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Gustl Bayrhammer: Sein Pumuckl machte ihn unsterblich

Gustl Bayrhammer wäre am 12. Februar 100 Jahre alt geworden. Der als Meister Eder bekannte Schauspieler bleibt bis heute unvergessen.

Der Schauspieler Gustl Bayrhammer als Meister Eder.. © imago/United Archives
Der Schauspieler Gustl Bayrhammer als Meister Eder.. © imago/United Archives

Die Stimme. Ein kräftiges Organ, im Alter etwas brüchig geworden, aber sie kann noch richtig dröhnen, wenn sein unberechenbarer Mitbewohner mal wieder Schabernack mit ihm treibt. „Herrschaftszeiten“, flucht dann der Meister Franz Eder, und das ist dann auch schon das höchste der Gefühle für einen Wutausbruch, denn gleich hat ihn seine barocke Gemütlichkeit wieder eingefangen. Dieser grantelnde, herzensgute Schreinermeister, eine sympathische, aber eigentlich völlig belanglose Rolle, hat den Darsteller Gustl Bayrhammer unsterblich gemacht. 

Das ist in der Schauspielgeschichte wohl einmalig, weil Bayrhammers Partner eine Comic-Figur ist: Ein rothaariger Zeichentrick-Kobold namens Pumuckl, der sein Unwesen in und um die Werkstatt von Meister Eder im Münchner Ortsteil Lehel treibt. Der Pumuckl hat Bayrhammer unvergessen gemacht und zu einem Ruhm verholfen, der die letzten Jahrzehnte und den Tod des Schauspielers (1993) überdauert hat.

Heute wäre er 100 Jahre alt geworden

Am 12. Februar würde Gustl Bayrhammer seinen 100. Geburtstag feiern. Auch wenn die aktuelle Generation von Kindern mit seinem Namen kaum mehr was anfangen kann - den Meister Eder und seinen Pumuckl hat sie fest ins Herz geschlossen. Zu Lebzeiten war Gustl Bayrhammer der beliebteste bayerische Volksschauspieler, weit über die Grenzen Bayern hinaus beliebt. Er habe mit seinem warmherzigen Münchner Bayrisch „die Grantler fröhlich und die Bedächtigen lebendig gemacht“, sagte einmal der legendäre Münchner Opernintendant August Everding (1928-1999) über ihn.

Dabei hatte er die ersten 20 Jahre seines Berufslebens jenseits der bayerischen Grenzen gearbeitet. Adolf Gustav Rupprecht Maximilian Bayrhammer war der Sohn des bekannten Münchner Theaterschauspielers Max Emanuel Bayrhammer (1867-1942). Nach dem Willen des Vaters sollte er nicht Schauspieler werden, sondern was Solides machen. Nach dem Besuch des Realgymnasiums ging er auf die Kaufmannsschule. 

Er steckte sein ganzes Geld in seine Ausbildung

Dann kam der Zweite Weltkrieg, Bayrhammer wurde als Nachrichtenfunker der Luftwaffe in Berlin stationiert. Seinen Wehrsold investierte er größtenteils in den Schauspielunterricht des berühmten Heinrich George (1893-1946, Vater von Götz George) am Schillertheater. Bis 1966 war er als Theaterschauspieler in der außerbayerischen Provinz unterwegs, u.a. an Bühnen in Sigmaringen, Tübingen und Karlsruhe. Erst dann gelang ihm endlich der langersehnte Sprung in seine Heimatstadt München. Die große Theater-Ikone Therese Giehse (1898-1975) hatte ihn entdeckt: Bayrhammer ging an die Kammerspiele München, eine der bedeutendsten Bühnen des Landes. 

Am Schluss hat er an den großen Bühnen der Stadt gespielt: Kammerspiele, Residenztheater, Volkstheater, wo er besonders gern in Stücken von Ludwig Thoma mitwirkte, den ihm sein Vater als den „bayerischen Shakespeare“ ans Herz gelegt hatte. Unvergessen sind bis heute seine Auftritte als barocker Himmelspförtner in „Der Brandner Kaspar und das ewig‘ Leben“ am Bayerischen Staatsschauspiel mit Kollegen wie Toni Berger (1921-2005) und Fritz Strassner (1919-1993).

