„Indien? Alleine? Du?“ – solche Reaktionen habe ich häufig gehört, als ich Freund:innen und Familie von meinen Plänen berichtete, für zwei Monate als Frau alleine in Indien zu reisen. Und ganz ehrlich: Sie haben mir große Angst gemacht. Als ich die Reise gebucht habe, war ich zunächst euphorisch. Schließlich hatte ich mir ja Tausende Reiseberichte dazu durchgelesen, die mir versichert haben, dass die Nummer safe ist.
Als mein Vater mir dann einen Bericht mit der Zeile „Junge Touristin in Indien vergewaltigt“ schickte, wollte ich am liebsten wieder alles abblasen. Zum Glück habe ich das nicht getan und stattdessen die schönste und aufregendste Zeit meines Lebens gehabt. Diese Erfahrung möchte ich hier mir dir teilen und dir acht Reise-Tipps mit an die Hand geben, mit denen du als Frau alleine sicher durch Indien reisen kannst.
Frau alleine in Indie: Das erfährst du hier
Frau alleine in Indien: Meine Reise-Erfahrungen
Indien ist anders als alles, was ich bisher in meinem Leben gesehen habe. Es ist laut, dreckig, absolut chaotisch und es herrscht teilweise sehr viel Armut. Es ist ein Land der Gegensätze, mit sicheren und unsicheren Orten und ich möchte die Stellung der Frau hier auf keinen Fall verschönert darstellen. Dennoch hat das Land auch so viel Positives zu bieten, für das sich eine Reise auf jeden Fall lohnt.
Ich habe Indien vor allem wegen seiner Vielfalt, Wärme, Spiritualität und Gastfreundschaft ins Herz geschlossen – und natürlich wegen des guten Essens. Als helle, blonde Touristin stand ich oft im Mittelpunkt. Die Einheimischen wollten Fotos mit mir machen, haben mir Essen angeboten und mir in schwierigen Situationen weitergeholfen, ohne jemals eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Hin und wieder habe ich mich unwohl gefühlt, aber, dass mir ernsthaft etwas zustoßen könnte, habe ich in keiner Sekunde befürchtet.
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8 Tipps, wie du sicher als Frau alleine in Indien reisen kannst
Wenn man ein paar Regeln befolgt und die Reise sicher plant, kann man in Indien definitiv alleine als Frau reisen und das Abenteuer in vollen Zügen genießen. Hier kommen acht Tipps, die ich dir aus meiner eigenen Erfahrung mit auf dein Indien-Abenteuer geben möchte.
Bitte bedenke aber, dass jede Reise individuell und Erfahrungen immer subjektiv sind. Passieren kann immer und überall auf der Welt irgendwas. Auf jeder (Solo-)Reise gilt: Sei nicht ängstlich, aber geh die Sache immer mit Vernunft und einem gesunden Respekt an.
1. Starte mit einer Reisegruppe
Ja, ich weiß, eine organisierte Gruppenreise ist nicht gerade das, was man sich unter einer Solo-Reise vorstellt. Mir persönlich hat es jedoch sehr geholfen, mein Abenteuer so zu beginnen. Die ersten zwei Wochen habe ich an einer Tour der Reiseorganisation G-Adventures teilgenommen und ich würde es immer wieder so machen.
Nicht jedoch, weil ich befürchte, dass mir alleine etwas passiert wäre, sondern, weil ich so in einem sicheren Umfeld ein Gefühl für das Land und die Leute gewinnen konnte. Der erste Stop war Delhi – die Definition von Chaos. Mich dort von Anfang an alleine durch den Verkehr und den ÖPNV-Dschungel zu kämpfen, hätte mir sehr viel wertvolle Energie geraubt – und damit musste ich in den zwei Reisemonaten sparsam umgehen.
2. Indien-Anfänger:in? Starte im Süden
Wenn du partout keine Lust auf eine Gruppenreise hast und vorher noch nie in Indien warst, dann fang am besten mit Süd-Indien an. Die Bundesstaaten Goa und Kerala unterscheiden sich stark vom restlichen Indien. Sie sind moderner, ohne dabei zu sehr an westliche Länder zu erinnern. Und während es in Delhi, Jaipur, Udaipur und co. im Winter ganz schön kalt werden kann, ist es hier das ganze Jahr über warm. Hier wirst du langsam an Indien herangeführt und bist danach ready für den chaotischen Norden.
In Canacona – einem Strandparadies in Süd-Goa – hat auch meine wirkliche Solo-Reise begonnen. Hier triffst du auf jede Menge Yogis und Backpacker und kannst die wunderschönen Strände und Landschaften genießen. Von dort aus fährt ein Nachtbus oder Züge ins Landesinnere Richtung Hampi – eine kleine, heilige Tempelstadt, die mein persönliches Highlight der gesamten Reise war. Von Hampi aus ging es mit dem Nachtzug nach Kochi, der Hauptstadt von Kerala, wo ich die Backwaters, Reisfelder und Teeplantagen und Munnar bestaunen konnte.
3. Kleide dich angemessen
Indien ist ein Land, das stark von Religion geprägt wird. Die Hinduist:innen stellen die Mehrheit der Bevölkerung mit über 80% dar. Die zweitgrößte religiöse Gruppe sind Muslim:innen mit 13,4% der Bevölkerung. Besonders dann, wenn du viel im Norden unterwegs bist, solltest du als Frau stets darauf achten, dass Knie und Schultern bedeckt sind und du keinen tiefen Ausschnitt zeigst. Zum einen aus Respekt zur Landes-Kultur, zum anderen aus Sicherheitsgründen.
