Der US-Wahlkampf steht vor der Tür. Für die Amerikaner stellt sich nur noch eine Frage: Biden oder Trump? Obwohl es Pest oder Cholera für viele schon eher trifft.
Wenn man die Wahl zwischen einem stotternden 77-Jährigen und einen cholerischen 74-Jährigen mit ungesunder Hautfarbe hat, dann stellen sich zuerst die Fragen, welche der beiden Corona-Risikopersonen die nächsten Monate besser übersteht und ob sich der Gang zur Urne überhaupt lohnt.
Der Wahlkampf müsste schon längst entschieden sein
Dabei sollte die Sache für Biden ganz geschmiert laufen. Wenn man gegen einen Rassisten, Sexisten, Lügner und Korrupten antritt, hat man’s leicht – könnte man zumindest denken. Leider wird eine Wahl nicht durch Inhalte interessant, sondern durch fliegende Fetzen, die Wahlprogramme ganz nebenbei überflüssig machen.
Die Marke Trump ist das Programm und der Experte auf dem Schlachtfeld hat längst erkannt: Je übler die Sprüche, desto größer die Aufmerksamkeit.
Weshalb trotzdem die Frage geklärt werden sollte, wofür die beiden alten weißen Männer eigentlich stehen? Was sind ihre Ziele, was wollen sie umsetzen und wie stehen sie zu den entscheidenen Wahlkampfthemen genau?
1. Gesundheitspolitik
Hauptstreitpunkt ist die von Barack Obama eingeführte Krankenversicherung, auch Obamacare genannt. Geregelt sind dort bezahlbare medizinische Behandlungen, Subventionen und eine Verpflichtung für Arbeitgeber mit mehr als 50 Vollzeitbeschäftigten, ihren Arbeitnehmern eine Versicherung anzubieten. Allerdings haben vor allem die untersten Schichten bisher kaum profitiert.
Trump
Zu einem gewinnorientierten Gesundheitswesen und einem Wettbewerb auf dem Versicherungsmarkt passt Obamacare so gar nicht. Trump will Obamas Regelungen also unbedingt abschaffen, gerne auch vor Gericht. Corona ist ihm dabei ordentlich auf die Füße gefallen. Millionen Arbeiter haben während der Krise nicht nur ihren Job, sondern auch ihre Krankenversicherung verloren.
Biden
Immerhin scheint sich Biden für solche Dinge zu interessieren. Er will von Obamacare retten, was zu retten ist und der privaten Krankenversicherung eine staatliche Alternative zur Seite stellen. Zu weit wird er mit den Forderungen vieler Demokraten allerdings nicht gehen. Eine staatliche Krankenversicherung riecht für viele Amerikaner zu sehr nach Kommunismus.
2. Gleichstellung
Wer im Gesundheitssystem für Trump definitiv keinen Platz hat, sind Transsexuelle. Wenn es nach ihm geht, können Ärzte und Versicherer Trans-Personen die Versorgung verweigern. Biden will laut eigener Aussage Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung mit einem Gleichstellungsgesetz verbieten.
Weitaus mehr polarisiert hat die „Black Lives Matter“-Bewegung. Nach dem Fall „George Floyd“ unterschrieb der amtierende Präsident ein Dekret, das den Einsatz eines Würgegriffes einschränken und Daten über negativ aufgefallene Polizisten besser zugänglich machen soll.
Trump
Allerdings eher aus politischem Druck, weniger aus Überzeugung. Immerhin demontierte Trump Stück für Stück Obama-Regelungen, die die Militarisierung der Polizei abschaffen sollten. Diese Entwicklungen würden unter ihm höchstwahrscheinlich weitergehen.
Biden
Biden war bei der afro-amerikanischen Bevölkerung beliebt, bezeichnete Rassismus als „Ursünde“ Amerikas. Sein „You ain’t black“-Aussetzer hat dem einen kleinen Dämpfer verpasst. Was den Einsatz für mehr Weltoffenheit und gegen Diskriminierung angeht, wäre er dennoch für die Zukunft die bessere Wahl.
3. Migrationspolitik
“Build that wall!” ließ Trump seine Anhänger im Chor grölen. Weil ihm das nicht unsympathisch genug war, bezeichnete er die Herkunftsländer der Migranten als “shithole countries” und startete nach einer langen Schlammschlacht den Mauerbau.
