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Sexismus beim Kellnern: „Irgendeine Hand hast du immer am Arsch“

Sexismus beim Kellnern ist leider etwas Allgegenwärtiges. Wir zeigen auf anhand von Berichten, auch unserer eigenen Redaktion, was für ein Problem die Gastronomie mit sexueller Belästigung hat.

Kellnerin Restaurant Mundschutz
Sexismus beim Kellnern ist allgegenwärtiges Problem. Foto: shutterstock/David Tadevosian / shutterstock/David Tadevosian

Häufig erleben Frauen in ihrem Job als Kellnerin Sexismus in Form von verbaler oder sogar physischer Belästigung. Unsere Redakteurinnen selbst berichten von unangenehmen Erfahrungen, die sie in der Gastronomiebranche von Seiten der Gäste und des eigenen Betriebs machen mussten. Hier erfährst du die leider traurigen Einblicke in den Sexismus beim Kellnern.

Sexismus ist in der Gastronomie allgegenwärtig

Hunderte Erfahrungsberichte von Frauen, die in einer gastronomischen Einrichtung arbeiten oder gearbeitet haben, zeigen ein allgemeines Sexismus-Problem in der Branche auf. Fälle von verbaler Sexualisierung bis physischen Übergriffen geben Eindruck, wie normal Sexismus und eine echte Belästigungskultur in diesem Berufsfeld herrscht. Die ehemalige Kellnerin Rike Schindler berichtet dem Stern-Magazin, wie ihr einmal der Küchenchef vor allen Gästen zwischen die Beine griff.

Sie wollte sich darüber beschweren, wusste aber, das bringe nichts. Schließlich herrscht in der deutschen Spitzengastronomie eine strenge Männerhierarchie und ein extremer Mangel an weiblichen Führungskräften. Mehr über dieses Küchenparadox erfährst du hier. Die Zeit.online befragte die eigenen Leser:innen über Sexismus-Erfahrungen: sie bekamen 51 Berichte über sexuelle Belästigungen von Frauen und 3 von Männern.

Darunter zählen einerseits doppeldeutige Bemerkungen, die ihnen Gäste oder auch Vorgesetzte oder Kolleg:innen machen. Andererseits berichtet ein Großteil der Frauen, dass es völlig normal sei, bei der Arbeit angegrapscht zu werden. Schindler selbst berichtet, dass es sie am meisten ekelte, mitzuhören, wie ihre männlichen Kollegen Frauen in Unterhaltungen offen sexualisierten. Extrembeispiele sind Fälle, bei denen Gäste direkt verbalisieren, dass sie mit dieser Frau schlafen wollen und sich derweil in den Schritt fassten.

Motto: „Schön lächeln und freundlich sein“

Leider tun (meist männliche) Vorgesetzte Beschwerden ihrer weiblichen Angestellten über sexuelle Belästigung als Befindlichkeit derer ab. Man müsse da halt durch, sei die allgemeine Antwort laut Erfahrungsberichten. Damit haben viele Frauen, die solch einen Fall von Sexismus und Übergriffigkeiten melden möchten, kaum Erfolg. Das Problem: Sie sind nur umrundet von Männern, die nicht die nötige Empathie haben und es als Grundvoraussetzung des Kellnerjobs bezeichnen, mit dieser sexistischen Haltung umzugehen.

Sexismus ist in der Gastronomie zu sehr kultiviert. Vonseiten der Gäste, Kollegen und Vorgesetzten kommt diese Haltung. Frauen können als Minderheit in der Branche kaum etwas dagegen ausrichten. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes stuft die Arbeit als Kellnerin sogar als Risiko ein, dabei Opfer von sexueller Belästigung zu werden. Als Grund nennen sie vornehmlich alkoholisierte Gäste und Gruppendynamiken in reinen Männerrunden. Man könnte auch vermuten, dass sich Gäste viele Selbstverständlichkeiten aus dem Motto „Der Kunde ist König!“ nehmen.

Zusätzlich wird weiblichen Servicekräften häufig geboten, ein sexuell aufgeladenes Bild professioneller Freundlichkeit zu zeigen. Berichten zufolge sollten Kellnerinnen einen tiefen Ausschnitt bei der Arbeit tragen und sich besonders adrett bedürftigen Gästen zeigen. Nach dem Motto: „Sex sells“.

