Stonewalling bedeutet „mauern“ und hat viele Gesichter, beschreibt aber stets eine Form der Weigerung zur Kommunikation bei bestimmten Themen bzw. Konflikten. Für zwischenmenschliche Beziehungen ist dieses oft unbewusste Verhalten toxisch und kann zu großen Problemen führen. Erfahre hier, was dahinter steckt und welche Handlungsweisen für eine Beziehung hilfreich sind.
Stonewalling: Die Mauer muss weg
Was bedeutet Stonewalling?
Wenn jemand Stonewalling betreibt, dann „mauert“ er im übertragenden Sinne. Wahrscheinlich kennst du das Phänomen aus Streitereien in Beziehungen. Mitten im hitzigen Schlagabtausch macht einer der beiden Parteien plötzlich dicht, zieht sich zurück, sagt keinen Ton mehr. Manche nehmen sogar Reißaus und sind stundenlang nicht erreichbar. Fühlst du dich gerade ertappt, weil du selbst zu Stonewalling neigst? Oder wird dir ganz schlecht, weil du dieses Verhalten nur zu gut von deinem Partner bzw. deiner Partnerin kennst und es dich schier wahnsinnig macht? Dann bleib dran.
Warum mauern manche Menschen in einer Beziehung?
Wenn eine Person mauert, wird oft angenommen, dass sie wütend, unhöflich, unverantwortlich, kindisch oder einfach nur desinteressiert an Beziehungen zu anderen ist. Das mag für einige zutreffen, aber diese Art von Abwehrverhalten ist oft nuanciert und vielschichtig. Untersuchungen haben gezeigt, dass Männer in Beziehungen eher mauern als Frauen. Die Gründe dafür können vielfältig sein und sind meistens nicht bösartig.
1. Verteidigung gegen Überforderung
Ablenkung kann ein Bewältigungsmechanismus sein und eine Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Manche Menschen brauchen einen inneren Raum, der ihnen eine Art Einsamkeit bietet, um mit Krisen umzugehen, die sie emotional überwältigen.
Da Betroffene oft nicht in der Lage sind, ihre Gefühle auszudrücken oder anders zu verarbeiten, ziehen sie es vor, einfach emotional zu „verschwinden„, wenn sie sich unwohl fühlen. Auch wenn Einsamkeit gesund sein kann, ist anhaltendes Mauern keine gute Beziehungsstrategie. Frauen sind von diesem Verhalten nicht ausgenommen, aber dieses Verhalten ist bei Männern häufiger anzutreffen.
2. Emotionale Unterdrückung
Wenn eine Person zu leicht auf Ablenkungsmanöver als Bewältigungsmechanismus zurückgreift, bedeutet das häufig, dass sie ihren Gefühlen nicht den Raum gibt. Unterdrückte Gefühle neigen dazu, sich wie Vampire zu verhalten – wenn man dem Biest nicht entgegentritt und ihm einen Pflock ins Herz stößt, wird es wahrscheinlich wieder auftauchen, in der Regel noch intensiver als zuvor. Der Zusammenhang zwischen Depression, körperlicher Krankheit und emotionaler Dysregulation ist in einigen Studien nachgewiesen worden.
stonewalling ist genau das, wonach es sich anhört. In einer Diskussion oder einem Streit zieht sich der Zuhörer aus der Interaktion zurück und verschließt sich dem Sprecher, weil er sich überwältigt oder physiologisch überflutet fühlt. Bildlich gesprochen baut er eine Mauer zwischen sich und seinem Gegenüber auf.
3. Aggressive Manipulation
Dies ist das toxischste Motiv für die Blockade von Beziehungen. In seiner harmloseren Form ist es eine Vermeidungstechnik, die angewandt wird, um sich nicht mit Problemen oder Situationen auseinandersetzen zu müssen. Aggressive Stonewaller:innen bevorzugen ihre Präferenzen in der Beziehung und nutzen das Stonewalling-Verhalten, um ihren Willen durchzusetzen. Diese Eigenschaften sind an sich schon schädlich, egoistisch und unreif und vor allem nicht gut für eine Beziehung.
Wenn eine Person anfängt zu mauern, ist sie in den meisten Fällen überfordert, was sich in einer Reihe von Anzeichen äußert. Erhöhter Herzschlag, Ausschütten von Stresshormonen in den Blutkreisluaf und sogar eine Kamp-oder-Flucht-Reaktion. In so einem Fall ist es unmöglich, das Thema auf eine rationale und respektvolle Weise zu erörtern.
Neigst du zu Stonewalling?
