Vor ein paar Jahren war ich Zuschauerin einer politischen Diskussionsrunde. Organisiert wurde sie von einem Verband junger Unternehmer:innen und Führungskräfte. Also seriös, aber nicht zu spießig, dachte ich mir, als ich mein französisches Businesskleid anzog. Es war Mai, unfassbar warm und die Männer um mich schwitzten in ihren Anzügen. Ich schwitzte nicht, denn mein Kleid war kurz. Ich erntete neidische Blicke, weil mir der Schweiß nicht das Gesicht runterrann und ich auch nicht danach roch – alle anderen aber schon. Gleichzeitig musste ich mich aber fragen, ob mein Damen-Outfit für den Büro- und Arbeitsalltag angemessen war oder nicht.
Outfit im Büro: Keine nackten Beine!
Im Nachgang sprach mich der damalige Geschäftsführer des Verbandes an. Angeblich hätte es Beschwerden gegeben wegen meiner nackten Beine – der führende Bundespolitiker hätte sich deshalb nicht konzentrieren können. Ich hätte ja wohl eine Hose tragen können oder eben einen langen Rock. Ich war perplex. Im 21. Jahrhundert gibt es Männer in politisch verantwortungsvollen Positionen, die sich aufgrund von Kleidungsstücken nicht konzentrieren können? Ich kann mich ja persönlich schlecht konzentrieren, wenn um mich herum alle nach Schweiß riechen. Das habe ich ihm gesagt und der Geschäftsführer entschuldigte sich für den übergriffigen Kleidungstipp.
Eigentlich war diese Episode für mich nicht wichtig. Es hing nichts davon ab, kein Job, keine Position in diesem Verband, keine politischen Ambitionen. Aber die Geschichte zeigt: Männer wie Frauen schauen genau darauf, was wir tragen. Es lohnt sich also, wenn du einmal einen Blick in deinen eigenen Kleiderschrank wirfst und überlegst, was du mit deiner Kleidung signalisieren kannst.
Was für die eine gilt, zählt nicht für den anderen
Allgemeingültige Richtlinien, die für jeden Job gelten, gibt es leider nicht. Denn es hängt natürlich alles am beruflichen Umfeld. Wenn ich als Streetworkerin arbeite, ziehe ich kein schwarzes Kostüm an. Und in der Bank werden Hoodie-tragende Mitarbeiter:innen wahrscheinlich wieder nach Hause geschickt – zumindest, wenn sie Kund:innenkontakt haben.
Wenn du dir unsicher bist, orientiere dich zunächst einmal am besten an deinen Kolleg:innen. Das ist leicht gesagt, hilft aber nicht, wenn du nicht genau weißt, worauf frau achten muss. Im Grunde genommen gibt es verschiedene übergeordnete Punkte, die du beim Styling für den Beruf berücksichtigen kannst: Farbe der Kleidung, Schnitt/Stil der Kleidung und die Haare.
Kleidung im Büro: Farbe macht einen Unterschied
Farben haben eine Wirkung. Was wie eine Binsenweisheit der Kleidungsverkäuferin klingt, kannst du für dich nutzen. Du solltest dir zunächst überlegen, welche Aufgaben du an einem bestimmten Tag vor dir hast und wie du wirken möchtest. Wenn ich ein schwieriges Gespräch vor mir habe, in dem ich zwar harte Entscheidungen durchbringen muss, aber empathisch wirken möchte, trage ich eher weichere Farben, wie beispielsweise orange oder gelb.
Wenn ich aber die knallharte Verhandlerin sein muss, die durchsetzungsstark wirkt, dann wird es wohl die kantige Brille und die weiße Bluse in Kombination mit dem schwarzen Blazer, also eher die kühlen Farben. Blümchenmuster bewahre ich mir für die Termine auf, an denen ich wirklich leger wirken möchte.
Dabei gilt natürlich, dass Farbe und Form einander beeinflussen. Ein Blazer wirkt grundsätzlich eher streng. Wenn du ihn aber statt mit einer weißen Bluse mit einem roten Top kombinierst, kannst du diese Strenge etwas abmildern.
Büro-Outfits: Kurz oder lang, die Damen?
Jeder Körper ist anders und jede von uns hat bestimmte Schnitte, die der eigenen Figur besonders schmeicheln. Bei mir ist es die klassische A-Linie. Diese Form findest du allerdings in den Abteilungen für Business-Kleidung eher weniger. Dort dominieren die klaren Formen, die Weiblichkeit eher kaschieren, als sie zu betonen. Der Hintergrund ist klar: Vermeintlich männliche Dominanz signalisiert man einfacher durch Schulterpolster als durch weit schwingende Röcke.
