Zu Beginn ihrer Karriere arbeitete sie als erfolgreiches Fotomodell, bis Ursula Karven (57) in den Achtzigerjahren das Schauspielfach für sich entdeckte. Seitdem zählt sie zu den bekanntesten TV-Gesichtern Deutschlands. Jetzt hat die 57-Jährige mit „Hexenzauber, Göttinnen und weiße Magie – Wie Sie alte Rituale, Bräuche und Essenzen für Ihr heutiges Leben nutzen können“ ihr jüngstes Buch veröffentlicht. Im Interview erzählt sie, welches Ritual ihr am meisten nutzt und was ihr nach Tiefschlägen weiterhilft.
In „Hexenzauber, Göttinnen und weiße Magie“ beschäftigen Sie sich auch mit dem Thema Rituale. Haben Sie ein ganz besonders Lieblingsritual?
Ursula Karven: Absolut! Es gibt ein Ritual, das ich seit Jahren praktiziere und das ist das Aufschreiben von Zielen. Genauer gesagt, das Aufschreiben von vier kurz- und von vier langfristigen Zielen, die ich mir persönlich setze und dann alle drei Monate – also mit dem Jahreszeitenwechsel – immer wieder aktualisiere.
Und was passiert, wenn Sie die Ziele aufgeschrieben haben?
Karven: Dann zünde ich eine Kerze an, falte die Zettel feierlich zusammen, packe sie in eine Schatulle, lege diese weg – und lasse los. Ich übergebe den Auftrag einer größeren Macht bzw. einer größeren Energie als meiner eigenen. Und wenn ich dann nach drei Monaten nachschaue, haben sich viele meiner kurzfristigen Ziele bereits erledigt. Es ist wirklich erstaunlich, wie gut dieses Ritual funktioniert und wie sehr es mein Leben zum Positiven verändert hat.
Können Sie uns eines der langfristigen Ziele verraten, die sich bereits erfüllt haben?
Karven: Ich wollte einen neuen Partner auf Augenhöhe finden, mit dem ich glücklich zusammenleben und mein Leben teilen kann. Und dafür war ich bereit, alle meine Hausaufgaben zu erledigen.
Was für Hausaufgaben?
Karven: Zum Beispiel, dass ich es lernen musste, auch mal für ein paar Jahre alleine zu bleiben. Diesen Zustand auszuhalten und nicht nur deshalb wieder große Kompromisse einzugehen, weil meine innere Stimme immer wieder ruft: „Ursula, mit 55 Jahren kannst du doch froh sein, wenn du dich überhaupt noch mal verliebst.“ Ja, ich bin heute wieder glücklich verliebt. Aber wenn ich es nicht gelernt hätte, eine innere Leichtigkeit zu leben und mein Ziel, eine neue Liebe zu finden, immer wieder loszulassen, dann hätte ich wohl wieder einen faulen Kompromiss gelebt. Das ist auf den ersten Blick zwar einfacher, den wirklich richtigen Partner hätte ich dadurch aber nicht gefunden.
Aber gehören nicht auch Kompromisse im Leben hin und wieder dazu?
Karven: Natürlich! Es ist aber auch sehr wichtig, sich selbst treu zu bleiben und auf die innere Stimme zu hören. Und es ist wichtig, dass ich als Frau in einer Beziehung wahrhaftig sein darf und für das geliebt werde, was ich tatsächlich bin. Ich möchte nicht mehr etwas darstellen müssen, was mein Partner in mich hineinprojiziert. Das habe ich in der Vergangenheit ein paar Mal gnadenlos falsch gemacht. Heute passiert mir das nicht mehr!
Sie sind seit dem vergangenen Jahr wieder glücklich verheiratet. Das Leben hat Sie in der Vergangenheit aber auch immer wieder extrem herausgefordert.
Karven: Ja, ich bin definitiv ein Mitglied im Club der mehrfach gebrochenen Herzen. Und zuletzt hat mich der Reitunfall bei Dreharbeiten im Jahr 2015 an meine Grenzen gebracht.
