Laut einer Umfrage von Statista leiden etwa 43 Prozent der Deutschen unter Schlafproblemen. Stress auf der Arbeit, Angstzustände oder chronische Erkrankungen können die Auslöser für Schlaflosigkeit sein. Behandlungsmethoden gibt es viele – doch nur wenige helfen. Nun soll eine Therapie mit medizinischem Cannabis eine sinnvolle Alternative zu üblichen Medikamenten sein. Kann man damit wirklich Schlafstörungen behandeln? Ein Experte gibt Aufschluss.
Schlafstörungen behandeln: Ist medizinisches Cannabis eine Alternative?
Um Schlafstörungen zu behandeln, lassen sich manche Menschen Medikamente verschreiben. Das Problem: Viele haben starke Nebenwirkungen oder machen abhängig. Medizinisches Cannabis soll eine ungefährliche Alternative sein, wie der Arzt und Gründer von Algea Care, Dr. med. Julian Wichmann, erklärt: „Die Cannabinoide THC und CBD aus medizinischem Cannabis können für einen besseren und erholsamen Schlaf sorgen. Dabei können sie eine beruhigende Wirkung haben, die Ausschüttung von Stresshormonen reduzieren und dem Körper ermöglichen, zur Ruhe zu kommen.“
Warum medizinisches Cannabis so wirksam ist? „Das Endocannabinoid-System ist Teil unseres Nervensystems“, so der Experte. „Es kann als Kommunikationssystem zwischen dem menschlichen Gehirn und dem Körper betrachtet werden, das unterschiedliche Prozesse reguliert und unseren Organismus und das Wohlbefinden beeinflusst. Verschiedene Wirkstoffe der Cannabispflanze, unter anderem das THC binden sich an unsere Cannabinoid-Rezeptoren und entfalten so seine Wirkung.“
Was ist der Unterschied zwischen medizinischem Cannabis und CBD?
Es gibt verschiedene Präparate, in denen die Cannabis-Wirkstoffe unterschiedlich hoch dosiert sind. Damit unterscheidet sich medizinisches Cannabis deutlich von CBD-Produkten, wie Kaugummis, Hautpflege und Öl, die aktuell überall angeboten werden.
Dr. Wichmann erklärt: „Im Gegensatz zu THC ist CBD hierzulande nicht als Betäubungsmittel klassifiziert – und damit unter anderem als Kosmetika verkehrsfähig. Solche CBD-Lifestyle-Produkte haben aber wenig mit medizinischem CBD gemein, dessen Konzentration um ein Vielfaches stärker ist und das unter strengen medizinischen Richtlinien hergestellt wird. Grundsätzlich hat CBD vor allem eine anti-entzündliche und beruhigende Wirkung.“
Macht medizinisches Cannabis abhängig?
Das Besondere: Medizinisches Cannabis soll deutlich weniger Nebenwirkungen haben, als herkömmliche Präparate, mit denen man Schlafstörungen behandeln kann. „Wie auch sonst sind eine sorgfältige Eingewöhnungsphase und vorsichtige Dosierung entscheidend“, so Dr. Wichmann.
„Nichtsdestotrotz kann auch medizinisches Cannabis Nebenwirkungen haben. Dazu zählen etwa Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, trockene oder gereizte Augen oder ein trockener Mund. Man sollte also stets viel trinken. Während der Behandlung können auch Konzentrationsschwäche, Stimmungsschwankungen, gesteigerter Appetit oder Blutdruckabfall auftreten. Psychiatrische Nebenwirkungen sind in einer kontrollierten Therapie extrem selten und treten eher bei entsprechenden Vorerkrankungen auf. Dies muss man vor Therapiebeginn gründlich abfragen.“
Wie der Arzt betont, sei „im Zuge einer ärztlich überwachten Therapie mit medizinischem Cannabis bislang keine Cannabisabhängigkeit wissenschaftlich beschrieben worden.“
Mit medizinischem Cannabis kann man nicht nur Schlafstörungen behandeln
Bei der Behandlung von Schlafstörungen ist vor allem die Einnahmezeit des Präparats wichtig, so Dr. Wichmann: „Es sollte mindestens eine Stunde vor dem Zubettgehen eingenommen werden, um die optimale Wirkung zu erzielen. Bei der ärztlichen Behandlung mit Cannabis kombiniert man hier häufig verschiedene Präparate: abends macht eine Schlaf-fördernde Sorte Sinn, bei Schmerzpatient:innen verschreibt man morgens hingegen ein eher Antriebs-steigerndes Cannabis-Präparat.“
Inzwischen wird medizinisches Cannabis für eine Vielzahl anderer Beschwerden wie Endometriose, ADHS, Depressionen und Migräne angewendet.