Nach den Antisemitismusvorwürfen von Gil Ofarim (39) gegen einen Mitarbeiter eines Hotels in Leipzig soll ein Bericht die Aussagen des Musikers in Zweifel ziehen. Das berichtet die Wochenzeitung „Die Zeit“ unter Berufung auf Ergebnisse einer internen Untersuchung. Anfang Oktober hatte der Sänger auf Instagram erklärt, er sei von einem Mitarbeiter des Hotels dazu aufgefordert worden, seine Halskette mit einem Davidstern einzupacken. Dann dürfe er einchecken.
Keiner der von einer Rechtsanwaltskanzlei befragten Zeugen des Abends habe eine antisemitische Beleidigung vernommen, heißt es nun bei „Die Zeit“. Die Zeitung bezieht sich in ihrer aktuellen Ausgabe auf den 118 Seiten langen Abschlussbericht einer von den Hotelbetreibern beauftragten Kanzlei. Diese ermittelte parallel zur Leipziger Staatsanwaltschaft, deren Untersuchung noch andauere.
Was passierte in der Hotellobby?
Die Anwälte konnten laut der Wochenzeitung mit Mitarbeitern und Gästen sprechen sowie Videomaterial der Überwachungskameras auswerten. „Keiner und keine jener Zeuginnen und Zeugen, die im Bericht der Kanzlei auftauchen, hat in der Hotellobby eine antisemitische Beleidigung gehört. Niemand soll sich an Aussagen über eine Kette mit Davidstern erinnern, nur einer meint, die Kette womöglich gesehen zu haben“, so „Die Zeit“. Allerdings habe die Polizei ihre eigenen Zeugenbefragungen noch nicht abgeschlossen. In dem Bericht der Kanzlei heißt es der Zeitung zufolge, der Musiker sei in Konflikt mit einem Mitarbeiter des Hotels geraten, weil dieser andere Kunden Ofarims Auffassung nach bevorzugt behandelt habe. Ofarim äußerte sich laut der „Zeit“ nicht zu den Erkenntnissen.
Die Zeitung berichtet zudem, dass ein Sachverständiger im Auftrag der Kanzlei ein Gutachten erstellt habe. Es kommt zu dem Schluss, dass die vom Hotel vorgelegten Aufnahmen der Überwachungskameras mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht manipuliert worden seien. Mit ebenfalls an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit habe der Musiker seine Kette auf den vorgelegten Videosequenzen nicht sichtbar getragen – weder bei Ankunft vor dem Haus, noch beim Betreten der Lobby, noch an der Rezeption, noch beim Verlassen der Lobby. Die Behörden betonten, dass man das Ende der polizeilichen Ermittlungen abwarten müsse.
Mitarbeiter darf wieder arbeiten
Zuvor war bereits bekannt geworden, dass der Hotelmitarbeiter, gegen den sich die Vorwürfe richteten, nach den internen Ermittlungen der Kanzlei seine Tätigkeit wieder aufnehmen durfte. Er war vorübergehend freigestellt worden. Man sei „zum Ergebnis gekommen, dass keine objektivierbaren Anhaltspunkte vorliegen, die es rechtfertigen würden, strafrechtliche und / oder arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen den beschuldigten Mitarbeiter zu ergreifen“, hieß es in einer Mitteilung.
„Bild am Sonntag“ berichtete Mitte Oktober unter Berufung auf tonlose Überwachungsvideos aus dem Hotel, die dem Blatt demnach vorliegen, dass Ofarims Kette mit dem Davidstern angeblich nicht zu sehen sei. Auch bei der „Leipziger Volkszeitung“ hieß es, das Überwachungsvideo aus der Lobby des Hotels werfe „weitere Fragen zum Fall Gil Ofarim auf“. Die Auswertung der Videoaufnahmen soll da aber noch nicht abgeschlossen gewesen sein.
Gil Ofarim erklärte „Bild am Sonntag“ dazu: „Der Satz, der fiel, kam von hinten. Das heißt, jemand hat mich erkannt. Es geht hier nicht um die Kette. Es geht eigentlich um was viel Größeres. Da ich oft mit dem Davidstern im Fernsehen zu sehen bin, wurde ich aufgrund dessen beleidigt.“ Es gehe nicht darum, „ob die Kette im Hotel zu sehen war oder nicht. Sondern es geht darum, dass ich antisemitisch beleidigt worden bin“.