Wer aufs Klo möchte, muss sich bislang meist entscheiden. Mit der Trennung nach Geschlechtern ist an einer Ulmer Schule nun Schluss. Setzt sich die Idee der Unisex-Toilette auch andernorts durch?
Unisex-Toiletten für Schüler:innen
Worauf musste geachtet werden?
Wenn ich an meine eigene Schulzeit denke, kann ich mir nicht so richtig vorstellen, wie das gewesen wäre, wenn Mädchen und Jungen auf eine gemeinsame Toilette gegangen wären. So ist es aber für die Schüler:innen der Sägefeldschule in Ulm.
An der Grund- und Werkrealschule war die alte Toilettenanlage in einem „desolaten Zustand“, wie uns die Schulleiterin Cornelia Euchner auf Anfrage berichtet. Das Klo wurde immer wieder beschädigt, da es auf dem Schulhof war und auch für Fremde zugänglich war. Der Neubau ermöglichte der Schule neue Wege und die Idee für eine „Toilette für alle“ stand im Raum.
Das Konzept kommt gut an
Zunächst gab es einige Bedenken unter Lehrkräften und Schüler:innen. Laut Euchner gab es „noch keine Auseinandersetzungen und niemand hat gesagt: ‚Ich gehe nicht auf die Toilette‘. Es scheint gut zu funktionieren und alle scheinen sich hier drin wohlzufühlen.“
Die Kabinen sollen für einen sicheren Raum sorgen.
Cornelia Euchner über die Unisex-Toiletten
Die Direktorin erklärt, auf welche Details bei der Umsetzung der Idee geachtet werden musste: „Die Privatsphäre jedes Schülers und jeder Schülerin sollte gewahrt werden. Die neue Toilette verfügt nur noch über Kabinen, die Pissoirs sind passé. Außerdem sind die Toilettenkabinen unten und oben vollständig geschlossen. Spiegel innerhalb der Kabinen sollen für einen sicheren Raum sorgen, da es einige Mädchen gibt, die ihre Haare nicht vor Jungs zeigen wollen„.
Die Pissoirs sind passé
Cornelia Euchner über die Umsetzung
Die Waschbecken sind durch bodentiefe Fenster gut einsehbar, sodass eine gewisse Transparenz ermöglicht wird. Außerhalb der Pausen kommen die Schüler nur mit einem digitalen Chip herein, wodurch ein unberechtigter Zugang verhindert werden soll.
Was sagen die Eltern zu Unisex-Toiletten?
Der Vorsitzende des Landeselternbeirats in Baden-Württemberg, Michael Mittelstaedt, hält „Toiletten für alle“ für einen „pragmatischen Ansatz„. Statt eine Toilette für männlich, weiblich, divers und eine extra Behindertentoilette mit mehr Raum, konnte eine sehr viel wirtschaftlichere Lösung gefunden werden. Die Kosten für die neue Anlage belaufen sich somit „nur“ um die 220.000 Euro. Zudem gebe es so auch „weniger Raum sauber zu halten“, so Mittelstaedt.
Eine Trennung nach Geschlechtern gerät in den Hintergrund
Im Vordergrund steht aber ein großer Vorteil: Weil jetzt alle denselben Toiletten-Raum nutzten, gerate eine Trennung nach Geschlechtern zudem in den Hintergrund und eine mögliche Diskriminierung komme so gar nicht erst auf, sagt die Schulleiterin.
Gibt es bald überall Unisex-Toiletten?
Weit verbreitet sind die geschlechtsneutralen Toiletten an deutschen Schulen bislang aber nicht. Am Goethe-Gymnasium in Freiburg gebe es seit Jahresanfang eine Unisex-Toilette, teilt eine Sprecherin der Stadt mit. In Tübingen liegt der Stadt ein Antrag vor, sie an allen weiterführenden Schulen einzurichten. Auch Berlin hat ebenfalls schon Erfahrungen mit Unisex-Toiletten gemacht.
In Nordrhein-Westfalen werden Forderungen nach Unisex-Toiletten lauter. Aktuell gebe es noch eher wenige in NRW, sagt Laura Körner, Vorstand Landesschüler:innenvertretung. Aber der Wunsch vonseiten der Schüler:innen nehme „immer weiter zu„.