Ein König feiert Geburtstag, einen runden dazu. Er wird 60 Jahre alt. Schulkinder singen, kleine Mädchen streuen Blumen, Honoratioren stehen mit ihren Glückwünschen Schlange, womöglich schießen Soldaten einen Ehrensalut. Wie man sich das so vorstellt, wenn ein König 60 wird. So oder so ähnlich wird es wohl auch bei Abdullah II. bin al-Hussein ablaufen. Der König von Jordanien wird am 30. Januar 60 Jahre alt.
In westlichen Medien hat Abdullah II. das Image eines orientalischen Herrschers wie aus dem Bilderbuch. Das liegt nicht zuletzt an seiner attraktiven Ehefrau Rania (51), die als schönste Königin der Welt gilt. Die Königsfamilie residiert im Raghadan-Palast über der Hauptstadt Amman, der Urgroßvater König Abdullah I. hatte ihn 1926 errichten lassen.
Glamouröses Ambiente
Abdullah II. tritt gern in Uniform auf, er ist pro-westlich eingestellt und hat seine militärische Ausbildung in England (Offiziersakademie Sandhurst) und das Politik-Studium in Oxford und den USA (Uni Washington) absolviert. Überdies ist seine Mutter gebürtige Engländerin – das trägt auch zum glamourösen Ambiente dieses Königs bei:
Antoinette „Toni“ Gardiner (80), Tochter eines britischen Offiziers, arbeitete 1961 als Filmassistentin beim HoIlywood-Epos „Lawrence von Arabien“ (sieben Oscars) mit. Bei den Dreharbeiten in der Wüste wirkten jordanische Soldaten als Komparsen mit. Gelegentlich schaute auch Abdullahs Vater, der jordanische König Hussein I. (1935-1999), am Set vorbei, dabei lernte er Gardiner kennen.
„Star Trek“-Fan
Die Liebe muss wie ein Blitz eingeschlagen haben, denn bereits im Mai 1961 heiratete das Paar. Aus Gardiner wurde Prinzessin Muna al-Hussein, Ende Januar 1962 kam Abdullah auf die Welt. Die Ehe wurde 1971 wieder geschieden, Muna lebt bis heute in Jordanien. Ihre Leidenschaft für den Film hat offenbar auch ihr Sohn geerbt: 1996 spielte der bekennende Science-Fiction-Fan als Statist in der Rolle eines Lieutenant Junior Grade in der US-Serie „Star Trek: Raumschiff Voyager“ mit.
Als junger König schlüpfte er gern in andere Rollen, um Probleme seines Landes zu erkunden. So verkleidete er sich angeblich als Bettler oder fuhr als Journalist in die Freihandelszone von Zarqa und hörte sich die Klagen der Geschäftsleute an.
„Das Königshaus meidet jeden Personenkult und bemüht sich um eine bescheidene und bürgernahe Ausstrahlung“, schrieb vor Jahren die „Stuttgarter Zeitung“. Das Kinderbuch von Königin Rania, „Der Tausch der Pausenbrote“, eine Parabel für ein friedliches Zusammenleben der Kulturen im Nahen Osten, sei Beispiel für die Volksnähe, um die sich Abdullah bemühe, was die Mehrheit der Bevölkerung auch positiv wahrnimmt.
Von Konflikten geprägt
Abdullah II. lebt und wirkt nicht in den komfortablen Wohlfühlzonen westlicher Könighäuser wie in den Niederlanden, in Schweden oder Norwegen. Er ist König eines Landes mit konstitutioneller Monarchie. Der Herrscher, der sich auch als Beschützer der al-Aqsa-Moschee in Jerusalem sieht, dem drittwichtigsten Heiligtum des Islam, ist Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitmächte eines arabischen Landes von zehn Millionen Einwohnern, das von inneren und äußeren Konflikten geprägt ist. Auf seinen Vater und Vorgänger König Hussein wurden über 30 Attentate verübt, die er allesamt überlebt hatte. Der Urgroßvater König Abdullah I. wurde 1951 in Jerusalem erschossen.
Die Ehe mit der schönen Rania hat auch einen ernsten politischen Hintergrund. Rania entstammt einer palästinensischen Familie. Man wollte mit dieser Ehe die palästinensischen Flüchtlinge, die über 50 Prozent der einheimischen Bevölkerung ausmachen, besänftigen und die innenpolitischen Spannungen Jordaniens befrieden. Das ist leidlich gelungen, das Königspaar funktioniert als Klammer zwischen den alteingesessenen Jordaniern und zugewanderten Palästinensern. Hinzu kommen noch Millionen von Flüchtlingen aus dem Irak sowie aus Syrien.
Merkel würdigt ihn
So hübsch sich die Geschichten von Abdullah und Rania auch anhören – beim ersten Date soll er für sie „traditionelle japanische Küche“ gekocht haben – so ernst ist die politische Realität des Königs und seiner Familie. Für Abdullah ist eine humane Flüchtlingspolitik der Grundpfeiler seiner Herrschaft. 2019 wurde ihm dafür die „Lampe des Friedens“ überreicht. Die damalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (67), Preisträgerin von 2018, sagte in ihrer Laudatio: „Majestät, Sie begegnen den Grausamkeiten des Krieges mit Menschlichkeit.“
Allerdings muss Abdullah stets mit dem Schlimmsten rechnen. „Feinde hat die vom Westen protegierte und mit Israel zusammenarbeitende Herrscherfamilie viele – Islamisten sind darunter, andere arabische Herrscherdynastien und immer wieder auch Mitglieder der eigenen Familie“, schrieb der „Spiegel“ im vergangenen Frühjahr. Da war bekannt geworden, dass Abdullahs „straff organisierter Sicherheitsapparat“ offenbar gerade einen Putsch vereiteln konnte. Einer der Drahtzieher soll sein Halbbruder Hamsa (42) gewesen sein. Die Krise konnte abgewendet werden. Hamsa hat später dem Bruder seine „volle Loyalität“ zugesichert. Und König Abdullah II. bin al-Hussein bleibt das, was er seit seiner Krönung vor 22 Jahren ist: ein König auf dem Pulverfass.