley von der Harvard University und Judd B. Kessler der University of Pennsylvania jetzt herausfanden.
In ihrer gerade veröffentlichten Studie machten sie eine spannende Beobachtung: Ob in Bewerbungen, Vorstellungsgesprächen oder Feedback-Meetings – Frauen bewerteten ihre Leistungen schlechter als die der Männer, obwohl sie gleich gut waren.
Diese besonders hartnäckige „Gender Gap der Selbstbewertung“ hat weitreichende Folgen. Laut ForscherInnen kann sie unzählige wirtschaftliche Ergebnisse beeinflussen und dazu beitragen, dass die großen Unterschiede zwischen Frau und Mann im Bildungs- und Arbeitsmarktumfeld weiterhin erhalten bleiben. Denn indem Frauen ihre Leistungen unterschätzen, benachteiligen sie sich aktiv selbst bei Gehaltserhöhungen, Beförderungen und Anerkennung für ihre harte Arbeit.
Die Gründe für weibliche Bescheidenheit
Doch warum sind es vor allem Frauen, die Understatement praktizieren? Experten sehen den Ursprung – wie so oft – in der Erziehung. Die Psychologin und Trainerin Barbara Frien sagte in einem Gespräch zum Thema Tiefstapeln:
Mädchen werden anders erzogen und bei Erfolgen eher mal geblockt. Wenn sich dagegen ein Junge darstellt, bekommt er Anerkennung.
Generell fällt es Frauen schwerer, Selbstvertrauen zu haben. Das stellten auch die US-Journalistinnen Claire Shipman und Katty Kay in ihrem 2014 erschienen Buch namens „The Confidence Gap“ heraus. Ihr Credo: „Confidence is as important as competence“, also Selbstvertrauen ist genauso wichtig wie Kompetenz. Denn all das Know-How nützt kaum etwas, wenn man sich nicht zutraut, dieses auch zu zeigen.
Confidence is as important as competence.
Fazit: Keine falsche Bescheidenheit!
Doch was können Frauen aus diesen ganzen Erkenntnissen lernen? Die Antwort ist ziemlich simpel: Nicht denken, machen! Frauen würden sich laut der WissenschaftlerInnen viel zu oft zurückhalten.
Doch sie können dieses alten Verhaltensmuster überwinden, wenn sie ihre Kompetenzen nach außen hin kommunizieren – und ein Kompliment einfach annehmen, ohne es direkt abzuwerten oder ins Lächerliche zu ziehen. Ein einfaches „Danke, das freut mich“ ist vollkommen in Ordnung – bei Frauen UND Männern.
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