Wir verbringen immer mehr unsere Zeit im Internet und könnten das Leben ohne wahrscheinlich gar nicht mehr ertragen. Das Internet bringt allerdings nicht nur Wunder mit sich, sondern auch einige negative Aspekte. Darunter gehören unter anderem Desinformation und auch der Hass im Netz. Nicht nur Personen des öffentlichen Lebens können von Shitstorms und Hass im Internet betroffen sein, sondern so gut wie jede:r Internet-Nutzer:in. Wir haben uns das Thema mal genauer angeschaut, und mit einem Experten darüber gesprochen, wie man mit diesem Hass umgehen kann.
Shitstorms & Hass im Internet
- Hass im Internet – so weit kann es gehen
- Bleibt der Hass im Internet?
- Hass im Netz: Wer ist am meisten davon betroffen?
- Welchen Effekt hat dieser Hass auf unsere mentale Gesundheit?
- Gibt es Wege, mit diesem Hass umzugehen?
- Wie ist die rechtliche Lage bei Online-Hass?
- Fazit: Support-System in der Realität bei Online Hass
Hass im Internet – so weit kann es gehen
Stell dir vor, du postest ein TikTok Video, in dem du deine Lieblingsfilme und Serien bewertest. Manche deiner Videos gehen danach viral und du erhältst Tausende neuer Follower:innen. Du merkst, dass deinen Content gut funktioniert und machst natürlich weiter.
Auf einmal merkst du, dass deine Kommentarspalten voller Hass sind und du Morddrohungen bekommst. Und das nur, weil diese Personen einer deiner Aussagen über eine Serie oder einen Film nicht zustimmen. Verrückt, oder?
Genau so ist es einem TikToker namens „Straw Hat Goofy“ gegangen. Der Influencer hat schon des Öfteren Videos gepostet, in denen er emotional wird und darüber redet, dass er den Hass nicht versteht und nicht weiß, wie er damit umgehen soll.
Und er ist nicht der einzige. So gut wie jede:r Social Media Nutzer:in hat Hass im Internet schon mindestens einmal mitbekommen, oder sogar selber erlebt. Dieser Hass fängt auf einer Plattform wie TikTok oder Twitter an und bleibt auch meistens dort.
Bleibt der Hass im Internet?
In den schlimmsten Fällen kann dieser Hass allerdings auf die Realität überschwappen, wie beispielsweise bei dem tragischen Fall von Dr. Lisa-Maria Kellermayr. Dr. Kellermayr war eine Ärztin, die sich für das Impfen gegen COVID-19 eingesetzt hat und auf Twitter deswegen dauerhafte Hassnachrichten erhalten hat. Diese Drohungen sind dann in die Realität übergegangen und so schlimm geworden, dass die Ärztin aus Angst um ihre Mitarbeiter:innen und sich selbst ihre Praxis schließen musste. Das tragische Ende von Dr. Kellermayrs Geschichte ist, dass sie sich vor weniger als einem Monat wegen dieser konstanten Hassnachrichten das Leben nahm.
Redaktionstipp: Ralf Wiegand von der Süddeutschen Zeitung hat einen langen Artikel über Dr. Kellermayr und Hass im Internet geschrieben.
Hass im Netz: Wer ist am meisten davon betroffen?
Laut Dr. Hana Patel, einer britischen Privatärztin und Mental Health Coach, sind Frauen häufiger von Online-Missbrauch und Hass betroffen. Sie zitiert einen Bericht des britischen Victims Commissioner: „In diesem Bericht wurden Aussagen von Opfern wiedergegeben, die sich wütend und ängstlich fühlten und Dinge sagten wie ‚Ich wollte mich einfach von der Außenwelt zurückziehen und fühlte mich sehr allein und deprimiert‘.“
Auch eine neue Studie von Amnesty International hat die alarmierenden Auswirkungen von Missbrauch und Belästigung in sozialen Medien auf Frauen aufgezeigt. Frauen auf der ganzen Welt berichten von Stress, Angstzuständen oder Panikattacken als Folge dieser schädlichen Online-Erfahrungen. Natürlich ist dies kein Phänomen, das nur Frauen betrifft.
Welchen Effekt hat dieser Hass auf unsere mentale Gesundheit?
In einem Gespräch mit wmn hat der US-amerikanische Autor, Radiohost und lizenzierter Psychotherapeut, James Miller, gesagt, dass es viele entscheidende Faktoren gibt, warum Menschen mit ihrer psychischen Gesundheit kämpfen. Menschen müssen heutzutage mit viel mehr Hass umgehen als jemals zu vor – und das hauptsächlich von Menschen, die sie nicht mal kennen.
