Vergiss Swingerclubs und Nac(k)tbars! Kuschelpartys sind eine wunderbare Plattform, um Menschen ganz harmlos von ihrer kuscheligsten Seite kennezulernen. Kein Sex, nur Kuscheln, Trösten und Liebhaben. Was im ersten Moment wie ein Scherz klingt, ist in einigen Städten bereits eine erfolgreiche Event-Reihe. Wir erklären dir, was es mit dem Trend auf sich hat.
Kuschelpartys: Gemeinsam weniger einsam
Wie die Rheinische Post berichtete, stieg die Einsamkeits-Quote der 45- bis 84-jährigen Deutschen zwischen 2011 und 2017 um circa 15% an. Auch viele junge Menschen sind von Einsamkeit betroffen. So behauptet jeder vierte Jugendliche, sich manchmal einsam zu fühlen. Angesichts dieser Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass sogenannte Kuschelpartys, die dem Alleinsein Abhilfe versprechen, gerade immer beliebter werden.
Kuschelpartys: Das steckt dahinter
Ein Haufen wildfremder Menschen, ein Raum voller Matratzen, Decken und Kissen. Das ist alles, was die Kuschelcommunity für ihre Feten benötigt. Hier wird sich gestreichelt, umarmt und zärtlich berührt. Jogginghose und Kapuzenpullover sind erlaubt, aber bleib bloß angezogen. Jegliche Form von sexueller Annäherung ist nämlich verboten.
Erfunden wurden solche Veranstaltungen 2004 in Manhattan. Der Sexualtherapeut Reid Mihalko und seine Partnerin Marcia Baczynski, die als Beziehungsberaterin arbeitete, starteten die erste Cuddle Party in ihrer New Yorker Wohnung. Heute bilden sie Kuscheltrainer in den USA aus.
Kuschelpartys: Der Ablauf
Je nach Veranstaltung gibt es natürlich Unterschiede, doch im Großen und Ganzen kommt man bei jeder Kuschelparty an sein Ziel: Mal ordentlich durchgeksuchelt zu werden. Viele Kuschelsessions beginnen mit einer kurzen Vorstellungsrunde, in der die Teilnehmenden darlegen, was sie zum Fremd-Kuscheln bewegt. Darauf folgt oft ein freies Warm-Tanzen zu entspannter Musik.
Erlaubt: Anfassen, Händchenhalten und Streicheln |
Verboten: Küssen und das Berühren erogener Zonen |
Der Hauptteil nennt sich das freie Kuscheln. Hier kann drauf losgekuschelt werden, als gäbe es kein Morgen mehr. Alles wird von einer Kuscheltrainerin angeleitet, die das Einhalten aller Kuschel-Regeln überwacht.
Kuschelpartys: Wirkung
Körperliche Nähe ist ein natürliches menschliches Bedürfnis – Das weiß auch dein Gehirn. Bei Berührungen schüttet es das Hormon Oxytocin aus. Oxytocin wird auch als Kuschelhormon bezeichnet, da es beispielsweise bei der Geburt ausgeschüttet wird und die Mutter-Kind-Beziehung stärkt.
Die Ausschüttung von Oxytocin trägt dazu bei, dass du dich zufrieden und geborgen fühlst. Außerdem senkt es das Stresshormon Cortisol im Blut, wodurch du mehr Gelassenheit verspürst. Kuscheln hat also nachweislich einen positiven Effekt auf den menschlichen Körper.
Kuschelpartys: Nachteile
Die Idee einer Kuschelparty ist großartig. Wenn es doch so einfach wäre, die Oxytozin-Spiegel nach oben zu pushen – ist es aber leider nicht bei jedem. Natürlich fühlt man sich beim Kuscheln immer besser als beim Kämpfen, doch fremde Personen sind eigentlich nicht die besten Kandidaten dafür. Kuscheln mit dem Partner, mit Freunden oder der Familie ist viel besser für den Oxytozin-Spiegel.
Manche Kuschelpartys nutzen die Einsamkeit der Menschen aus. So kann es vorkommen, dass man 200 € für eine Kuschelsession blechen muss und sich danach genauso einsam fühlt wie davor.
Fazit: Erschreckend zeitgemäß
Die Vorstellung, sich von fremden Menschen streicheln zu lassen, mag im ersten Moment sehr merkwürdig erscheinen. Dennoch sollte man Kuschelpartys nicht verlachen, denn sie sind ein interessantes Phänomen unserer Gesellschaft.
Die Zahl der Single-Haushalte steigt in schwindelerregende Höhen, immer mehr mehr Menschen führen eine Fernbeziehung und zwischen dem ganzen Gelike und Geswipe kommt der persönliche Kontakt häufig viel zu kurz. Kein Wunder also, dass sich die Menschen nach körperlicher Nähe sehnen.
Ein ernst gemeinter Rat: Wer unter Einsamkeit leidet, der sollte den Kontakt zu Menschen suchen – Und zwar in der analogen Welt. Es muss nicht unbedingt eine Kuschelparty sein. Vielleicht legst du auf der nächsten Bahnfahrt einfach mal dein Smartphone weg und schaust den Menschen ins Gesicht.