Das Klatschen sollte in der Corona-Krise ÄrztInnen, PolizistInnen und PflegerInnen ein Zeichen der Solidarität senden. Von ApothekerInnen wurde eher selten gesprochen. Dabei sind genau sie es, die mit kränkelnden und besorgten KundInnen in ständigem Kontakt sind, von denen nicht einmal jeder die Maßnahmen einhält. Ein ständiges Risiko für die MitarbeiterInnen, die die Krise hautnah miterleben und unter monatelangem Dauerstress arbeiten.
In unserer Reihe #AlltagsheldInnen wollen wir genau sie zu Wort kommen lassen, um mehr über sie, das vergangene Jahr, ihre Probleme und Wünsche zu erfahren.
Apotheken in der Corona-Krise
Birgit arbeitet seit fast 30 Jahren in verschiedenen Apotheken. Noch nie war die Belastung so hoch wie im vergangenen Jahr. Dabei sind der erhöhte Verkauf, das ständige Verpacken und die endlosen Rezepturen nicht das größte Problem. Auch sonst verlangt die Krise einiges ab. Als Mitarbeiterin einer Apotheke muss sie ihren Kunden nicht nur fachlich zur Seite stehen, sondern auch psychologisch unterstützen, ihnen Ängste und Sorgen nehmen.
Was genau ist dein Job in der Apotheke?
Birgit: Ich arbeite als pharmazeutisch-technische Assistentin in einer öffentlichen Apotheke. Dort bin ich für alle anfallenden apothekentypischen Arbeiten zuständig. Also Beratung, Rezepturarbeiten und Laborarbeiten.
Wie war dein Arbeitsalltag vor und wie ist er seit der Coronakrise? Was hat sich an deinem täglichen Tun geändert?
Birgit: In einer Apotheke ist eigentlich immer sehr viel zu tun, auch ohne Pandemie. Seit Beginn der Krise ist die Arbeitsbelastung jedoch deutlich gestiegen. In der ersten Welle waren viele Kunden sehr verunsichert, dass es zu Lieferengpässen von Medikamenten kommen könnte, daher haben sich viele mit lebenswichtigen Medikamenten eindecken wollen. Alle im Team mussten sehr viel Aufklärungsarbeit leisten. Wir hatten das Gefühl, dass es sehr wichtig war, für unsere Kunden ein verlässlicher Ansprechpartner für ihre Ängste und Nöte zu sein, sodass auch die telefonische Beratung immens zunahm.
Das schwierige bei den Masken war, einen seriösen Anbieter zu finden. Schwarze Schafe gab es genug. – Birgit, ptA
Dazu kam die Herstellung großer Mengen an Desinfektionsmittel und das Thema Impfstoff. Viele ältere Kunden wollten sich gegen Lungenentzündung impfen lassen, aber der Impfstoff stand nicht ausreichend zur Verfügung. Es ging kaum mehr um die üblicherweise verkauften Medikamente gegen Erkältungskrankheiten. Das ist völlig in den Hintergrund getreten. Wahrscheinlich auch durch das Maskentragen.
Was war deine größte Herausforderung während der Krise?
Birgit: Der Telefonterror und ungeduldige Kunden. Und der Ansturm auf Masken für Risikogruppen.
Hast du das Gefühl, vom Staat, von deinem Arbeitgeber und von der Gesellschaft unterstützt und wertgeschätzt zu werden?
Birgit: Von unserer Chefin und untereinander im Team fühlen wir uns sehr wertgeschätzt. Wir wissen, was wir in den letzten Monaten geleistet haben. Von unserer Apothekenlobby bin ich aber sehr enttäuscht. In der Krise hat man wieder sehr deutlich den Unterschied zwischen einer öffentlichen und einer Online-Apotheke gemerkt. Wir waren präsent und die persönliche Beratung war für viele Kunden sehr wichtig. Apotheken gehören sehr eindeutig zum Gesundheitssystem, aber erwähnt werden sie nicht.
Sind die KundInnen umsichtig und halten sich an die Maßnahmen?
Birgit: Inzwischen ja. Sie akzeptieren sehr wohl die Einlassbeschränkung und ziehen auch alle ihre Maske auf. Aber auch da musste sehr viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Tragen mehr Leute eine Maske oder weniger? Wie hat sich das Maske Tragen im Laufe der Zeit entwickelt?
Birgit: Eindeutig mehr! Und auch eindeutig sicherere Masken, also zum Beispiel FFP2-Masken. Nur noch selten trifft man Kunden, denen es zu viel ist, ihre Nase zu bedecken.
Der Staat hat vor Kurzem kostenlose Masken für Risikogruppen zur Verfügung gestellt, die über Apotheken verteilt wurden. Wie hat das ihrer Meinung nach geklappt? Gab es Probleme?
Birgit: Gut geklappt hat, dass sie in den Apotheken überhaupt ankamen. Nicht so gut war, dass die Organisation sehr kurzfristig war, da die Masken ja nicht abgabefertig geliefert worden sind, wir haben also alle umpacken und mit einem Begleitzettel versehen müssen.
–
Zeitlich kamen wir kaum nach. Viele Kunden mussten wir bitten zu einem späteren Zeitpunkt zu kommen.
Manche Kunden waren verärgert und wurden unverschämt. Manche Kunden kamen aus ganz anderen Stadtteilen, vielleicht haben sie sich großräumig eingedeckt. Besser sind die Gutscheine von der Krankenkasse, die man nur einmal einlösen kann. So, wie ab 11. Januar geplant.
Glaubst du, wir wären für eine neue Pandemie vorbereitet mit dem Wissen, das wir von Corona mitgenommen haben? Und wenn nicht: Was muss sich ändern?
Birgit: Wir haben gelernt, sehr diszipliniert auf die AHA-Regeln zu achten. Wir sollten aber für die Zukunft noch mehr Respekt voreinander haben und mehr auf das „wir“ Wert legen, als auf das „ich“.
Noch mehr #CoronaAltagsheldInnen?
Ein Polizist erklärt uns, was ihn am Begriff „Alltagsheld“ stört und wie Corona seine Arbeit verändert hat.
Die Umsatzeinbußen der Gastronomie war enorm. Wie sehr diese Menschen unter den Lockdowns leiden, hat uns eine Gastronomin aus Nordrheinwestfalen erzählt.
Friseurmeister Michi weiß, wie es FriseurInnen in der Coronakrise ergeht und was er sich für die Zukunft wünscht.