Dies könnte daran liegen, dass durch die Anonymität des Internets viele User:innen alle Hemmungen verlieren. „Die Normalität dieses Verlusts an Umgangsformen hat eine Welt geschaffen, in der die Menschen sagen können, was sie wollen. Und das ohne Rücksicht darauf, ob es einem anderen schaden könnte“, sagt Miller.
Dem stimmt auch Dr. Hana Patel zu. Die Ärztin erklärt: „Eine Studie aus dem Jahr 2015 hat gezeigt, dass Menschen, die sieben oder mehr soziale Medienplattformen nutzen, eher unter psychischen Problemen leiden. Zusätzlich wurde festgestellt, dass eine erhöhte Nutzung sozialer Medien eine geringere Lebenszufriedenheit im Alter von 19 Jahren voraussagt.“
Auf die Frage, ob beide Expert:innen einen Anstieg in Depressionen und Angststörungen wegen den Sozialen Medien sehen, waren sie sich nicht ganz einig. Dr. Patel erzählt, dass sie einen klaren Anstieg erkennen kann, während James Miller sagt, dass er eher eine Überbelastung erkennen kann. „Durch diese Überbelastung werden neue ‚Traumata‘ erlebt, denen eine Person vorher nie ausgesetzt gewesen wäre“, sagt er.
Gibt es Wege, mit diesem Hass umzugehen?
Den immer aggressiver werdenden Hass im Internet haben natürlich auch schon die großen Unternehmen mitbekommen. Meta hat letztes Jahr zum Beispiel ein paar weitere Funktionen auf Instagram vorgestellt, die es Nutzer:innen leichter machen sollen, Hass und Belästigungen zu umgehen. Diese Funktionen sind:
- Schärfere Warnungen an diejenigen, die beleidigende oder hasserfüllte Nachrichten posten
- „Hidden Words“ kann Instagram-Belästigungen automatisch blockieren
- Blockieren von Kommentaren von neue Followern und Nicht-Followern
- Gezieltes einstellen, welche User:innen dich in Kommentaren und Stories markieren können
- Abstellen und limitieren von Kommentaren
James Miller sagt, dass gerade diese Funktionen mehr beachtet werden sollten. Er erklärt, dass jede:r das Recht hat, Inhalte zu erstellen und posten, die ihr oder ihn widerspiegeln, dennoch sollte man sich im Klaren sein, dass jeder Post hasserfüllte Reaktionen mit sich bringen kann. Diese Funktionen sind also die einzige Möglichkeit eine Präsenz auf den Sozialen Medien zu haben und den Hass zu umgehen.
Wie ist die rechtliche Lage bei Online-Hass?
Es gibt einige Situationen, die laut dem deutschen Grundgesetz strafbar sind. Darunter gehören auch laut § 185 Beleidigungen im Internet. Diese können strafrechtlich angezeigt werden und können mit einer Geldstrafe oder einer Haftstrafe von bis zu einem Jahr beglichen werden. Natürlich ist das Anzeigen wegen Beleidigung nicht so einfach wie es sich anhört. Schau dir diesbezüglich doch mal das kurze Erklärungsvideo von No Hate Speech an.
Zusätzlich kann man sich auch mit folgenden Taten im Internet strafbar machen:
- Öffentlicher Aufruf zu Straftaten, § 111
- Gewaltdarstellung, § 131
- Beschimpfung religiöser Bekenntnisse, § 166
- Üble Nachrede, § 186
- Verleumdung, § 187
- Recht am eigenen Bild, § 201a
- Nötigung, § 240
- Bedrohung, § 241
Durch die Anonymität im Internet ist es allerdings schwer, Menschen anzuzeigen. Es kann immer sein, dass die Personen, die besonders viel Hass verbreiten Online, ihre Identität verheimlichen. Dadurch kann die Polizei nichts machen. Genau so war das übrigens bei Dr. Kellermayr.
Fazit: Support-System in der Realität bei Online Hass
Dr. Patel und James Miller sind sich einig, dass Freund:innen gerade bei Hass im Internet sehr wichtig sind. Denn diese können einem helfen, damit besser umzugehen und geben einem zugleich das Gefühl, dass man nicht allein ist. Leider gibt es hier keine einfache und schnelle Lösung, wie man mit Hass umgehen kann, und vor allem, wie man ihn reduziert.
Das könnte dich auch interessieren: