Fast 20 Jahre ist es nun her, dass der Film Erin Brokovich erschien. Seither dient er Frauen – insbesondere alleinerziehenden Müttern – als Inspiration ihr Glück selbst in die Hand zu nehmen. Was du dir von dieser Frau genau abgucken kannst und wie viel Vorbild in ihr steckt, liest du hier:
Das Leben der Erin Brokovich
Stell dir vor, du hast 74 $ auf dem Konto und musst davon drei Kinder ernähren. Deine beiden Ex-Männer waren schneller weg, als du ‚Schwangerschaftstest‘ sagen konntest und du hast keine Ausbildung, um an einen vernünftigen Job zu kommen.
Als wäre das noch nicht genug, fährt dir nun ein Porschefahrer in die Flanke deines Schrottwagens, der dein größter materieller Besitz ist. Insgesamt eine überragende Exposition des Films “Erin Brokovich”, der im weiteren Verlauf eine Protagonistin zeigt, die sich wirklich allen Widrigkeiten des Lebens stellt.
Der Umschwung
Frisch als Aushilfe in einer kleinen Anwaltskanzlei eingestellt, kommt sie sogleich einem riesigen Umweltskandal auf die Schliche. Zusammen mit ihrem Chef verfolgt sie den Fall auf ihre unkonventionelle Art sowie auf Kosten ihres Privatlebens. Spoiler: mit Erfolg.
Das Beste an dieser Erfolgsstory? Sie ist wahr. Der Film aus dem Jahr 2000 basiert auf wahren Begebenheiten und Julia Roberts räumte mit der Rolle der toughen Erin Brokovich den Oscar als beste Hauptdarstellerin ab.
Erin Brokovich – weibliches Vorbild damals wie heute?
Was ist es denn nun, was wir uns von Erin abgucken können?
1. Kenne deinen eigenen Wert.
Erin Brokovich fordert ihren Chef Ed Masry im Film gleich mehrfach entschlossen dazu auf, ihr Gehalt zu erhöhen. Ganz richtig, wie wir finden.
Laut dem Wage Index liegen wir Frauen noch immer klar hinter den Gehältern der Männer, trotz der Zunahme von Frauen in Führungspositionen. Zudem feiern wir zwar private Erfolge, bei Gehaltsverhandlungen scheuen wir uns laut einer Umfrage allerdings, unsere Erfolge vorzuweisen.
Frauen der Generation Y und Z haben es dabei besonders schwer, weil die sie die Frage beschäftigt, ob es auf das Geld oder die Erfüllung im Leben ankommt. Bis diese Frage geklärt ist, sollten wir es jedoch Erin gleichtun und selbstbewusst das einfordern, was wir Wert sind: mindestens genauso viel wie die Männer in gleicher Position.
2. Verfolge deine eigenen Ziele. Richte dein Leben nicht nach einem Mann aus.
Als Erins neuer Freund sie bittet, ihren Job für ihn und ihre Kinder aufzugeben, hat sie eine klare Antwort für ihn: Nie wieder wird sie ihre eigenen Erwartungen und Ziele hinter die ihrer Männer stellen. Halleluja!
Viele Frauen machen sich zu häufig klein, gehen mehr Kompromisse ein, als ihnen lieb ist und nutzen Chancen nicht, um ihre Beziehungen zu halten. Das ist im kleinen Rahmen und der Liebe wegen auch gut. Natürlich nur, wenn auch der Partner seine Bedürfnisse anpasst.
Doch kein Mann ist es Wert, dass wir unsere persönliche Entwicklung und Selbstverwirklichung völlig vernachlässigen. Do your thing!
3. Mutterschaft und Karriere schließen sich nicht aus.
Durch Erin Brokovich lernen wir, wer Hilfe annimmt – in ihrem Fall durch einen verständnisvollen Partner – kann mehr sein, als nur Mutter.
Laut einer Studie arbeiten Frauen nach der Geburt des Kindes überwiegend in Teilzeit. Ob und wie viel eine Frau nach der Geburt arbeiten geht, hängt besonders davon ab, inwieweit der Vater zur Unterstützung bereit ist. Die Tendenz geht allerdings dahin, dass Väter sich mehr (Eltern-)Zeit für ihre Kinder nehmen möchten.
Erins Freund beweist, dass auch ein Mann sehr gut auf drei Kinder aufpassen kann, während Erin Vollzeit arbeitet. Ein Modell, von dem wir uns etwas abgucken können!
4. Bleib dir treu.
Erin tritt freizügig und vulgär auf. Dabei prallt sie auf eine konservative Welt, die überfordert ist mit einer Frau, die ihr Herz auf der Zunge trägt. Wir lieben Erin dafür, dass sie immer sie selbst bleibt.
Wie zeitgemäß ist „Erin Brokovich“?
Was wir knapp 20 Jahre später allerdings skeptischer betrachten, ist Erins Art, ihren Willen durchzusetzen. Auf die Frage ihres Chefs, wie sie gedenkt an die belastenden Unterlagen zu kommen, antwortet sie plump: „Ed, wozu hab ich Titten?“.
Sind wir mal ehrlich: Eine gleichberechtigte Gesellschaft werden wir nicht erreichen, wenn wir unsere weiblichen Reize einsetzen, um ans Ziel zu kommen. Wer sich selbst objektiviert und auf seine Körperlichkeit reduziert, untermeniert seinen Wert. Wir sind mehr als das.
Auch das Verhältnis der Frauen untereinander im Film ist aus heutiger Sicht katastrophal. So bezeichnet Erin ihre Kollegin kurzerhand als „Schwabbelbacke“. Frauen die sich gegenseitig zerfleischen? Geht gar nicht. Frauen sehen sich viel zu häufig als Konkurrentinnen. Dabei könnten wir gemeinsam so viel mehr erreichen.
Evergreen Erin Brokovich
Erin Brokovich ist ein Film, der mit Konventionen spielt. Keine Figur entspricht unseren Erwartungen. Schon gar nicht Erin selbst. Sie beweist uns, dass mehr hinter einem Menschen steckt, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. So ist und bleibt sie – trotz ihrer vulgären und überholten Kommentare – ein Vorbild für alle Frauen, die stark, selbstbestimmt und selbstbewusst durchs Leben gehen.