Seit ein paar Wochen läuft auf Netflix der Film BLONDE über Marilyn Monroe. Der Film war ein mit Spannung und Vorfreude erwartetes Projekt von dem Streaming-Anbieter. Jetzt, nachdem der Film auf der Plattform gelandet ist, wird der Film stark von Kritiker:innen und Zuschauer:innen kritisiert. Warum du den Film mit einem kritischen Auge betrachten solltest, erfährst du hier.
BLONDE – eine Geschichte, die nicht nur auf wahren Geschehnissen basiert
Der Film BLONDE ist die Filmadaptierung, die auf dem gleichnamigen fiktionalen Roman von Joyce Carol Oates aus dem Jahr 2000 basiert. Ähnlich wie bei der beliebten Netflix-Serie The Crown ist auch bei diesem Film nicht alles wahrheitsgetreu aufgearbeitet. Die Geschichte ist in manchen Teilen dramatisiert. Von wahren Ereignissen ist sie lediglich inspiriert oder teilweise sogar komplett erfunden. Gerade bei BLONDE ist dies problematisch, da Monroe selber keinen Einfluss auf die Geschichte hatte und der Film dennoch wie eine wahre Geschichte vermarktet wird.
Eine Twitter-Userin hat den Film mit Monroes Leben verglichen und fordert nun ihre Follower auf, den Film nicht zu schauen. Was also macht den Film so problematisch?
Triggerwarnung: In diesem Abschnitt geht es unter anderem um sexualisierte Gewalt. Solltest du dich durch sexuelle Übergriffe getriggert fühlen, lies bitte nicht weiter, oder nimm eine Vertrauensperson zur Hilfe. Geht es dir nicht gut? Dann findest du unter dieser Nummer 24/7 eine professionelle Beratung: 08000 116 016.
1. Monroes Beziehung zu ihrer Mutter
Marilyn Monroe ist mit ihrer Mutter Gladys Baker und ihrem damaligen Ehemann Edward Mortenson bis zu deren Scheidung aufgewachsen. Dieser war allerdings nicht Monroes leiblicher Vater. In BLONDE wird eine Szene gezeigt, in dem Monroes Mutter ihre Tochter in der Badewanne ertränken will, nachdem diese nach ihrem Vater gefragt hat. Das ist laut Recherchen erfunden.
In ihrem Buch My Story schreibt die Ikone, dass Baker ihr erzählt hat, wer ihr Vater war, als sie noch sehr jung war. Sein Name wurde der Öffentlichkeit allerdings erst Anfang 2022 bekannt gegeben. Laut Monroe ist ihre Mutter nicht gewalttätig geworden, als sie nach dieser Information gefragt hat.
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2. Abtreibung
In dem Netflix-Film wird thematisiert, dass Monroe eine Abtreibung hatte. Dies ist jedoch komplett erfunden. Es gibt keinerlei Beweise oder Aufnahmen, dass Monroe eine Abtreibung hatte. Es gibt im Gegenteil mehrere Beweise, dass die Schauspielerin unbedingt Kinder haben wollte und auch häufiger schwanger war. Jedoch wurden die Schwangerschaften frühzeitig beendet, wegen einer ektopischen Schwangerschaft und einer Fehlgeburt. Von einer ektopischen Schwangerschaft spricht man, wenn sich eine befruchtete Eizelle außerhalb der Gebärmutter einnistet, meist in einem der Eileiter. Aus diesem Grund ist es problematisch und unangebracht, Monroes eigene Geschichte so zu verfälschen.
Dieses Mal wirst du mir nicht wehtun, oder? Nicht so wie beim letzten Mal.
Zitat von Marilyns Fötus aus dem Netflix Film BLONDE
Im Film hören wir, wie Monroes Fötus mit ihr redet. „Dieses Mal wirst du mir nicht wehtun, oder? Nicht so wie beim letzten Mal.“ So fragt der Fötus mit der Stimme eines kleinen Kindes und verweist damit auf zwei frühere Schwangerschaften und Zwangsabtreibungen, die auch im Film gezeigt werden. Als Zuschauer:in sieht man das Innere von Monroes Gebärmutter, in der sich ein ausgewachsenes Baby befindet. „Ich wollte das nicht“, antwortet Monroe. „Doch, du wolltest es. Es war deine Entscheidung“, sagt der Fötus.
