200 oder 300 vor Christus verfasste Vatsyayana Mallanaga das wohl älteste Zeugnis über die Erotik: das Kamasutra. Bis heute faszinieren uns die Hunderten Sexstellungen, die sich in diesen insgesamt sieben Büchern finden. Uns vom wmn-Magazin faszinieren sie sogar so sehr, dass wir jede Woche eine neue in unserer #sexperience ausprobieren und offen und ehrlich unsere Erfahrungen teilen. Diese Woche habe ich mich an eine Stellung gewagt, der ich noch nie viel abgewinnen konnte: das Lecken im Stehen. Ob es mir dieses Mal besser gefallen hat und welche Tipps und Tricks ich nur weiterempfehlen kann, liest du hier.
(Die folgenden detailreichen Beschreibungen stammen von einer heterosexuellen Frau.)
Lecken im Stehen: So viel zur Theorie
Es gibt Sexstellungen aus dem Kamasutra, die bedürfen einer langen Erklärung und verlangen akrobatische Fähigkeiten im Bett. Das Lecken im Stehen gehört nicht zu diesen Stellungen. Die ganze Magie liegt tatsächlich nur darin, dass die Frau mit beiden Beinen auf dem Boden steht und der Mann vor ihr hockt oder kniet, um sie mit der Zunge zu verwöhnen.
Lange verstand ich das Lecken im Stehen eher als eine zweckdienliche Stellung, die zum Beispiel Oralverkehr unter der Dusche ermöglicht. Wenngleich ich dem Lecken unter der Dusche noch nie viel abgewinnen konnte. Schließt man hier die Augen, um es zu genießen, ist man kurz vorm Ausrutschen oder Umkippen und obendrein läuft dem Partner Wasser ins Auge. Bevor das die Lust völlig killt, verlagert man das weitere Liebesspiel also ins Schlafzimmer.
Im Schlafzimmer angekommen, würde mir allerdings kein Grund einfallen, warum man sich im Stehen weiterlecken lassen sollte?! Stehen tue ich an der Bushaltestelle oder an einer Ampel. Sex verstehe ich eher als horizontale Angelegenheit. Trotz meiner schlechten Erfahrungen und entgegen meiner Routine entschloss ich mich dennoch, mich auf dieses Sexperiment einzulassen und überzeugte meinen Partner, mich im Stehen zu lecken…
Lecken im Stehen: Auf auf in die Praxis
Wenn ich schreibe „überzeugte“, meine ich, dass ich ihn fragte: „Hey, hast du Lust, mich heute Abend im Stehen zu lecken?“ Er konnte sein Grinsen kaum unterdrücken, lehnte sich lässig gegen die Küchentheke und sagte verschmitzt: „Bekommen wir hin!“ Wir hatten also einen Deal und verabredeten uns für den Abend im Schlafzimmer.
Hier schauten wir uns zur Einstimmung gemeinsam einen Porno an oder zwei oder drei – wer zählt das schon – und fielen anschließend übereinander her. Nach einem kurzen Vorspiel begaben wir uns in die Vertikale.
Ich stellte mich mit beiden Beinen fest auf den Boden und mein Partner ging in die Knie. Ohne langes Zögern begann er, meine Oberschenkel sanft zu streicheln und überraschte mich mit einem gekonnten Zungenspiel. Für einen kurzen Moment zogen Blitze durch meinen Körper und ich legte meinen Kopf in den Nacken.
Als ich wenig später wieder nach unten auf das Haupt meines Partners blickte, verging mir die Stimmung allerdings immer mehr. Plötzlich fühlte sich das Lecken im Stehen einfach nicht mehr richtig an. Wie mein Partner so zu meinen Füßen kniete und voller Hingabe meine Vulva liebkoste, fühlte ich mich fast so, als würde ich ihn damit erniedrigen. Zu allem Überfluss bekam ich auf unserem unbeheizten Fußboden kalte Füße. Ich schlug also einen Stellungswechsel vor.
Ich lehnte mich stehend über die Kante unseres Bettes und er leckte mich von hinten weiter. „Schon viel besser“, stöhnte ich ihm entgegen. Immerhin musste er so nicht mehr vor mir knien und ich tätschelte ihm nicht mehr den Kopf, wie es ein lüsterner Pornodarsteller tut, der gerade einen Blowjob im Stehen bekommt.
In dieser halb stehenden Variante konnte ich zuletzt sogar einen Orgasmus erleben, weil ich mich so viel besser fallen lassen und entspannen konnte. Dass mein Partner zusätzlich mit seinen Fingern in mich eindrang, könnte aber auch zu meinem Höhepunkt beigetragen haben.
Die wmn-sexperience: „Diese Sexstellung gibt mir nichts außer kalte Füße!“
Leider wurde ich in meiner ursprünglichen Meinung über das Lecken im Stehen bestätigt: Zum Orgasmus bringt es mich nicht, zumindest nicht in der klassischen Herangehensweise. Ich konnte mich beim besten Willen nicht fallen lassen.
Zum einen musste ich auf mein Gleichgewicht achten und konnte die Augen nicht schließen. Zum anderen bekam ich kalte Füße – und das bedeutet bei mir immer das Aus für einen guten Orgasmus. Zuletzt fühlte ich mich schlicht nicht wohl dabei, wie mein Partner so vor mir kniete, als würde ich ihn gleich zum Oralritter schlagen.
Auch mein Partner war vom Lecken im Stehen eher wenig begeistert. Als ich ihn fragte, ob er es als erregend empfand – in der Regel liebt er es, mich zu lecken – sagte er: „Ging so. Es ist ziemlich anstrengend für die Knie und der Winkel ist unpraktisch. Deine Vulvalippen liegen gewöhnlich wirklich praktisch, um dich zu lecken. Aber im Stehen kommt man kaum an sie heran und müsste sie wie einen Vorhang aufhalten. Es hat mich also nicht so sehr erregt wie gewöhnlich.“
Zwei vernichtende Urteile für das Lecken im Stehen. Dementsprechend fällt das Rating für die sexperience aus:
Sportlichkeitslevel: sehr gering
Intimität: nicht vorhanden
Orgasmusgarantie: bei mir gegen null, aber wer im Stehen kommen kann, sollte hierbei erfolgreich sein
Lecken im Stehen: Diese Erfahrung klemme ich mir zukünftig
Die dieswöchige sexperience mag sich an manchen Stellen wie ein kompletter Reinfall lesen. Ich sehe das Ganze aber etwas positiver. Immerhin hatte ich Sex und habe nach einem Stellungswechsel den Orgasmus bekommen, auf den ich hingefiebert habe.
Außerdem konnte ich erneut offen und ehrlich mit meinem Partner über unsere Wünsche und Empfindungen im Bett sprechen, was unsere Intimität deutlich nach oben getrieben hat. Zu guter Letzt habe ich auf die Art herausgefunden, dass ich es getrost ablehnen kann, sollte mich jemals jemand wieder im Stehen lecken wollen!
Weitere sexperiences:
- Sex in der Badewanne? So flutet ihr nicht das ganze Bad
- Selbstbefriedigung mit Pornos: Vollkommen okay oder Tabu?
- Die Portugiesische Galeere Stellung – diese Art Sex wirst du lieben
- Sex auf dem Boden in der wmn sexperience: Geht das auch classy?
- Zum Orgasmus gewippt: „Die romantischste Sexstellung, die ich je getestet habe“