Der neue Köln-Krimi „Tatort: Der Reiz des Bösen“ steht am Sonntag (19.9., 20:15 Uhr, das Erste) auf dem Programm. Wer es nicht abwarten kann, das beliebte Ermittlerteam Freddy Schenk (Dietmar Bär, 60) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, 61) endlich wiederzusehen, hat schon ab sofort die Gelegenheit, zumindest Dietmar Bärs charismatische Stimme in einem Krimi zu hören. Das Hörbuch „Das Nest. Der Kopenhagen-Krimi“ mit ihm als Erzähler erscheint am 17. September.
Im Interview mit spot on news erklärt der Schauspieler unter anderem, warum er Hörbucharbeit so schätzt. Außerdem erzählt er, welche überraschenden Erlebnisse er schon mit seiner oder anderen Stimmen hatte.
Die meisten kennen Sie vermutlich von Ihrer Rolle als Kölner „Tatort“-Kommissar Freddy Schenk. Sie machen aber auch sehr viel Hörbucharbeit. Was gefällt Ihnen daran besonders gut?
Dietmar Bär: Als Teil der Schauspielerei ist die Hörbucharbeit für mich immer ziemlich nah am Theater. Das Geschichtenerzählen, aus dem sich das Theater entwickelt hat, das ist das, was ich auch am Hörbuch sehr mag. Es ist eine sehr intensive Arbeit, weil man eigentlich mit sich und dem Tonstudio alleine ist und sich auf ein schönes Stück Literatur konzentriert. Neben Film und Bühne ist das eine der Säulen meines Berufes, die ich sehr schätze.
Wie bereiten Sie sich auf so eine Aufnahme vor?
Bär: In der Regel bekomme ich vorab ein Manuskript, das ich dann einfach so lese, wie Sie ein Buch lesen würden. Danach beginne ich damit, es Seite für Seite für mich einzurichten mit Tempo- und Pausenzeichen und dergleichen. Da hat jede Kollegin und jeder Kollege eine eigene Technik. Dabei entstehen zu den verschiedenen Figuren im Buch dann auch die Bilder im Kopf und damit auch die Art und Weise, wie sie klingen könnten, damit man sie unterscheiden kann. Und dann geht es einige Tage lang für ein paar Stunden ins Tonstudio. Wie viele Tage die Aufnahmen dauern, hängt von der Länge des Buches ab.
Trainieren Sie Ihre Stimme speziell? Oder wird am Tag vor den Aufnahmen nicht mehr gesprochen?
Bär: Die physische Herausforderung bei der Hörbucharbeit ist nicht so enorm wie beispielsweise bei einer Theateraufführung vor ausverkauftem Haus – oder noch extremer bei einer Opernaufführung. Bei der Hörbucharbeit sitzt man aber auch näher an einer anderen Art Mikrofon. Spezielle Stimmübungen mache ich vor dem Einlesen eines Hörbuchs nicht, seit meiner Zeit bei der Schauspielschule mache ich aber regelmäßig ein generelles Stimmtraining.
Achten Sie bei anderen Menschen besonders auf die Stimme?
Bär: Was ich manchmal mache, ist nachsehen, wie der Mensch hinter der Stimme aussieht, die ich gerade im Radio gehört habe. Ich glaube aber, dass wir alle auf Stimmen achten. Das ist ein Faszinosum, was zu unserem natürlichen Kommunikationssystem dazugehört und sicherlich unterbewusst abläuft. Warum auch sonst würde man sich so gerne vorlesen lassen? Das ist eines der Dinge, die wir anderen Lebewesen voraushaben.
Gibt es eine Schauspielkollegin oder einen Kollegen, deren Stimme Sie besonders interessant finden?
Bär: Einzelne kann ich da nicht herausgreifen, weil ich dann andere nicht nennen würde. Was man meiner Meinung nach aber schon erkennen kann, ist, ob der Sprecher oder die Sprecherin eine fundierte Theaterausbildung, zu der eigentlich immer auch eine Sprech- und Stimmerziehung gehört, genossen hat. Zwei, drei Naturtalente bilden hier sicher die Ausnahme und bestätigen damit die Regel.
Und wie klingt die Stimme von Ihrem „Tatort“-Kollegen Klaus J. Behrendt in Ihren Ohren?
Bär: Die ist mir äußerst vertraut, weil ich sie seit über 30 Jahren kenne (lacht).
Werden Sie oft auf Ihre Stimme angesprochen?
Bär: Ich war gerade am Bodensee im Urlaub und da hat mich morgens im Café wieder jemand angesprochen, der mich daran erkannt hat. Am Flughafen ist es mir auch schon oft passiert. Und blinde Menschen, die ja einen ganz anderen Bezug zur Stimme und zu Hörbüchern haben, haben mich ebenfalls schon angesprochen. Manche Stimmen haben aber natürlich auch wirklich einen hohen Wiedererkennungswert. Ich habe es auch schon erlebt, dass ich in einer Kölner Kneipe sitze und plötzlich bestellt Robert De Niro neben mir ein Bier. Ich dreh mich um und dann steht da mein Kollege Christian Brückner mit seiner markanten Stimme.
Ihre Hörbücher für Kinder sind ebenfalls ziemlich erfolgreich. Welches Feedback von Eltern oder Kindern werden Sie nicht vergessen?
Bär: Mich sprach mal ein Schauspielerehepaar an und erzählte mir, dass sie das „Räuber Hotzenplotz“-Hörbuch mit mir als Räuber jahrelang immer einlegen mussten, wenn sie mit den Kindern in den Urlaub gefahren sind. Das ist schon ein großes Kompliment, weil Kinder sehr kritisch sind. Kinder haben ja oft ein Lieblingshörbuch, das dann immer und immer wieder durchgehört werden muss.
Ihr neuestes Hörbuch ist „Das Nest. Der Kopenhagen-Krimi“. Waren Sie schon mal in Kopenhagen?
Bär: Vor Jahrzehnten als Schüler mal, aber leider auch nur auf der Durchreise nach Schweden zu einem Zelturlaub. Das schöne Dänemark und das unglaublich reizvolle Kopenhagen stehen bei meiner Frau und mir aber ganz oben auf der Liste. Es ist ja die Hauptstadt der Fahrradfahrer Europas, andere Stadtplaner könnten sich da ruhig mal eine Scheibe von abschneiden. Seit ich die „Kopenhagen-Krimis“ einlese, reizt mich diese Stadt natürlich noch mehr. Da können Sie ja mit dem Finger auf dem Stadtplan mitfahren, so genau ist das beschrieben.
Egal, ob im Film oder im Hörbuch, Sie hauchen immer anderer Leute Krimis Leben ein. Haben Sie schon mal Lust gehabt, selbst einen Krimi zu schreiben?
Bär: Nein, dazu habe ich noch nie Lust gehabt. Ich bleibe lieber bei der Schauspielerei. Einer meiner besten Freunde ist Drehbuchautor und ich weiß, was es bedeutet, ein Drehbuch zu schreiben – geschweige denn, Literatur herzustellen. Vielleicht gelingt es mir irgendwann mal, mir ein Kinderbuch auszudenken, aber ich habe sicher nichts in der Schublade liegen, was auf die Veröffentlichung wartet.
Wie viele Krimis haben Sie zuhause als Buch, Hörbuch oder DVD?
Bär: Ich habe alle Genres zuhause. Leider ist es nicht möglich, binnen eines Menschenlebens alles gelesen zu haben.