Monroe verliert das Baby bald darauf. Laut der Forscherin Steph Herold, die untersucht, wie Abtreibungen in Serien und Filmen dargestellt werden, wirkt dies wie eine „implizite Bestrafung für die Abtreibung“, die Monroe zuvor hatte. Viele Kritiker:innen und Organisationen werfen dem Film deswegen vor, es sei Anti-Abtreibungs-Propaganda.
3. Die mutmaßliche Affäre mit John F. Kennedy
Marilyn und Präsident John F. Kennedy haben sich nur vier Mal kurz getroffen – jedes Mal in der Öffentlichkeit bei Veranstaltungen, die sie getrennt voneinander besuchten. Das einzige Mal, bei dem sie miteinander geschlafen haben könnten, war im März 1962. Die beiden hielten sich im Haus des Musikers Bing Crosby auf. Auch das ist jedoch nur ein Gerücht und keinesfalls bewiesen.
In Donald Spotos Buch Marilyn Monroe: The Biography, behauptet Monroes Masseur und Freund Ralph Roberts, dass sie ihn von der Party aus anrief, um ihn um Ratschläge für eine Massage zu bitten. Roberts behauptete, dass er nicht nur den Präsidenten im Hintergrund hörte, sondern dass dieser mit ihm sprach. Er schrieb: „Marilyn hat mir erzählt, dass diese Nacht im März das einzige Mal war, dass sie eine ‚Affäre‘ mit JFK hatte. Viele Leute haben nach diesem Wochenende gedacht, dass mehr dahinter steckt. Marilyn hat mir den Eindruck vermittelt, dass es für keinen der beiden ein großes Ereignis war: Es passierte einmal, an diesem Wochenende, und das war’s.“
Im Film BLONDE wird dies allerdings in eine andere Richtung gezogen. Im Film hat JFK Monroe sexuell missbraucht. Die Darstellung ihres angeblichen gemeinsamen Sexlebens beruht ausschließlich auf Verdächtigungen und Gerüchten; selbst dann wurde nie behauptet, dass er sie sexuell missbraucht hat.
4. Sexualisierte Gewalt
In dem Film gibt es mehrere Szenen, die sexuelle Gewalt zeigen. Eine dieser Szenen: Monroe wird bei Vorsprechen für einen Film vergewaltigt. Natürlich muss man unbedingt dazu sagen, dass das in Hollywood keine Seltenheit ist und es leider auch schon sehr oft vorgekommen ist.
Allerdings gibt es in diesem Fall keinerlei Beweise oder Berichte, dass Monroe in Hollywood vergewaltigt worden ist. Monroe wurde Berichten zufolge als Kind missbraucht. In ihrer Karriere hat sie sich häufig für andere junge Frauen eingesetzt. In ihrem Leben ist viel Schlimmes passiert, doch was BLONDE nicht zeigt ist, wie Monroe sich über all das hinwegsetzte. Sie hat beispielsweise Marilyn Monroe Productions gegründet und war damit erst die zweite Frau in den USA, die ihre eigene Produktionsfirma gründete.
Ist es ethisch richtig, Monroes Namen in einem Film zu verwenden?
Über Marilyn Monroe gibt es etliche Bücher, Dokumentarfilme, Filme und Geschichten. Welche davon wahr sind, werden wir wahrscheinlich nicht mehr erfahren – und das ist auch gut so. Monroe war genauso wie du und ich ein Mensch, der ein Recht auf Privatsphäre und ihre eigene Geschichte hat. Filme wie BLONDE nehmen ihr diese Geschichte komplett weg, ohne dass sie etwas daran etwas aussetzen kann. Es ist insofern problematisch, einen Film zu veröffentlichen, der Monroes Leben verfälscht zeigt, mit Ereignissen, die so nie passiert sind.
Wenn du dir den ganzen Thread von der Twitter-Userin @remainsoflilies durchlesen willst, kannst du das hier direkt machen.