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Sexismus ist in der Gastronomie allgegenwärtig. Foto: gettyimages / Westend61

Das berichten unsere Redakteurinnen

Lena: „Ich erinnere mich besonders an eine Situation, in der mich ein Gast während des gesamten Aufenthalts über den Tresen hinweg gemustert hat. Es war wirklich auffällig und ich habe mich wie auf dem Präsentierteller gefühlt. Kurz bevor er ging, hat er seine Espressotasse samt Untertasse persönlich zu mir gebracht. Dort war dann fein säuberlich seine Handynummer auf die Zuckertüte geschrieben. Nicht weiter dramatisch, jedoch ist meinen männlichen Kollegen nie etwas Derartiges passiert.

Die Erzählungen unserer Redakteurin Lena zeigen, wie unangenehm es sein kann, als Kellnerin zu arbeiten. Kritiker:innen würden diese Situation damit abstempeln, dass so eine Geste doch eigentlich süß sei. Der Punkt ist hier jedoch, dass es ungewollt passiert ist. Jemanden wiederholt anzustarren und sich über das Einverständnis hinwegsetzen, ob die Person die Handynummer überhaupt haben möchte.

Sexismus beim Kellnern
Diese Sexismus-Erfahrungen haben unsere Redakteurinnen beim Kellnern gemacht. Foto: Getty Images / AntonioGuillem

Sie hat Sexismus von beiden Seiten erfahren

Fabia: „Habe lange in der Gastro gearbeitet. Mein erster Job war in einem Restaurant, das auch eine Kegelbahn hatte. Es gab viele Geburtstage und Hochzeiten, häufig mit vielen älteren Menschen . Es war auf jeden Fall nicht unnormal Sätze von Gästen zu hören wie: „Ach Schätzchen“, „Kleines“ etc. und einmal sagte auch jemand zu mir, dass er mich gerne mal in seine Liebeshöhle einladen würde. Der Herr war über 70 Jahre alt und ich minderjährig!

Fabias Erzählungen aus ihrer Zeit als Kellnerin waren erst der Anlass meiner Recherche. Es war erschreckend zu hören, wie unverschämt sich manche Gäste dort verhalten haben. Dann erzählte sie auch, dass sie einmal mit einem Rock zur Arbeit kam und der Koch ihr darauf unangenehme Kommentare wie Ich stelle mich gleich unter die Treppe, wenn du wieder hochläufst. machte. Später habe er sogar mit einer Kollegin versucht, ihren Rock „spaßeshalber“ mit einem Besenstiel hochzuheben.

Auch unsere Redaktionsleiterin hat etwas zu berichten

Mona: „Ich habe in meiner Studienzeit fast jede Nacht in einer Kneipe verbracht und Unmengen von Bier verkauft. Immer wieder wurde ich von den Gästen angebaggert, doch ich dachte mir nicht viel dabei. Eines Abends hatte ich aber die Verantwortung für die Kegelbahn im Keller. Jedes Mal, wenn ich ein volles Tablett mit Getränken runterbrachte, wurden die Männer unangenehmer. Sie baten mich, bei ihnen im Keller zu bleiben und mit ihnen “abzuhängen”. Sie fassten mich an. Erst an der Schulter, dann an der Hüfte, dann unter dem Rock.

Häufig kommen Kellnerinnen in die Bredouille, ob sie sich beschweren oder dieses Verhalten über sich ergehen lassen sollen. Leider veranlasst der Job in der Gastronomie häufig dazu, ein schmalen Grat zwischen „sich beschweren“ und „unhöflich werden“ zu sehen. Denn eine Kellnerin muss ihren Gast ja weiterhin bedienen. Unser Bericht von Mona zeigt ein Beispiel:

Einer von ihnen zog mich sogar auf seinen Schoß. Ich wand mich aus ihren Klauen. Auch wenn ich echt Panik hatte, dass diese zehn betrunkenen Typen mir etwas antun könnten, hatte ich im gleichen Moment Angst davor, unhöflich zu wirken, wenn ich sie in ihre Schranken wies. Ich entschuldigte mich also und ging auf wackligen Beinen nach oben zu meinem Chef. Den Rest des Abends bediente mein Chef die Jungs, damit ich vor ihnen meine Ruhe hatte. Doch sie kamen mit diesem Verhalten durch, was mich heute unfassbar wütend macht.

Hier haben wir klassische Fälle von Sexismus seitens der Gäste oder der Kollegen, die unsere Redakteurinnen in der Gastronomie gemacht haben. Übrigens musste ich mit meiner Umfrage überhaupt nicht lange suchen, sondern es haben sich sofort mehrere Frauen gemeldet, die etwas zu berichten hatten. Damit ist einmal mehr das allgegenwärtige Problem klar? Wie kann sich eine Kellnerin gegen Sexismus wehren, wenn alle sie so behandeln?

Gucken hier schauen.