Normalerweise haben Hinterbliebene Anspruch auf Witwenrente nur, wenn die Ehe seit mindestens einem Jahr bestanden hat. Ein Gericht hat jedoch diese Regel bei einem konkreten Fall nun aufgehoben. Wie es zu diesem Urteil gekommen ist, liest du hier.
Wegweisendes Urteil zur Witwenrente: Das sollten betroffene wissen
Verstirbt der/die Ehepartner:in, hat der/die Hinterbliebene oft Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente. Voraussetzung ist in der Regel, dass die Ehe mindestens zwölf Monate gedauert hat. Andernfalls nimmt der Gesetzgeber an, dass die Ehe nur zur Sicherstellung einer Hinterbliebenenversorgung eingegangen wurde – Stichwort Versorgungsehe.
Hinterbliebene können diese Annahme jedoch widerlegen und somit anspruchsberechtigt sein. Dies verdeutlicht ein Urteil des Sozialgerichts Berlin (Az.: S 4 R 618/21), auf das die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins hinweist.
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Witwenrente: Darum ging es in dem konkreten Fall
In diesem konkreten Fall wurde bei einer Frau im Jahr 2014 zum ersten Mal Brustkrebs diagnostiziert. Im September 2019 beschlossen sie und ihr Lebensgefährte, nach sieben Jahren Beziehung zu heiraten. Sie planten eine große Feier mit Familie und Freunden für Juli 2020. Im Dezember 2019 verschlechterte sich jedoch ihr Gesundheitszustand. Im April 2020 wurde sie ins Krankenhaus eingeliefert. Noch im selben Jahr heiratete das Paar, doch drei Monate später verstarb die Frau.
Die Rentenversicherung lehnte später den Antrag des Mannes auf Witwerrente ab, da sie aufgrund der kurzen Ehedauer von weniger als einem Jahr von einer Versorgungsehe ausging. Der Witwer erhob im Jahr 2021 Klage dagegen.
Heiratspläne gab es schon länger: Witwer erhält Hinterbliebenen bei weniger als einem Jahr Ehe
Das Sozialgericht Berlin entschied zugunsten des Klägers und verpflichtete die Rentenversicherung zur Zahlung der Witwerrente. Es stellte fest, dass die Versorgung des Klägers nicht der hauptsächliche Zweck der Eheschließung war. Die Hochzeitsvorbereitungen, wie die Anmietung eines Raums und der Termin beim Standesamt, zeigten, dass das Paar die Hochzeit bereits vor der Krebsdiagnose im Jahr 2020 geplant hatte.
Der Kläger konnte glaubhaft darlegen, dass die Corona-Pandemie der Hauptgrund für die Eheschließung war. Die Hochzeit ermöglichte es ihm, das strikte Besuchsverbot im Krankenhaus zu umgehen. Dies überzeugte das Gericht, dass die Ehe nicht aus Versorgungsgründen geschlossen wurde. Vielmehr war sie eine Reaktion auf die pandemiebedingten Einschränkungen.