Als westliche Frau ziehst du ohnehin alle Blicke auf dich. Männer werden versuchen mit dir ins Gespräch zu kommen und mit dir zu flirten. Sie schauen dich an, pfeifen dir hinterher und wollen Fotos mit dir schießen, auf denen sie den Arm um dich legen. Ich habe indische Männer nie als bedrohlich, aber häufig als nervige Machos empfunden. An manchen Tagen war es irgendwie lustig, an anderen einfach nur nervtötend.
4. Bus und Zug? Darauf solltest du achten
Indien ist bekannt für seine Nachtzüge und Nachtbusse und wie du bereits gelesen hast, bin auch ich mit diesen Verkehrsmitteln gereist. Zugegeben: Ich hatte schon angenehmere Nächte. Bequem war das ganze definitiv nicht, aber es war eine Erfahrung wert, die man auch als allein reisende Frau unbedingt gemacht haben sollte. Abgesehen davon ist es deutlich günstiger und umweltfreundlicher als mit dem Taxi oder dem Flugzeug zu reisen.
Wenn du einen Nachtzug in Indien buchst, dann achte darauf, dass du immer die höchste Klasse wählst. Hier triffst du meistens auf Geschäftsleute, die dich einfach ignorieren oder nette Familien, die ihr Essen mit dir teilen. Manchmal gibt es auch Zugabteile, die nur für Frauen reserviert sind. Nachtbusse sind meiner Erfahrung nach ungefährlich, da sie fast ausschließlich von Backpacker:innen genutzt werden. Meine Nachtbusreise von Goa nach Hampi habe ich zum Beispiel über die Website redbus.in gebucht.
5. Knüpfe Kontakte
Das tollste am Alleinreisen sind die Menschen, die man dabei kennenlernt. Auch in Indien wirst du auf andere Backpacker:innen aus aller Welt treffen. Eine Hostel-Kultur gibt es hier aber leider nicht. Deshalb musst du andere Wege finden, um Kontakte zu knüpfen. Sei offen und spreche andere Reisende am Strand an. Tausche dich mit ihnen über ihre Reise-Erfahrungen aus.
Verbündete zu haben kann in Ländern wie Indien in vielerlei Hinsicht hilfreich sein. Sei es einfach, um sich nicht einsam zu fühlen oder um sich bei Problemen an jemanden wenden zu können. Kulturschocks schweißen zusammen und du schließt dadurch Freundschaften für’s Leben.
6. Sei selbstbewusst und sage NEIN
Indien ist ein Männer dominiertes Land. Sowohl Inderinnen, als auch Reisende, brauchen ein selbstbewusstes Auftreten. Wenn du durch die Straßen läufst, werden dir viele neugierige (und oft freundliche) Augenpaare folgen. Gehe Aufrecht und Stolz. Sei freundlich aber bestimmt und klar. Lass dir niemals einreden, du würdest eine unhöfliche Besucherin Indiens sein, wenn du etwas nicht machen möchtest.
Ein Nein bedeutet Nein! Wer seine Grenzen klar setzt, sich selbstbewusst zeigt und Respekt einfordert, wird nicht belästigt. Das heißt nicht, dass man die Person aggressiv anschreit. Das Gegenteil ist der Fall: Formuliere deutlich, klar und sachlich, was du möchtest und was dir nicht gefällt. Mache deinem Gegenüber bewusst, wo die Grenzen liegen.
7. Halte dich an die indischen Frauen
Der Kontakt mit Inderinnen muss erst gefunden werden, ist dann aber unglaublich schön. Zunächst hatte ich den Eindruck, dass mich viele indische Frauen mit kritischen Blicken gemustert haben. Dann durfte ich ihre Hilfsbereitschaft erfahren und habe mich fortan immer an sie gewendet, wenn ich vor einem Problem stand.
Einmal habe ich zum Beispiel einen falschen Bus genommen und war plötzlich in einer Gegend, in der ich mich nicht mehr orientieren konnte. In diesem Fall war es ein Local-Bus, in dem sonst keine anderen Reisenden unterwegs waren. So ging ich auf eine Gruppe indischer Frauen zu und fragte sie nach Hilfe. Glücklicherweise sprach eine von ihnen englisch – viele Inder:innen tun das nicht. Sie brachten mich alle gemeinsam zu einer anderen Bushaltestelle, kauften mir ein neues Ticket, gaben mir Wasser und warteten mit mir auf den nächsten Bus. Im Gegenzug durften sie ganz viele Fotos mit mir machen. 😉
8. Sei nachts nicht alleine unterwegs
Wenn du alleine bist, sieh zu, dass du vor Dunkelheit dein Hotelzimmer aufsuchst. In einer Gruppe ist es kein Problem, spätabends noch unterwegs zu sein – wobei wir nochmal beim Thema „Kontakte knüpfen“ wären. Auch kleine Strecken zwischen Restaurant und Unterkunft in einem touristischen Ort sind eher unproblematisch. Vor allem, wenn viel los ist und die Straßen noch erhellt sind.
Wenn du mitten in der Nacht irgendwo ankommst und noch weiter zu deiner Unterkunft fahren musst, schnapp dir unbedingt ein Taxi oder Rikschaw. Am besten lässt du dir im Voraus einen Transfer von der Unterkunft organisieren.
Fazit: Als Frau alleine in Indien? Ja, unbedingt
Nun hoffe ich, dass ich dir mit einigen Aussagen nicht doch ein wenig Angst eingejagt habe. Am Ende ist es Typ-Sache, ob man für solch eine Reise gemacht ist oder nicht. Wenn du allerdings schon in Erwägung gezogen hast, als Frau alleine in Indien zu reisen, dann scheint sich der Wunsch in dir bereits gefestigt zu haben. Es wäre schade, wenn du ihn aus Angst über Board wirfst. Ich persönlich würde immer wieder nach Indien reisen und mich dieses Mal auch an eine Solo-Reise im Norden wagen.