Stationäre Behandlung, Therapie und ein Jahr Psychopharmaka: Schauspielerin Nora Tschirner (39, „Gut Gegen Nordwind“) hat in einem Interview mit dem „Süddeutsche Zeitung Magazin“ offen und ehrlich über ihre jahrelangen Depressionen gesprochen. „Meine erste depressive Episode hatte ich schon mit 18, aber vor zehn Jahren kam der Tiefpunkt“, gesteht die 39-Jährige. Damals habe sie sich so schlecht gefühlt, dass sie online die Prüfliste einer Klinik durchgegangen sei. „Da stand, wenn Sie bei den folgenden zwanzig Fragen drei mit ja beantworten, wäre es ganz gut, wenn Sie zeitnah vorbeikommen. Bei mir waren es 19.“
Ihre Symptome seien unter anderem „Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Angst, Lustlosigkeit und Schlaflosigkeit“ gewesen. Sie habe sich aber auch für ihre Krankheit geschämt, sagt Tschirner. „Als privilegierte Person – Schauspielerin, Dach über dem Kopf, zwei gesunde Arme, zwei gesunde Beine – hatte ich das Gefühl, meine Probleme gar nicht haben zu dürfen.“
„Ich war allein mit mir“
Ihre erste Therapie habe sie mit 25 Jahren begonnen. Der „Tiefpunkt“ sei jedoch erst mit Anfang 30 gekommen. „Dann wurde es irgendwann richtig heftig. Ich hatte keinen Halt mehr. Ich war allein mit mir. Vermutlich hätte ich die Krankheit niemals komplett verhindern können, aber wenn ich mich besser um mich gekümmert hätte, wäre ich so tief nicht gefallen.“ Tschirner habe sich daraufhin zwei Wochen stationär behandeln lassen und „ein Jahr lang Psychopharmaka genommen“.
Die Schauspielerin erklärt: „Mich hat das total stabilisiert. Das Serotonin konnte bei mir nicht mehr lange genug in den Synapsenspalten verharren. Es lief zu schnell durch, ich hatte kein Glücksempfinden mehr. Die Medikamente waren wie Gehhilfen, sie haben diese Prozesse verbessert, bis mein Körper das wieder selber konnte.“
Tschirner ist heute frei von Symptomen
Während der Therapie hätten sie und ihre Psychologin sich mit der Ursache ihrer Depressionen auseinandergesetzt. Es habe sich herausgestellt, dass die stärksten Episoden immer „an den krassen Pressetagen, an denen ein Interview dem nächsten folgt, und die kein Ende nehmen – und an 16-Stunden-Drehtagen“ gewesen seien, „also in zeitlich begrenzten Arbeitsphasen“, so Tschirner.
Es habe lange gedauert, bis die Schauspielerin ihre Depressionen besiegt habe. Heute sei die Angst verschwunden. „Ich bin seit vielen Jahren frei von Symptomen, habe mir ein gutes Umfeld aufgebaut, treffe Vorkehrungen.“ Sie wisse nun, was gut für sie sei. Außerdem helfe ihr es, mit Freunden zu sprechen oder Zeit mit ihren Pferden zu verbringen.
Hilfe bei Depressionen bietet die Telefonseelsorge unter der kostenlosen Rufnummer: 0800/111 0 111