Es gibt Bücher, die dir gefallen. Es gibt auch Bücher, die dich berühren. Und dann gibt es Bücher, die dich nie wieder loslassen und zu denen du immer und immer wieder zurückkehren wirst. So ein Buch ist das heutige #BookoftheWeek, auch bekannt als: Mein Lieblingsbuch. Wenn du also griechische Mythologie gerne magst, (queere) Geschichten und eine Romanze, die dich aus den Socken haut, dann bist du hier genau richtig.
„And they were roommates“ – Wie Queersein oft in der Geschichte ausradiert wird
Viele Historiker:innen wollen nicht anerkennen, dass es schon immer queere Menschen gab und auch immer welche geben wird. Oft wird dann argumentiert, dass die Charaktere in antiken Tragödien nur beste Freund:innen waren oder sich einfach nur sehr, sehr gut verstanden haben. Dabei ist durch verschiedenste Briefwechsel sogar historisch belegt, dass romantische Lobhymnen schon im alten Griechenland ausgetauscht wurden – und das auch unter gleichgeschlechtlichen Partner:innen.
Umso wichtiger ist es, dass es Autor:innen gibt, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die wahre Geschichte griechischer Mythologien und anderen Tragödien einer vergangenen Zeit anzunehmen und diese ‚richtigzustellen‘. Denn nein, sie waren keine Zimmergenossen. Die meisten waren viel, viel mehr als das. Und genau das sind die besten Romanzen, die man sich vorstellen kann.
„Das Lied des Achill“ von Madeline Miller: Die Iliad im neuen Glanz
Wer mich kennt, der weiß, dass griechische Mythologie etwas ist, was mich schon seit Jahren fasziniert. Die Geschichten rund um Götter und Wunder einer anderen Zeit ziehen mich immer wieder in den Bann. Genau deshalb sind Retellings (zu Deutsch: Wiedererzählungen) von griechischen Sagen auch eines meiner absoluten Lieblingsgenres, wenn es um den Buchmarkt geht. Doch kein Buch hat mich bisher so sehr begeistern können wie das poetische Meisterwerk Das Lied des Achill.
Ein kleiner Tipp vorab: Wer gerne englische Bücher liest, der sollte dieses Buch auf jeden Fall auch in dieser Sprache lesen. Die Poetik, mit der Madeline Miller schreibt, ist etwas, was ich vor und nach diesem Buch nie wieder so gelesen habe. Aber auch die deutsche Übersetzung soll dem poetischen Schreibstil der Autorin gerecht werden.
Kommen wir zum Inhalt, der eigentlich der bekannten griechischen Tragödie Iliad von Homer folgt. Schon zu Beginn dieses Epos steht das Zitat: „Sing, O muse, of the rage of Achilles, son of Peleus, that brought countless ills upon the Achaeans.“ (zu Deutsch: „Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus, // Ihn, der entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte“). Und genau darum geht es in Das Lied des Achill: Um Achill und seinen Zorn, der Welten zu Fall bringen kann. Und wer ist Schuld an diesem Zorn? Richtig: Sein Geliebter, Patroklus.
Wir folgen in der Geschichte dem griechischen Halbgott und bekannten Helden des trojanischen Kriegs Achill, wie er zusammen mit seinem ‚besten Freund‘ Patroklus aufwächst. Die Verbindung der beiden wird von Tag zu Tag stärker und irgendwann wird aus Freundschaft Liebe. Liebe, die während eines Kriegs überleben muss und im Endeffekt einen tragischen (einen wirklich sehr tragischen) Verlauf nimmt.
Wie diese griechische Mythologie mein Herz eroberte
Ja, ich liebe Liebesgeschichten. Und ich liebe es, wenn diese Liebesgeschichte eine ist, die Berge versetzen und Meere teilen kann. Dieses Buch hat mir das Gefühl gegeben, dass irgendwo da draußen mein Seelenverwandter noch geduldig auf mich wartet. Denn das sind Achill und Patroklus: Seelenverwandte. Das Buch ist aus der Sicht von Patroklus geschrieben und die Liebe und Bewunderung, die er für Achill empfindet, fließt aus jedem einzelnen Buchstabe und jeder einzelnen Seite.
Achill zerstört durch seine Trauer ganze Landstriche. Niemand kann mir in diesem Zusammenhang sagen, dass Achill und Patroklus ’nur Freunde‘ waren. Genau diesen Fakt hat Madeline Miller auch nicht akzeptiert und deshalb eine herzzerreißende Liebesgeschichte geschrieben, die an Herz und Nieren geht. Halte deine Taschentücher bereit, dieses Buch ist nichts für Menschen, die nahe am Wasser gebaut sind (wie ich. Ich habe am Ende des Buches ungefähr eine Stunde durchgeweint. Ungelogen).
„Das Lied des Achill“: „Eine Hommage an die Liebe“
Wer nicht weiß, ob griechische Mythologie etwas für einen ist, der sollte diesem Buch trotzdem eine Chance geben. Denn auch wenn dieses Buch ein Retelling von einer der größten griechischen Tragödien der Weltgeschichte ist und man die Geschichte rund um den trojanischen Krieg ja irgendwie schon kennt, ist dieses Buch viel mehr als das. Es ist eine Hommage an die Liebe, eine Richtigstellung der Geschichte und ein Hoch auf die queere Community, die schon immer da war und da sein wird.
Noch mehr rund um Bücher gefällig?