Am 18. April hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (65, „Es lebe unsere Demokratie!“) im Konzerthaus Berlin eine zentrale Gedenkfeier für die während der Corona-Pandemie Verstorbenen ausgerichtet. In einer bewegenden Rede drückte er sein Mitgefühl aus und beschwor den Zusammenhalt der Bürger. Allein in Deutschland sind mittlerweile fast 80.000 Menschen an den Folgen einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben.
„Auf schreckliche Weise Lücken gerissen“
Die Pandemie habe überall „tiefe Wunden geschlagen und auf schreckliche Weise Lücken gerissen“, erklärte Steinmeier. Ermüdet von „der Last der Pandemie“ brauche es „einen Moment des Innehaltens, einen Moment jenseits der Tagespolitik, einen Moment, der uns gemeinsam einen Blick auf die menschliche Tragödie […]“ erlaube. Man solle aber nicht nur den an Covid-19 Verstorbenen gedenken: „Viele andere, ohne mit dem Virus infiziert zu sein, waren unter den Bedingungen der Pandemie allein; sind ohne Beistand und Abschied verstorben.“
Am 18. April solle man „nicht auf Zahlen und Statistiken, sondern auf die Menschen, die von uns gegangen sind“, schauen. Viele, nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt, seien gestorben, ohne dass ihre Liebsten sie noch einmal sehen konnten: „Wir denken an alle, die im Moment ihres Todes keine vertraute Stimme hören, kein vertrautes Gesicht sehen konnten. Die sterben mussten ohne ein letztes zärtliches Wort, einen letzten liebevollen Blick, einen letzten Händedruck.“
Gleichzeitig dachte Steinmeier allerdings auch an Ärzte, Pfleger, Seelsorger und weitere Helfer, genauso wie an die Hinterbliebenen. Viele hätten „vor verschlossenen Krankenhaustüren gestanden und gefleht, noch einmal zu ihrer Frau oder ihrem Mann gelassen zu werden, zu ihrer Mutter, ihrem Vater, ihrer Tochter, ihrem Sohn. Es gibt keine Worte für Ihren Schmerz. Aber wir hören Ihre Klage. Wir verstehen Ihre Bitterkeit.“ An diesem Tage wolle man daher auch den Trauernden Mitgefühl aussprechen und ihnen sagen: „Ihr seid nicht allein mit eurem Leid, nicht allein in eurer Trauer.“
„Sorge und Ungewissheit“
Jeder verspüre während der Pandemie „Sorge und Ungewissheit“, erklärte Steinmeier. Darum denke man an diesem Sonntag auch an jene, die von der Krise besonders hart getroffen worden seien, darunter etwa an Menschen, die an den Spätfolgen einer Erkrankung leiden, seelisch erkrankt seien oder die „um ihre Existenz bangen“. Jeder trage „eine außerordentliche Last“ und Steinmeier sehe, dass es „es bei manchen auch Verbitterung und Wut“ gebe.
Viele Bürger hätten den Bundespräsidenten angeschrieben und sich gefragt, „ob bei dem Versuch, Menschenleben zu retten, die Menschlichkeit manchmal auf der Strecke geblieben“ sei. Es sei „eine bittere Wahrheit“, dass „Einschränkungen, die in der Ausnahmesituation der Pandemie notwendig sind, unbeabsichtigt auch Leid und Not verursacht haben“. In der Politik seien „manchmal tragische Entscheidungen“ gefällt worden, „um eine noch größere Katastrophe zu verhindern. […] Und wo es Fehler oder Versäumnisse gab, da müssen und werden wir das aufarbeiten. Aber nicht an diesem Tag. Nicht heute.“
Das Land solle nicht zulassen, „dass die Pandemie, die uns schon als Menschen auf Abstand zwingt, uns auch noch als Gesellschaft auseinandertreibt!“ Bereits zu Beginn der Corona-Krise im vergangenen Jahr habe man auch gesehen, „wie viel Gemeinsinn und Mitgefühl in dieser Gesellschaft stecken“. Genau diese Mitmenschlichkeit sei es, die „ein Lichtblick in dunkler Zeit“ sei: „Und ich glaube, das ist die existenzielle, die bleibende Erfahrung dieser Pandemie: Wenn es hart auf hart kommt, sind wir auf andere angewiesen – und andere auf uns!“ Nicht umsonst schloss Steinmeier mit den Worten: „Bleiben wir beieinander, und geben wir acht aufeinander.“