Ob im Pflegeheim, Sportvereinen oder Kindergarten – seit über 50 Jahren können junge Erwachsene ein freiwilliges soziales Jahr zu absolvieren. Jetzt könnte es für alle zum verpflichtenden sozialen Jahr werden.
Das zumindest ist die Forderung dreier Oberbürgermeister, die sie jetzt in einem Brandbrief an den Ministerpräsidenten von Baden-Württembergs Winfried Kretschmann gerichtet haben. Sie verlangen: Ein Pflichtjahr für alle in Deutschland lebenden jungen Menschen!
Pflichtjahr soll jungen Menschen Respekt lehren
Anlass für diese Forderung sind die Krawallnächte von Stuttgart und anderen Großstädten. Das Verhalten der Jugendlichen sei laut Oberbürgermeister Richard Arnold (Schwäbisch Gmünd), Boris Palmer (Tübingen) und Matthias Klopfer (Schorndorf) „aggressiv“ und „respektlos“ gewesen. So könne es nicht weiter gehen. In ihrem Brief prangern sie „die zunehmende Aggressivität und Respektlosigkeit von Gruppen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen in unseren Städten“ an. Die drei Bürgermeister finden: „Dies dürfen wir nicht länger hinnehmen!“, und fordern härteres Durchgreifen gegen Randalierer. Auch junge Migranten werden ausdrücklich erwähnt.
Doch damit nicht genug. Arnold, Palmer und Klopfer fordern, dass „ein verpflichtender gesellschaftlicher Grunddienst für alle jungen Menschen eingeführt wird, die in unserem Land leben – unabhängig von der jeweiligen Staatsbürgerschaft.“
Ein Jahr lang sollen sich die jungen Menschen so für die Gesellschaft engagieren. Denn nach Meinung der Bürgermeister lerne ein junger Mensch „Respekt, Akzeptanz, Toleranz, den verantwortungsvollen Umgang mit Menschen nicht bei Wikipedia, Facebook und Instagram, sondern in der Begegnung mit anderen.“
Forderung nach Pflichtjahr sorgt für Aufsehen
Mit ihrer Forderung sorgten die drei Oberbürgermeister für jede Menge Wirbel. Sie sei, so ein Sprecher des Innenministeriums gegenüber der Deutschen Presse-Agentur „Alter Wein in neuen Schläuchen“. Die Idee eines allgemeinen Dienstes an der Gesellschaft würde schon lange unterstützt.
Andere wiederum lobten den Vorschlag, der definitiv einen pädagogischen Sinn habe. Der Meinung ist auch der Soziologe Albert Scheer in einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur. Allerdings dürfte es wohl an der Umsetzung der Idee scheitern: „Man müsste erst einmal klären: Gibt es überhaupt eine rechtliche Konstruktion, die es erlauben würde, einen Pflichtdienst einzuführen?“ Er hält die Forderung allein hinsichtlich der grund- und menschenrechtlichen Problematik für nicht umsetzbar. Alternativ sollte man klären, ob die Freiwilligendienste nicht attraktiver gestaltet werden können.
Was lernen wir aus der Forderung?
Obwohl die Forderung eines Pflichtjahrs für Jugendliche hohe Wellen geschlagen hat – neu ist sie nicht. Denn durch Diskussion, die Wehrpflicht wiedereinzuführen, rückte auch das Pflichtjahr in den Fokus.
Tatsächlich gibt es für das freiwillige soziale Jahr aktuell sogar mehr Bewerber als Plätze. Das bedeutet, dass die Bereitschaft, sich für die Gesellschaft zu engagieren, bei jungen Leute sehr wohl vorhanden ist.
Pro Jahr entscheiden sich ungefähr 100 000 Menschen für einen Freiwilligendienst. Immerhin ist das FSJ perfekt für alle, die sich noch finden müssen. Die 12 Monate können ihnen helfen, sich bei der Berufs-, Ausbildungs- oder Studienwahl besser zu orientieren.
Vielleicht reicht es also wirklich, die Freiwilligendienste freiwillig sein zu lassen, so lange die Rahmenbedingungen optimiert werden. Ein Pflichtjahr wäre dann gar nicht unbedingt nötig.
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