Er stand nicht immer hinter seinen Erfolgen

Seinen Ruhm als „Parade-Bayer“, den er auch mit der Rolle des ersten Münchner „Tatort“-Kommissars Melchior Veigl (1972-1981) erworben hatte, sah er mit Skepsis. “Ich mag keine Wapperl am Arsch“, grantelte Bayrhammer, der nicht 1:1 mit seinen Rollen in den ZDF-Serien „Weißblaue Geschichten“ oder „Königlich Bayerisches Amtsgericht“ identifiziert werden wollte.

Da war ihm sein erstes großes bayerisches „Projekt“ wesentlich lieber. 1966 spielte er in der deutschen Filmsatire „Das Bohrloch oder Bayern ist nicht Texas“ von Rainer Erler (88) mit. In dem WDR-Film geht es um ein bayerisches Dorf, in dem man bei Erdöl-Probebohrungen auf eine Heilwasserquelle stößt, was eine absurde Welle von Gier und Korruption auslöst. Gustl Bayrhammer brilliert in der Rolle des Dorfarztes Dr. Gerstl. Der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks (BR) urteilte über den Film: „eine Verächtlichmachung bayerischer Lebensart“. Bei der ARD-Wiederholung 1968 blendete der BR sich sogar aus, d.h. über zehn Millionen bayerische TV-Zuschauer bekamen den Parade-Bayern Gustl Bayrhammer erst gar nicht zu sehen.

Er hat immer gern gegen den Strich gebürstet, der Bayrhammer Gustl. In seinem Wohnort Krailling bei München setzte er sich früh aktiv für den Umweltschutz ein, und beim „Rosenheimer Aufruf gegen Fremdenfeindlichkeit in Deutschland“ (1992) machte er sich auf dem Höhepunkt der Ausschreitungen gegen Asylbewerber in Deutschland für mehr Toleranz und gegen Rassismus stark.  

Meister Eder zum Hören, Sehen und Lesen

Dass irgendwann ein kleiner rothaariger Kobold in sein Leben trat, hat er der Schriftstellerin Ellis Kaut (1920-2015) zu verdanken. Sie hat die Figur erfunden und zunächst für den BR als Hörspiel produziert: Der Pumuckl nistet sich in der Schreinerwerkstatt von Meister Eder ein, weil er an dessen Leimtopf kleben geblieben ist und nun nur ihm sichtbar wird. Die beiden haben jede Menge Abenteuer zu bestehen. 

Gustl Bayrhammer sprach den Meister Eder, „für Ellis Kaut die beste Wahl“, wie der „Münchner Merkur“ schrieb. „Ein bayerisches Original, ihr selbst sehr ähnlich in seinem Wesen. Und gleich sympathisch. Er konnte den bayerischen Dialekt perfekt einsetzen.“ Nach dem Hörspiel kam die Buchreihe, dann der Kinofilm „Meister Eder und sein Pumuckl“, schließlich die gleichnamige TV-Serie mit vielen Folgen, die heute noch durch die Mediatheken geistern. 

Irgendwann hatte Ellis Kaut genug vom Pumuckl: Der Kobold sollte einen Koboldkumpel treffen und mit ihm in die Welt der mit ihnen verwandten Klabautermänner auswandern. Schluss. Als das 1971 im Radio lief, brach ein Proteststurm los. An den Telefonen des BR meldeten sich weinende Kinder und entsetzte Eltern, Kaut wurde als „Pumuckl-Mörderin“ beschimpft. Es blieb ihr nichts anders übrig: Sie holte den Kobold zurück, bis 1988 trieb er weiter sein Unwesen.

Der Schauspieler wurde 71 Jahre alt

Um diese Zeit ereilte Gustl Bayrhammer sein erster Herzinfarkt, er starb 1993 an seinem zweiten, daheim in Krailling während eines Mittagsschläfchens, mit 71 Jahren.

Der Schauspieler Hans Clarin (1929-2005) hatte dem Pumuckl seine Stimme gegeben. Frech, schrill, manchmal kreischend, auch mal herzerweichend. Clarin starb 2005, die Pumuckl-Erfinderin Ellis Kaut 2015.  Die Vorstellung, dass nun alle Beteiligten zusammen mit Gustl Bayrhammer im Himmel der Kobolde zugange sind, hat für die vielen Pumuckl-Fans mehr als was Tröstliches.

(ln/spot)