Hast du schon einmal geglaubt, einen Menschen zu kennen, der unfehlbar ist und sich in allen Dingen auskennt? Hast du schon einmal einen Menschen so sehr bewundert, dass du Rat und Tat zu allen Lebenslagen nur noch von diesem Menschen einholen wolltest? Dann bist du entweder Jesus begegnet (HAHA), oder du bist dem Halo-Effekt zum Opfer gefallen. Wenn du dran bleibst, dann verraten wir dir ganz genau, was der Halo-Effekt ist, wie er funktioniert und wie du ihm aus dem Weg gehen kannst.
Der Halo-Effekt: Das musst du wissen
Hier begegnete mir der Halo-Effekt
Ich habe eine Kollegin, die eine fabelhafte Redakteurin ist. Sie schreibt spannende Texte, recherchiert wasserdicht und bringt immer die spannendsten Themen mit auf die Arbeit. Ich bin so begeistert von ihrer redaktionellen Arbeit, dass ich oft auch zu anderen Themen ihre Meinung hören will. So frage ich sie „Was hältst du von meinen neuen Schuhen?“ oder „Wie wird wohl das Wetter morgen?“ Darauf hat sie natürlich genauso unqualifizierte Antworten wie ich.
Hier bin ich dem Halo-Effekt zum Opfert gefallen. Dieser macht es mir unmöglich, mich meiner Kollegin objektiv gegenüber zu verhalten. Warum das so ist und wie man dem Halo-Effekt entgeht, erfährst du hier.
So entstand der Halo-Effekt
Der Halo-Effekt (Heiligenschein-Effekt) geht auf Edward Lee Thorndike zurück. Er brachte den Begriff das erste Mal in die Forschung mit ein, auch wenn der Effekt bereits von Frederic L. Wells im Jahr 1907 beobachtet wurde.
Der Halo-Effekt ist eine Wahrnehmungsstörung, bei der einer Person positive Eigenschaften angedichtet werden, die sie vielleicht gar nicht haben. Diese Eigenschaften werden ihnen nur deshalb zugeschrieben, da bereits andere positive Eigenschaften über sie bekannt sind. So „überstrahlt“ die eine Eigenschaft die anderen Eigenschaften und beeinträchtigt die Wahrnehmung.
Besonders stark ist der Halo-Effekt dann ausgeprägt, wenn dir die Person besonders wichtig ist oder die positive Eigenschaft der Person besonders ausgeprägt ist.
Beispiele für den Halo-Effekt
Der Halo-Effekt zieht sich heute in den meisten Bereichen des Lebens durch: Im Privatleben erleben wir ihn genauso wie auf der Arbeit oder sogar im Marketing bzw. der Werbung. Oft sind es banale Dinge, die uns dazu bringen, einem Menschen einen Heiligenschein aufzusetzen.
Pretty Privilege
Das sogenannte Pretty Privilege ist einer der bekanntesten Halo-Effekte überhaupt. Dieser beschreibt, dass wir den in der Gesellschaft als attraktiv angesehenen Menschen oft mehr zutrauen als den der Norm weniger entsprechenden Menschen. So werden attraktiven Menschen auch andere positive Eigenschaften zugeschrieben, ohne dafür Indizien gegeben zu haben.
Sympathie
Sympathie kann anderen Menschen ebenfalls einen Heiligenschein aufsetzen und ihnen somit mehr gute Eigenschaften andichten als sie eigentlich haben. Ein Beispiel: Dir ist eine Person sehr sympathisch. Du verbindest mit sympathischen Menschen, dass sie gute Kommunikationsfähigkeiten haben. So glaubst du (ohne es zu wissen), dass diese Person ebenfalls sehr gute Kommunikationsfähigkeiten hat.
Kompetenz
Der Heiligenschein, der durch Kompetenz ausgelöst wird, ist besonders im Arbeitsumfeld anzutreffen. Es kann sehr leicht passieren, dass du Kolleg:innen mehr zutraust, als sie eigentlich leisten können, da sie in einer Sache sehr bewandert sind. Ein Beispiel: Deine Chefin kennt sich sehr gut mit der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und des ganzen Landes aus. Das bedeutet, dass du ihr auch zutraust, sich mit der Krise in der Ukraine und Russland auszukennen. Dem ist aber nicht so. Nur weil deine Chefin eine Expertise auf einem Gebiet hat, heißt das noch lange nicht, dass sie auch in anderen Bereichen bewandert ist.
So vermeidest du den Halo-Effekt
Den Halo-Effekt zu vermeiden, ist eine der schwierigsten Herausforderungen, die du in deinem professionellen Leben meistern musst. Vorab sei gesagt: Wahrscheinlich wirst du es niemals schaffen, den Halo-Effekt voll und ganz abzulegen und dich in deiner Bewertung ausschließlich auf die Fakten zu stützen, die du bereits gesammelt hast.
Sei dir also darüber bewusst, dass die Personen, die du gerne hast und für kompetent hältst, immer einen gewissen Heiligenschein dabei haben. Das ist nicht schlimm, denn solltest du ihnen diesen aberkennen, könntest du sehr schnell skeptisch (zu skeptisch) werden und den Halo-Effekt umdrehen.
Das Gegenteil: Der Hörner-Effekt
Der Gegensatz zum Halo-Effekt ist der Hörner-Effekt. Hier werden Menschen nicht als kompetenter angesehen, als sie es sind, sondern sie werden als weniger kompetent oder weniger sympathisch angesehen als sie eigentlich sind. Ein Beispiel für den Hörner-Effekt: Einer deiner Kollegen kann sehr schlecht mit dem Auto einparken. Du glaubst, dass er deswegen schlechtere Arbeit leistet. Immerhin kann er sich nicht auf die „einfache Aufgabe“ des Einparkens konzentrieren.
Objektiv bleiben
Um dem Halo-Effekt zu entgehen, solltest du so objektiv wie möglich bleiben, nur so können Beurteilungsfehler vermieden werden. Der erste Schritt in die richtige Richtung ist es, die Fehler der anderen Person zu erkennen und aktiv zu benennen.
Jedes Mal, wenn du einen dieser Fehler siehst, dann solltest du ihn wieder und wieder benennen. Je öfter du dich selbst darauf aufmerksam machst, dass die Person fehlerbehaftet ist, desto eher wird es dir später von ganz alleine auffallen.
Dein Ziel ist es hier, den Gesamteindruck einer Person nicht darüber urteilen zu lassen, wie einzelne Aufgaben und Tasks absolviert werden.
Sich Zeit nehmen
Der Halo-Effekt wird durch Zeitdruck vergrößert. Musst du eine Entscheidung sehr schnell fällen, bist du dazu gezwungen, den bisherigen Eindruck dieser Person in die Entscheidung einfließen zu lassen. Um diesen Bias zu minimieren, solltest du dir mit deiner Entscheidungsfindung mehr Zeit lassen. Nur dann bist du dazu in der Lage, eine fundierte Entscheidung zu fällen.
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