Aber mit ein bisschen Kreativität muss niemand auf seine präferierten Schnitte verzichten: Es gibt tolle A-Linien-Kleider, die in Kombination mit einem schicken Blazer seriös aussehen und meiner Figur trotzdem entgegenkommen. Wenn ich mich für Kleider entscheide, die vom Schnitt her nicht der klassischen Business-Kleidung entsprechen, muss ich etwas mehr auf die Farbe achten. Solche Kleider sollten dann möglichst ohne Muster sein und die klassischen Businessfarben (schwarz, grau, blau) haben.
Bei den klassischen Schnitten wiederum darfst du auch gerne etwas Farbe wagen, wenn der Terminkalender nicht allzu konservative Termine vorsieht. Bleibt noch die Frage, ob man überhaupt kurze Röcke tragen darf und wie lang sie sein dürfen. Ich bin da rigoros: Meine Beine gehen niemanden etwas an. Ich würde im beruflichen Kontext keinen ultrakurzen Minirock tragen. Aber ob der Rock fünf Zentimeter über oder unter dem Knie endet, halte ich nicht für wichtig. Wenn du also Lust auf kurze Röcke hast, dann trag sie!
Haare stylen fürs Büro? Weich oder hart?
Manchmal gibt es Anlässe, die keinen Spielraum bei der Kleidung zulassen. Wenn um mich herum alle im Anzug sind, werde ich wohl auch eher zum Hosenanzug greifen. Manchmal gibt es noch nicht einmal die Möglichkeit, mit der Blusenfarbe zu spielen. Im Unterschied zu den Männern haben wir aber in der Regel noch eine Position, die wir anpassen können: Unsere Haare. Lange, offene Haare machen selbst klare Outfits etwas weicher. Und meine geliebte A-Linie wirkt mit zusammengebundenen Haaren gleich viel seriöser.
Dass diese Wirkung nicht nur mich persönlich betrifft, haben Forscher herausgefunden: Hochgesteckte oder zurückgekämmte Haare signalisieren mehr Führungskompetenz als offene Haare. Mit langen Locken assoziieren die meisten Menschen Unsicherheit und Naivität, wie eine Studie herausfand. Du solltest diese Studien aber auch nicht überbewerten: Die langen Locken alleine machen dich in der beruflichen Wahrnehmung sicher nicht zum kleinen Dummchen. Offene Haare in Kombination mit strengerer, klarerer Kleidung sind kein Problem.
Das beste Outfit für Damen im Büro: Du musst dich wohlfühlen
Fernab von all den Farb- und Stiltipps, die es so gibt: Es ist vor allem wichtig, dass du dich wohlfühlst. Denn nur dann kannst du überzeugend rüberkommen. Wenn ich das Gefühl habe, mein Blazer sitzt nicht richtig, dann lasse ich ihn weg. Schlecht sitzende Kleidung oder welche, die man nicht mit Überzeugung trägt, wirkt immer schlechter als gut sitzende, die vielleicht nicht ganz optimal auf den Anlass zugeschnitten ist.
Richtig ist auch: Du musst dich nicht sklavisch an ein bestimmtes Schema halten. Jeder Tag bringt etwas Neues und so kannst du dir auch jeden Tag neu überlegen, was du eigentlich möchtest. Wenn heute einfach kein Tag für den schwarzen Hosenanzug ist, dann ist das so. Aber es ist gut, im Hinterkopf zu haben, wie das auf die Gegenüber wirken kann. Vor lauter Anzugträgern kannst du dann offensiv und voller Überzeugung sagen: „Bei diesem Regenwetter heute hatte ich einfach Lust auf ein bisschen Farbe.“ Also ran an die Kleiderschränke! Genießen wir, dass wir so viele Möglichkeiten haben und spielen wir damit!
Über die Autorin: Jeannine Budelmann
Jeannine Budelmann schreibt aufgrund ihrer großen Leidenschaft für die Frauen und ihrer noch größeren Expertise auf eigentlich „männerdominierten“ Gebieten. Sie ist Geschäftsführerin eines Elektronik-Unternehmens. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Münster.
Für wmn.de schreibt Jeannine von ihrem Alltag als Chefin, ihren täglichen Begegnungen mit Männern und Frauen in einer patriarchalen Branche. Ihre Beobachtungen sind scharfsinnig, ihre Schlüsse sind wohldurchdacht und ihre Tipps sind spitzzüngig. Hier findest du ihre Autor:innenseite.