Trump
Deutlicher kann man sich nicht positionieren. Das Problem: Das, was dort an der Grenze zu Mexiko steht, ist eher die amerikanische Variante des BER als eine furchteinflößende Grenze. Mit auf der Agenda steht auch die Abschaffung des Dreamer-Programms. Kinder illegal eingewanderter Eltern dürfen jedoch erst einmal bleiben. Ein Gericht hat den Abschiebeschutz bestätigt.
Biden
Biden gibt sich tolerant. Abschiebungen kommen mit ihm als Präsident nicht in die Tüte – sagt er zumindest. Immerhin stand er unter Barack Obama wegen Massenabschiebungen illegal eingewanderter Menschen in der Kritik. Der Pest oder Cholera-Vergleich hat zumindest hier etwas Berechtigung.
4. Umgang mit dem Coronavirus
Um zu funktionieren braucht Donald Trump ein Feindbild. Im Falle von Corona ist das China. Mit dem möglichen Ursprungsland brach er die Gespräche ab und versprach eine Billion Dollar zur Virus-Bekämpfung. Nebenbei spielte er die Pandemie konstant herunter. Ins Straucheln brachte ihn kürzlich der Journalist Bob Woodward.
Trump
Aus einem Interview mit dem Präsidenten und Maskenverweigerer geht hervor, dass Trump bereits seit Februar über die Gefahren des Coronavirus unterrichtet wurde. Ritterlich hatte er Panik vermeiden wollen und die Gefahr deshalb heruntergespielt.
Zumindest bei den zwei Millionen Infizierten und fast 200.000 Corona-Toten wird das alles andere als edel wirken. Mit Daumen drücken bekämpft sich also keine Virus-Pandemie.
Biden
Biden warf Donald Trump daraufhin auf Twitter vor, „Verrat am amerikanischen Volk auf Leben und Tod“ begangen zu haben. Seine Strategie für das Virus: Veränderte Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen und ein Lohnzuschlag für Arbeiter, die den Gefahren durch Covid-19 ausgesetzt sind. Er verhält sich weitestgehend vorbildlich, verließ selten sein Grundstück und trägt fast immer eine Maske.
5. Klimapolitik
Biden will die USA bis 2050 klimaneutral machen. Trump glaubt erst gar nicht an die Wissenschaft und schon gar nicht an den Klimawandel. Menschengemachte Erderwärmung? Was sollen über 36 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid schon in der Atmosphäre anrichten? Dementsprechend unnötig sind Umweltregulierungen und Klimaabkommen.
Es wird kühler werden, Sie werden sehen. – Donald Trump
Dieser Satz gehört übrigens zu den dümmesten Sätzen, die Trump jemals gesagt hat.
Trotzdem: Die USA hat ihren Emissionsausstoß im letzten Jahr gedrückt. Naturgas boomt, Kohlekraftwerke gehen vom Netz. Auf Kohle-Fan Trump lässt sich das nicht direkt zurückführen. Das Glück ist manchmal mit den Dummen.
6. Beziehungen zu Deutschland & Europa
Laut Trump werden die NATO-Gelder ungerecht verteilt. Deutschland schulde den USA eine Billion Dollar. Zumindest der erste Punkt ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Mit der „America first“-Politik kommen Truppenabzüge aus Deutschland und Strafzölle auf europäische Produkte.
Jean-Claude Juncker hat angesichts Letzterer unglaubliches geleistet. Ein weiterer Streitpunkt: Die Ostsee-Pipeline Nord-Stream 2. Dass Trump in Zukunft diskussionsbereit bleibt, darf bezweifelt werden. Die Hahnenkämpfe werden sich eher weiter zuspitzen.
Unter Biden wäre die USA wohl wieder ein fester Bestandteil der NATO. Anders sieht es bei der Ostsee-Pipeline aus. Die Gasleitung von Russland nach Deutschland wird er missbilligen.
Fazit: Wie Tag & Nacht
Persönlichkeit, Auftreten und Ansichten von Trump und Biden sind so grundsätzlich verschieden, dass es keine Wahl zwischen Pest und Cholera wird, eher eine zwischen Tag und Nacht. Sie wird auch uns betreffen und mehr über USA die aussagen, als den US-Amerikanern lieb sein wird.
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