Wahrscheinlich ist dir schon längst klar, dass es nicht gerade die feine Art ist, sich einer Diskussion einfach zu entziehen oder den anderen mit seinen Emotionen allein zu lassen. Tatsächlich führt Stonewalling auch nur dazu, dass ihr denselben Streit immer und immer wieder führen müsst, weil du jede Chance auf eine Aussprache zunichte machst.
Mach dir aber auch klar, dass du nicht schuld bist an diesem Reflex, dich in einer emotionalen Stresssituation zurückzuziehen. Dein Körper trifft diese Entscheidung mehr, als dass du sie aktiv beeinflussen kannst. Was du aber beeinflussen kannst, ist dein Umgang mit diesem Reflex.
Neigt dein:e Partner:in zu Stonewalling?
Vielleicht hört man es etwas am Ton dieses Artikels heraus, aber mein eigener Freund neigt extrem zu Stonewalling. Bei so ziemlich jedem Streit finde ich mich nach kurzer Zeit vor dem Bett stehend wieder, er hat die Decke über den Kopf gezogen und sagt kein Wort mehr. Ein bisschen erinnert die Situation dann an ein Kind, das Verstecken spielt: „Du kannst mich nicht sehen, ich kann dich nicht hören!“
Es ist ein schrecklich unbefriedigendes Gefühl, wenn ein Streit auf diese Art endet. Und wie oben schon geschrieben steht, endet er auch nicht wirklich. Er wird nur um eine Woche verschoben. Für mich als diejenige, die „gestonewalled“ wird, bedeutet das extremen Stress, denn ich fühle mich unverstanden, nicht wertgeschätzt und irgendwie auch weniger geliebt.
Stonewalling als Beziehungskiller
Wenn Dr. John Gottman vom Gottman-Institut sagt, Stonewalling führe auf Dauer zum Liebes-Aus, ist das eine harte, aber vermutlich realistische Prognose. Denn wenn Probleme in Beziehungen nie geklärt werden können, werden sie sich so lange ansammeln, bis es einem von beiden endgültig reicht. Wenn dir etwas an deiner Beziehung liegt und du – ob aktiv oder passiv – von Stonewalling betroffen bist, solltest du nicht nur alle Konfliktthemen, sondern auch das Thema Stonewalling selbst auf den Tisch bringen.
Natürlich kann Stonewalling auch in Freundschaften vorkommen. Wie du von Vornerein falsche Freunde erkennst, siehst du im Video:
Mittel gegen Stonewalling
Der erste Teil des Gegenmittels gegen Stonewalling besteht darin, Stopp zu sagen.
Das ist, wie so vieles, leichter gesagt als getan. Wenn du versuchst den Streit einfach zu beenden, indem du die Situation verlässt, kann das von der anderen Person als Hinhaltetaktik aufgefasst werden. Vereinbart daher im Voraus eine erkennbare Art und Weise, eine Pause einzulegen. Das kann ein Wort, ein Satz oder eine Geste sein. Das kann erst einmal deeskalierend wirken und dir die Zeit geben, die du brauchst, um deine Gefühle richtig einzuordnen.
Diese Pause sollte nach dem Gottman Institut mindestens zwanzig Minuten dauern, da es so lange dauert, bis sich dein Körper physisch beruhigt hat. In dieser Zeit solltest du etwas Beruhigendes zur Ablenkung machen. Zum Beispiel: Musik hören, einen Spaziergang machen oder Atemübungen.
Seit ich aufgehört habe, meinem Stonewalling-Freund hinterherzulaufen, obwohl er schon längst dichtgemacht hat und das Thema ihm und mir zuliebe auf eine entspannte Situation verschiebe, können wir viel besser über das sprechen, was manchmal eben besprochen werden muss.
Fazit: Beim Stonewalling macht der Ton die Musik
Egal ob du die Person bist, die mauert, oder die, die gegen eine Mauer ankämpft, abschließend solltest du dir diese Tipps zu Herzen nehmen, um deiner Beziehung eine Chance zu geben.
Achte auf deinen Ton und deine Wortwahl: Ja, Konflikte sind emotional und es kann schwerfallen nicht laut zu werden. Helfen tut es selten, es schreckt dein Gegenüber eher ab. Wenn dich etwas stört, versuche es als Ich-Botschaft zu formulieren.
Wähle den richtigen Zeitpunkt: Probleme lassen sich leichter lösen, wenn eine entspannte Atmosphäre herrscht. Und selbst wenn Konflikte gerade besprochen werden, es ist vollkommen okay mittendrin um eine Pause zu bitten, um sich zu sortieren