Das Leben mit einer dauerhaften körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung kann sehr herausfordernd sein. Mit einer solchen Einschränkung aktiv am Arbeitsleben teilzunehmen, bringt nicht selten Hürden mit sich, die von Diskriminierung bis zur seelischen und physischen Erschöpfung reichen können. Wer dennoch, wie alle anderen auch, seinem Job nachgeht, hat sich die Rente hart erarbeitet. Doch muss man als Inhaber:in eines Schwerbehindertenausweises wirklich bis zum Regelrentenalter durchhalten, um keine Abzüge zu befürchten? Dieser Frage gehen wir hier auf den Grund.
Rente: Vorsorgen mit dem Schwerbehindertenausweis?
Mit einem Schwerbehindertenausweis erhalten Menschen mit einer dauerhaften gesundheitlichen Einschränkung mit verschiedenen Leistungsangeboten Unterstützung und Entlastung, auch im Arbeitsleben. Doch auch in Bezug auf die Rente ergeben sich einige wichtige Optionen und Erleichterungen. Der Schwerbehindertenausweis kann dir unter bestimmten Bedingungen einen früheren Renteneintritt ermöglichen und beeinflusst ebenso die Rentenhöhe sowie die Antragsprozesse. Dabei musst du ein paar Dinge beachten.
Früherer Renteneintritt mit Schwerbehinderung
Mit 67 Jahren erst in Rente gehen? Für Menschen mit einer dauerhaften gesundheitlichen Zusatzbelastung kann das zu einer extremen Herausforderung werden. Nicht immer, aber oft, verstärken sich die Auswirkungen von chronischen Erkrankungen oder anderen Beeinträchtigungen mit dem Alter. Das ist kein seltenes Phänomen und so gibt es für Inhaber:innen eines Schwerbehindertenausweises auch in diesem Bereich Möglichkeiten der Entlastung.
Wer einen Grad der Behinderung von mindestens 50 hat, gilt als schwerbehindert und kann unter bestimmten Voraussetzungen von einer vorzeitigen Altersrente profitieren. Grundsätzlich gilt, dass Menschen mit Schwerbehinderung bereits ab dem 63. Lebensjahr in Rente gehen können, ohne die üblichen Abzüge in Kauf nehmen zu müssen, die bei einer regulären vorzeitigen Rente anfallen.
Auch als schwerbehindert anerkannte Personen müssen Voraussetzungen erfüllen
Hier gilt es, zwei Grundvoraussetzungen zu erfüllen: Zum einen muss der Schwerbehindertenausweis vorliegen, und zum anderen muss die Person eine Wartezeit (auch Mindestversicherungszeit genannt) von 35 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung nachweisen können. Diese setzen sich aus Beitragszeiten, Ersatzzeiten, Anrechnungszeiten sowie gegebenenfalls Berücksichtigungszeiten zusammen. Wer diese Voraussetzungen erfüllt, kann mit 63 Jahren abschlagsfrei in den Ruhestand gehen.
35 Jahre klingen viel, oder? Wenn man sich ansieht, welche Zeiten im Falle einer Schwerbehinderung angerechnet werden können, verliert das Ganze seinen Schrecken allerdings ein wenig. Stiftung Warentest hat die anrechenbaren Zeiten einmal zusammengefasst.
Diese Zeiten werden auf deine Wartezeit angerechnet
Hierzu zählen Zeiten, in denen du:
- sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder selbstständig sozialversicherungspflichtig tätig warst
- ab dem 17. Lebensjahr zur Schule gegangen bist oder studiert hast (insgesamt acht Jahre)
- Kinder erzogen hast (bis zum zehnten Geburtstag des jüngsten Kindes)
- freiwillig Beiträge an die Rentenkasse gezahlt hast
- Angehörige gepflegt hast
- Krankengeld, Arbeitslosengeld 1 oder Übergangsgeld bezogen hast
- im Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2010 Arbeitslosengeld 2 bezogen hast
- in der DDR politisch verfolgt wurdest
- Zeiten, die dir nach einer Scheidung im Rahmen des Versorgungsausgleichs auf dein Konto übertragen wurden
Hat der Schwerbehindertenausweis Auswirkungen auf die Rentenhöhe?
Der Schwerbehindertenausweis selbst führt zwar nicht automatisch zu einer Erhöhung der Rente, doch wer durch seine Behinderung nicht mehr oder nur eingeschränkt erwerbstätig sein kann, hat eventuell Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Diese wird in Fällen von voller oder teilweiser Erwerbsminderung gezahlt und kann die finanziellen Einbußen durch eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit ausgleichen.
Die Erwerbsminderungsrente wird jedoch nicht an alle schwerbehinderten Personen gezahlt, sondern nur an diejenigen, deren Erwerbsfähigkeit erheblich eingeschränkt ist. Dafür ist eine separate Prüfung durch den Rentenversicherungsträger erforderlich. Eine Besonderheit der Erwerbsminderungsrente besteht darin, dass Zeiten, in denen eine Erwerbsminderung vorliegt, für die Berechnung der Altersrente positiv berücksichtigt werden können.
Zudem gibt es für Schwerbehinderte bei der Berechnung der Rentenpunkte spezielle Regelungen. So werden Zeiten der Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit unter bestimmten Voraussetzungen rentenrechtlich besser bewertet, was sich ebenfalls günstig auf die Höhe deiner späteren Altersrente auswirken kann.
Das musst du beim Rentenantrag beachten
Der Rentenantrag für schwerbehinderte Menschen unterscheidet sich grundsätzlich nicht wesentlich vom normalen Rentenantrag. Allerdings gibt es einige spezifische Punkte, die du beachten solltest. So muss der Schwerbehindertenausweis beim Antrag auf eine vorgezogene Altersrente unbedingt als Nachweis beigefügt werden. Dieser dient als offizieller Beleg dafür, dass du als Antragsteller:in die Schwerbehinderteneigenschaft auch erfüllst.
Damit die Bearbeitung rechtzeitig abgeschlossen werden kann, solltest du deinen Rentenantrag etwa drei bis sechs Monate vor dem gewünschten Renteneintrittsdatum stellen. Denn aus der Beantragung deines Schwerbehindertenausweises weißt du sicher: Es kann eine Weile dauern. Prüfe sorgfältig, ob alle notwendigen Unterlagen, wie der Schwerbehindertenausweis, Nachweise über Versicherungszeiten und gegebenenfalls ärztliche Atteste, vollständig beigefügt sind.
Du kannst dich auch im Vorfeld an die Deutsche Rentenversicherung oder eine:n Rentenberater:in wenden, um sicherzugehen, dass du alles aus deinen Rentenansprüchen mit festgestelltem Grad der Behinderung rausholst.
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