Damals erlitten Sie einen Genickbruch…
Karven: Ich hatte mir beim Sturz vom Pferd den zweiten Halswirbel ganz oben gebrochen, dort wo die Halsschlagader durchführt. Zum Glück längs und nicht quer, ansonsten wäre ich höchstwahrscheinlich für immer querschnittsgelähmt gewesen! Zudem war nicht nur mein Halswirbel, sondern auch meine Hüfte und einige Rippen gebrochen. Ich war so schlimm verletzt, dass ich eine Woche auf der Intensivstation liegen und nach der Entlassung aus dem Krankenhaus über Monate permanent eine Halskrause aus Stahl tragen musste. Das hat in mir tiefe Spuren hinterlassen.
Inwiefern?
Karven: Nach dem Abnehmen der Stahlkrause hatte ich große Angst, mich durch einen dummen Zufall oder einen versehentlichen Rempler erneut schwer am Hals zu verletzen. Ich bin deshalb nicht mehr in Geschäfte gegangen, Auto gefahren oder gereist und habe mich auch nicht mehr mit meinen Freunden getroffen. Irgendwann war die Angst in mir so übermächtig, dass mir klar wurde, dass ich Hilfe brauche.
Fiel Ihnen diese Erkenntnis schwer?
Karven: Ein wenig schon. Schließlich war ich davor oft diejenige, die anderen Menschen mit ihrem Yoga-Wissen weitergeholfen hat. Aber mit einer posttraumatischen Belastungsstörung, die bei mir diagnostiziert wurde, blieb mir keine andere Wahl. Und es war gut und wichtig, dass ich die Hilfe angenommen habe. Dank der Psychotherapie geht es mir heute wieder rundum gut. Ich bin aus dem Tief wieder herausgekommen.
Sind Sie eine Kämpferin?
Karven: Nach einem schlimmen Tiefschlag wieder aufstehen, das Krönchen richten und weitergehen – das kann ich wirklich gut! Gott sei Dank habe ich eine große innere Stärke, die mir in sehr dunklen Phasen meines Lebens immer wieder geholfen hat. Und ich habe einen unerschütterlichen Glauben an das Gute. Einen Glauben daran, dass am Ende alles gut wird.
Vor drei Jahren haben Sie zuletzt einen Film gedreht. Warum die längere Pause?
Karven: Ich würde gerne bald wieder drehen – aber auch nicht um jeden Preis.
Was meinen Sie damit?
Karven: Es wurden mir zuletzt Rollen angeboten, die nicht meinen Vorstellungen von einer starken Frau in meinem Alter entsprachen. Es gibt in den Köpfen mancher TV-Macher zuweilen leider komische Vorstellungen, wie sich Frauen mit Mitte fünfzig benehmen sollten.
Wie zum Beispiel?
Karven: In einem aufwändigen Mehrteiler sollte ich die Hauptrolle spielen – eine Frau, die heimlich studiert. Und das ist nun wirklich ein Klischee aus der Mottenkiste. Das hätte ja nicht mal mehr meine Mutter gemacht… Ich möchte mich mit der Rolle identifizieren können! Zum Glück befinde ich mich in der Situation, dass ich es mir leisten kann, Nein zu sagen.
Was für Emotionen löst in Ihnen ein Filmset aus?
Karven: Ich gebe ehrlich zu, dass ich eine Weile zum Heilen gebraucht habe. Durch meinen Reitunfall war ich wirklich sehr schwer verletzt – körperlich und seelisch. Deshalb hatte ich zu Beginn große Ängste, wieder zu drehen. Alleine die Atmosphäre beim Dreh hat in mir so viel an Erinnerungen wachgerüttelt. Durch meine Therapie bin ich heute aber so stark und mutig wie früher. Und eines meiner kurzfristigen Ziele ist es, bald wieder vor einer Filmkamera zu stehen.