Panikattacken, Angstzustände, Wahnvorstellungen und sogar Suizid – all diese psychischen Leiden sollen durch das Meditieren besser werden. Doch im Gegenteil: Die buddhistische Tradition, die mittlerweile längst mainstream geworden ist, birgt eine Schattenseite. Bei etwa jeder zehnten Person löst Meditation Nebenwirkungen aus, die sogar zu einem Klinikaufenthalt führen können. Betoffene erzählen ihre Geschichten.
Meditation: Nebenwirkungen bei jeder 10. Person
Im Kampf gegen Stress, innere Unruhe oder Einschlafprobleme schwören viele auf Meditation als absolutes Wundermittel. In der Regel funktioniert diese Praxis auch sehr gut, allerdings sollte sie gelernt sein und erfordert viel Übung. Hinzu kommt, dass die Reise in das eigene Selbst bei einigen Menschen auch psychische Begleiterscheinungen auslösen kann. Häufig heißt es dann: Das Meditieren hilft nicht.
Ein Denkfehler, denn eigentlich löst erst die Meditation die Nebenwirkungen aus. Recherchen des Investigativformats Vollbild decken neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf, die dramatische Folgen ans Licht bringen. Laut einer zehnjährigen Langzeitstudie der US-amerikanischen Psychologin Willoughby Britton von der Brown University entwickelt jede zehnte Person durch die Meditation Nebenwirkungen.
Die 5 häufigsten Nebenwirkungen der Meditation
Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren auf die positiven Auswirkungen des Meditierens hingewiesen. Dazu gehört zum Beispiel die Reduzierung von Stress und der bessere Umgang mit Depressionen, berichtet die Tagesschau. Die negativen Auswirkungen würden jedoch enorm unterschätzt werden.
Wie die Psychologin Willoughby Britton schildert, seien Angst, Panik, traumatische Erinnerungen, Wahnvorstellungen und Hypersensibilität die häufigsten Nebenwirkungen von Meditation. Im Video berichten Betroffenen, wie sehr die Begleiterscheinungen ihren Alltag einschränken und krank sie durch das Meditieren geworden sind.
Nach Meditationsretreat: Junge Frau nahm sich das Leben
Insbesondere junge Menschen seien von den negativen Auswirkungen betroffen. Vollbild sprach beispielsweise mit einem 26-jähriger Student aus Wiesbaden, der nach intensiven Meditationen mithilfe einer App Panikattacken bekam, die er sogar klinisch behandeln lassen musste. Des Weiteren klagt eine 28-jährige Promotionsstudentin aus Düsseldorf über extreme Wahnvorstellungen, die sie zu einem stationären Aufenthalt in einer Klinik zwangen.
In Kanada ereignete sich ein besonders schockierender Fall. Dort nahm sich eine junge Frau das Leben, nachdem sie vorzeitig aus einem zehntägigen Meditationsretreat floh. Sie habe sich von währenddessen unwohl gefühlt. Auf Antrage erklärte das Meditationszentrum, man sei zutiefst betroffen über den Vorfall. Erkannt habe die instabile Psyche allerdings keiner.
„Teilnahme auf eigene Gefahr“
Das passiert leider häufiger: Zwar sind die Meditationsanbieter:innen und Couches darauf geschult, zu erkennen, wenn die Meditation Nebenwirkung entwickelt und sich jemand unwohl fühlt. Allerdings werden mögliche Schuldzuweisungen meist vehement abgestritten und dem Opfer in die Schuhe geschoben. Mit der einfachen Klausel „Teilnahme auf eigene Gefahr“ versuchen sie sich, von ihrer Verantwortung frei zu machen.
Häufig wird behauptet, die Person habe all diese Probleme bereits vorher gehabt – die Meditation habe sie lediglich hochgeholt und zugänglich gemacht. Oft heißt es auch, es wurde einfach „falsch meditiert“. Britton erklärt dies so: „Der normale Meditationslehrer will hilfreich sein, und dann zu hören, dass man Schaden angerichtet hat, das ist eine sehr schwierige Art von Feedback.“
In einem Selbstversuch von Vollbild kam heraus, dass nur sehr wenige von rund 20 befragten Meditationsanbieter:innen auf die Nebenwirkungen von Meditation hingewiesen haben. Und das, obwohl sich die Testperson als psychisch instabil ausgegeben hatte.
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Anlaufstelle für Betroffene
Die geringe Schuldeinsicht und das weitgehend positive Image der Meditation führen dazu, dass die Nebenwirkungen der Betroffenen nicht ernst genommen werden. Wenn du selbst auch betroffen bist oder jemanden kennst, kannst du dich an das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg wenden. Es ist die erste Anlaufstelle für Opfer von Meditationsnebenwirkungen in Deutschland. Dort haben Psycholog:innen ein offenes Ohr für Betroffene und bieten ihre Hilfe an. Sie sehen hierzulande einen großen Beratungsbedarf.